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Ruhr-Konferenz: Hält Regierung kritischen Bericht unter Verschluss?

Stand: 01.03.2024, 16:30 Uhr

Seit sechs Jahren gibt es die Ruhr-Konferenz, eine Idee der Regierung Laschet. Zeit, das Vorhaben einmal auf den Prüfstand zu stellen. Einen Bericht gibt es auch. Der ist aber nicht öffentlich.

Von Klaus Scheffer

Mittwoch, 28. Februar. Fragestunde im Landtag. Die SPD-Opposition möchte wissen, wie der Stand bei der Ruhr-Konferenz ist. Gibt es einen Evaluationsbericht? Das möchte die Abgeordnete Lisa Kapteinat wissen. Für die Landesregierung antwortet Heimatministerin Ina Scharrenbach. Sie ist zuständig für die Ruhr-Konferenz. "Nach unserem Verständnis finden Sie das im Fortschrittsbericht", ist die knappe Antwort der Ministerin.

Evaluationsbericht liegt vor

Ina Scharrenbach, CDU, NRW

Ina Scharrenbach (CDU)

Fortschrittsberichte gibt es tatsächlich alle zwei Jahre, der letzte ist im vergangenen Sommer veröffentlicht worden. In bunten Farben werden die einzelnen Projekte der Ruhr-Konferenz präsentiert, 73 insgesamt. Eine auch kritische Evaluation der bisherigen Arbeit in der Ruhr-Konferenz findet sich in dem Fortschrittsbericht aber nicht.

Die gibt es aber an anderer Stelle. Schon im März vergangenen Jahres ist nämlich ein Bericht mit dem Titel "Vernetzung & Kooperation im Ruhrgebiet - Was hat die Ruhr-Konferenz gebracht" erschienen. Untertitel: "Ergebnisse der Zwischenevaluation der Ruhr-Konferenz". Der Bericht liegt dem WDR vor.

Kritische Bestandsaufnahme

In dem Bericht gibt es durchaus kritische Bemerkungen zum bisherigen Verlauf der Ruhr-Konferenz. Verfasst haben ihn Autorinnen und Autoren des Instituts Arbeit und Technik der Westfälischen Hochschule. Für ihre Arbeit haben sie Dokumente ausgewertet und Interviews geführt - auch mit Mitarbeitern der beteiligten NRW-Ministerien.

Umso verwunderlicher, wenn das zuständige Ministerium den Bericht auf die Abgeordnetenfrage nicht benennt. Auch im Internet ist er nicht veröffentlicht. Auf der Homepage des Instituts findet man lediglich einen kurzen Hinweis; der Bericht selbst lässt sich aber nicht abrufen.

Leitbild fehlt

Tatsächlich übt der Evaluationsbericht eine Hauptkritik am bisherigen Verlauf der Ruhr-Konferenz: Es fehle ein übergeordneter Rahmen, ein Leitbild. Wörtlich heißt es auf Seite 18: "Die mangelnde Zielorientierung und Transparenz sowie der fehlende übergeordnete Rahmen (Leitbild und Leitlinien) führten ferner in Teilen dazu, dass sowohl von Seiten einiger Fachressorts als auch einiger Projektverantwortlicher die Identifikation mit der Ruhr-Konferenz bzw. die Wahrnehmung, Teil der Ruhr-Konferenz zu sein, kaum noch vorhanden war."

In den Handlungsempfehlungen am Schluss der Arbeit wird deshalb auch dringend empfohlen, einen solchen "übergeordneten Rahmen zu etablieren". Hierzu bedürfe es einer "strategischen Öffentlichkeitsarbeit".

Staatssekretär ist verantwortlich

Verantwortlich für die Umsetzung solcher Empfehlungen ist der parlamentarische Staatssekretär im Heimatministerium, Josef Hovenjürgen. Er ist einer der engsten Mitarbeiter von Ministerin Scharrenbach. Seit 2022 ist Hovenjürgen für die Ruhr-Konferenz zuständig. Was bei der oppositionellen SPD für Verwunderung sorgt: Hovenjürgen soll seine Ministerin vor Ort nicht darüber informiert haben, dass es den Evaluationsbericht doch gebe.

SPD-Opposition hat viele Fragen

Für die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Lisa Kapteinat, stellen sich jetzt Fragen: Entweder wisse Scharrenbach nicht, was in ihrem Ministerium los sei, oder sie habe wissentlich den Landtag falsch informiert. Die Ministerin werde jetzt viele Fragen beantworten müssen. Der Bochumer SPD-Abgeordnete Bastian Hartmann kritisiert, dass Scharrenbach stets Wert darauf lege, über alles Bescheid zu wissen. "Beim Ruhrgebiet und der Ruhr-Konferenz ist das offensichtlich nicht der Fall", sagt Hartmann.

Staatssekretär hat Auftrag erteilt

Das Ministerium räumte inzwischen ein, den Zwischenbericht selbst in Auftrag gegeben zu haben. Staatssekretär Hovenjürgen habe das veranlasst, die Kosten lägen bei 17.731 Euro. Er habe sein Amt als Verantwortlicher für die Ruhr-Konferenz erst im Sommer 2022 angetreten; der Auftrag habe ihm in der Einarbeitungszeit dazu gedient herauszufinden, ob es der Ruhr-Konferenz "gelungen ist, den Vernetzungs- und Kooperationsgedanken in der Region weiter auszubauen und zu festigen". Der Bericht sei eine reine Arbeitsgrundlage und deshalb nicht veröffentlicht worden.

Auch Ministerin Scharrenbach habe der Bericht nicht vorgelegen, heißt es beim Ministerium. Erst nach der Anfrage des WDR habe Staatssekretär Hovenjürgen seiner Chefin die Zwischenevaluation vorgelegt.

Ruhr-Konferenz war Idee von Laschet

Die Ruhr-Konferenz wurde 2018 vom damaligen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) ins Leben gerufen. Die Idee: Alle Akteure an einen Tisch bringen, um so Impulse für die Entwicklung des Ruhrgebiets in den nächsten 20 Jahren zu setzen. Vorbild war eine ähnliche Aktion des früheren Bundeskanzlers Helmut Kohl Ende der 1980er Jahre, die sogenannte Montan-Konferenz.

Über dieses Thema berichtet der WDR auch im Hörfunk: Am 01. März im WDR5 Westblick ab 17:05 Uhr.

Kritik an der Ruhrkonferenz

WDR 5 Westblick - aktuell 01.03.2024 06:14 Min. Verfügbar bis 01.03.2025 WDR 5


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