Regierungsflüge: Wie machen's die Anderen?
Aktuelle Stunde. 15.08.2023. 35:55 Min.. UT. Verfügbar bis 15.08.2025. WDR.
Baerbock-Panne: Warum der Linienflug für die Pazifik-Reise keine Option war
Stand: 15.08.2023, 16:13 Uhr
Annalena Baerbock wollte ihre Indopazifik-Reise unbedingt mit einem Linienflug fortsetzen. Doch das funktionierte nicht. Die Hindernisse bei einer Interkontinentalreise waren zu hoch.
Regierungsmitglieder reisen viel - völlig klar. Für die Flüge verfügt das Kabinett über Maschinen der Flugbereitschaft. Sie transportiert die wichtigsten Politiker des Landes. Mit dabei sind oft auch größere Delegationen mit Mitarbeitern, Beratern, Unternehmensvorständen und auch Journalisten.
Baerbock hatte in Australien viel vor
Für ihre Reise nach Australien hatte sich Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) viel vorgenommen. Indigene Kunstgüter sollten zurückgegeben werden. Sie wollte eine außenpolitische Grundsatzrede zur Werteordnung im indopazifischen Raum halten und das Halbfinale der Frauen-Fußball-WM besuchen. Alles Termine, die die Präsenz von Baerbock voraussetzen.
Dass ihre australische Amtskollegin Penny Wong trotz eines Parteitages alle Termine so legte, dass sie genug Zeit für Baerbock hatte, erhöhte den Druck, die Reise unbedingt durchzuführen. Nun aber strandete die Außenministerin mit dem gesamten Tross auf ihrem Weg nach Australien wegen eines defekten Fliegers in Abu Dhabi. Es ist nicht der erste Streich, den die Flotte der Luftwaffe unseren Politikern spielt.
Baerbock wollte die Reise unbedingt fortsetzen und mit einem Linienflug weiterreisen, musste aber einsehen, dass die Logistik nicht zu stemmen ist. "Wir haben alles versucht: leider ist es logistisch nicht möglich, meine Indo-Pazifik-Reise ohne den defekten Flieger fortzusetzen. Das ist mehr als ärgerlich", schrieb die Grünen-Politikerin auf X (vormals Twitter).
Wie wäre die Delegation von den Fidschi-Inseln wieder weggekommen?
Australien, Neuseeland und Fidschi standen auf Baerbocks Programm. Bis Australien wäre die Verbindung mit einem Linienflugzeug wohl machbar gewesen. Doch die internationalen Flugverbindungen von den Fidschi-Inseln zurück nach Europa sind rar gesät und der Terminkalender der Außenministerin sehr voll. Auch der mitreisende Journalistentross hätte große Probleme gehabt, von der Südseeinsel zeitig wieder wegzukommen.
Stundenlang hatte die Protokoll-Abteilung des Auswärtigen Amts zuvor versucht, die Reise doch noch zu retten. Anschlussmöglichkeiten wurden gesucht, erwogen, gefunden und wieder verworfen. Mehr als 50 Mitglieder zählte die Delegation. Da war es extrem schwierig, für alle gleichzeitig Plätze in kommerziellen Flügen zu bekommen.
In Europa ist Linie schon eine Option - interkontinental eher nicht
Eine Linienverbindung in Europa ist sehr viel einfacher zu finden als bei Interkontinentalflügen. Denn nicht nur sind die Verbindungen in Europa viel besser, es fehlt beim Linienflug auf einer so langen Strecke für hochrangige Politikerinnen wie Außenministerin Baerbock schlichtweg an Sicherheit und Diskretion. Außerdem hätten einzelne Programmpunkte auf der Reise nicht mehr stattfinden können.
Als sie ihr Amt antrat, hatte Baerbock angekündigt, aus Klimaschutzgründen häufiger auf normale Linienflüge umzusteigen. Tatsächlich wird es häufig aber praktische Gründe haben, die Regierungsflieger zu nutzen: Sie heben ab, wann immer es in den engen Terminplan der Politiker passt. Dauert ein Auslandstermin länger, wartet der Flieger und muss nicht umständlich umgebucht werden.
Annalena Baerbock steigt aus der Regierungsmaschine
Außerdem sind oft Gabelflüge mit mehreren Stopps in unterschiedlichen Ländern vorgesehen. Vor allem Außen-, Entwicklungs- und Verteidigungsminister fliegen auch Orte an, zu denen es aus Europa keine Linien-Verbindung gibt, etwa in Krisengebiete in Afrika. Es gibt also viele gute Gründe, nicht mit Linie zu fliegen.
Innerhalb Europas nutzte Baerbock hin und wieder einen Linienflug. So flog sie im Januar 2022 nach Madrid. "Dahinter steht die bewusste Entscheidung, die Möglichkeit zu prüfen, Linienflüge zu nutzen, wo immer es aus terminlichen und logistischen Erwägungen machbar ist, um damit den CO2-Ausstoß auf solchen Auslandsreisen möglichst gering zu halten", sagte damals ein Sprecher des Auswärtigen Amtes zu der Spanien-Reise.
"Manchmal ist es wirklich verflixt"
Allerdings nutzte Baerbock laut einer Mitteilung des Auswärtigen Amtes auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten Victor Perli bis Ende Februar 2023 nur bei zwei von 67 Dienstreisen einen Linienflug.
Bei einer Reise ans andere Ende der Welt hilft eine Linienverbindung offensichtlich nicht. "Manchmal ist es wirklich verflixt", entfuhr es Baerbock. Weil der Regierungsflieger weiterhin defekt ist, nutzte sie schließlich eine Linienmaschine für den Heimflug nach Berlin.
Mit Material der Agenturen dpa, AFP und des Auswärtigen Amtes