Hände eines Gerichtsvollziehers, der einen Auktionshammer betätigt.

Härtere Strafen für Kinder: Diskussion um Strafmündigkeit

Stand: 08.04.2024, 19:55 Uhr

Der Innenminister von NRW hält eine Herabsetzung der Strafmündigkeit von Kindern für denkbar. Die Zahl der tatverdächtigen Kinder ist seit 2019 enorm gestiegen.

Von Fritz Sprengart

Herbert Reul tritt vor die Kameras, um eine Debatte über die Strafmündigkeit von Kindern unter 14 anzustoßen. Und er tut das mit drastischen Worten. "Wenn immer mehr Kinder und Jugendliche Bomben bauen oder jemandem ein Messer in den Bauch stoßen", so Reul, "dann kann man nicht sagen: Der hat gar keine Verantwortung dafür."

Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Herbert Reul (CDU), in der Landespressekonferenz NRW

Herbert Reul, NRW-Innenminister (CDU)

Nach neuen Zahlen des Bundeskriminalamtes ist die Zahl der tatverdächtigen Kinder im Vergleich zu 2019 um 43 Prozent gestiegen. Das macht es für Reul einfach, mehr Härte zu fordern. Der Innenminister verweist darauf, dass in anderen Ländern schon 12-Jährige strafmündig seien. Nur um gleich hinterher zu schicken, dass das alles für ihn noch eine "offene Frage" sei.

Gegenwind von den Grünen

Doch auch wenn Herbert Reul sich mit expliziten Forderungen noch zurückhält, reicht es um seinen Koalitionspartner zu alarmieren. "Das Wegsperren von Kindern ist ganz sicher keine Lösung", sagt Julia Höller, stellvertretende Vorsitzende der grünen Landtagsfraktion. Stattdessen müssten jetzt Präventionsmaßnahmen ausgebaut werden. "Wir müssen uns anschauen, woher der Anstieg der Straftaten kommt. Was ist passiert mit den Kindern?"

Mehr nicht-deutsche Kinder unter den Tatverdächtigen

Laut Zahlen des Bundeskriminalamtes gab es zuletzt vor allem einen Anstieg bei nicht-deutschen tatverdächtigen Kindern. "Gerade hier sind härtere Strafen aber der falsche Weg", sagt Souad Lamroubal. "Wenn Eltern überfordert sind, dann überträgt sich das auf die Kinder", erklärt die Migrationsexpertin. "Gerade bei Eltern mit Fluchtgeschichte gibt es eine enorme Überforderung", so Lamroubal. "Das führt dann zur Vernachlässigung der Kinder, was wiederum zum Anstieg von Kriminalität führt." Familien mit Migrationshintergrund brauchen laut der Migrationsexpertin vor allem eins: Hilfe.

Keine Bundesratsinitiative aus NRW

Dass die Herabsetzung der Strafmündigkeit nicht im Alleingang alle Probleme löst, ist auch Reul klar, sagt er. Beschlossen werden müsste sie ohnehin in Berlin. Auf die Frage, ob er denn eine Bundesratsinitiative anstrebt, um die Herabsetzung anzuschieben, hat er heute mit "nein" geantwortet. Der NRW-Innenminister will erst einmal nur eine Debatte anstoßen. Trotz des Gegenwinds aus der eigenen Koalition.

Unsere Quellen:

  • Bundeskriminalamt
  • Interview mit Innenminister Herbert Reul (CDU)
  • Interview mit Julia Höller (Grüne)
  • Souad Lamroubal (Migrationsexpertin)

Über dieses Thema berichtet der WDR auch in der TV-Sendung Aktuelle Stunde und im Westblick auf WDR5.