sozialer WoBau Köln-Meschenich: graue Hochhäuser mit Balkonen.

Wie NRW Wohnungen in Sozialwohnungen verwandelt

Stand: 18.04.2023, 15:43 Uhr

Es steht viel Geld bereit. Und trotzdem will kaum ein Wohnungsunternehmen neue Sozialwohnungen bauen. Um die Wohnungsnot zu lindern, kauft das Land nun das Recht, Wohnungen günstiger zu vermieten.

Von Michael HoverathMichael Hoverath

In Bochum sieht der Wohnungsmarkt nicht besser aus als in den meisten Großstädten des Landes. Bezahlbare Wohnungen fehlen, neue werden kaum gebaut. Und doch hat sich die Zahl der Sozialwohnungen dort über Nacht um knapp 500 oder fast 4 Prozent erhöht. Was ist passiert?

Bochum ist Vorreiter

Ein neues Förderinstrument der Landesregierung macht die wundersame Vermehrung von Sozialwohnungen möglich. Geld gibt es nun nicht mehr nur für den Neubau von Sozialwohnungen, sondern auch dafür, dass Wohnungen, die eigentlich am freien Markt teuer zu vermieten wären, weiterhin der Sozialbindung unterliegen. Das heißt, das Land kauft quasi die Verlängerung der Sozialbindung oder eine neue Sozialbindung für Wohnungen, die noch nie Sozialwohnungen waren.

Ina Scharrenbach, CDU, NRW

Ina Scharrenbach (CDU), Bauministerin in NRW

Als erste Wohnungsgesellschaft in NRW nutzte die Bochumer VBW Bauen und Wohnen GmbH diese Möglichkeit. Sie verpflichtet sich, 474 Wohnungen weiterhin an Mieter mit Wohnberechtigungsschein zu vergeben. Das Land gewährt dafür eine Förderung von 18 Millionen Euro oder umgerechnet 17.000 Euro pro Wohnung. In diesem Fall bleiben die Wohnungen 10 Jahre länger in der Sozialbindung und die Bewohner müssen keine übermäßigen Mieterhöhungen befürchten.

Neubau liegt am Boden

„Das neue Instrument ist gerade jetzt wichtig, denn der Neubau liegt am Boden,“ sagt dazu Bauministerin Scharrenbach (CDU). Hohe Zinsen, drastisch gestiegene Baukosten und kaum freie Grundstücke führten dazu, dass die vorhandenen Fördermittel kaum abgerufen würden. Im gesamten letzten Jahr seien in NRW nur knapp 4.000 neue geförderte Wohnungen entstanden.

Der Verband der Wohnungswirtschaft begrüßt die neue Förderrichtlinie und geht davon aus, dass sie von den Mitgliedsunternehmen künftig zunehmend genutzt wird. Möglich ist das in 67 Kommunen im Land, in denen der Wohnungsmarkt besonders angespannt ist - im Ballungsgebiet Rhein-Ruhr und auch in großen Unistädten wie Münster, Bielefeld oder Aachen. „In Rheinland-Pfalz gibt es die Möglichkeit bereits seit 2017. Dort stößt es auf großes Interesse,“ sagt Verbandsdirektor Alexander Rychter. 

Mieterbund ist skeptisch

Nicht ganz so euphorisch wertet der nordrhein-westfälische Mieterbund die neue Förderung und spricht eher von einem Notfallplan. „Die Bauministerin merkt, dass ihre bisherigen Fördertöpfe offenbar nicht funktionieren und probiert mal wieder was Neues,“ sagt Vorsitzender Hans-Jochem Witzke. Keine einzige neue Wohnung werde so geschaffen.

Das räumt die Bauministerin ein. Dennoch hält sie das Förderprojekt für einen wichtigen Baustein, der in besonders teuren Städten helfen könne, das Wohnen zumindest für einige billiger zu machen. Dass damit die Wohnungsnot im Land nicht beseitigt wird, da ist sich die Ministerin mit dem Mieterbund und der Wohnungswirtschaft einig.

Über das Thema berichtet der WDR am 23.04.23 in Westpol, 19.30 Uhr im WDR Fernsehen