NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) im Landtag

Keine Lösung im Kampf gegen Rechtsextremismus

Stand: 27.03.2025, 13:03 Uhr

Was hilft gegen den Anstieg rechtsradikal motivierter Straftaten in NRW? Darüber debattierte der Landtag, fand aber keine Antwort.

Von Rainer StriewskiRainer Striewski

Im letzten Jahr ist die Zahl rechtsradikal motivierter Straftaten in NRW um fast 60 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Das geht aus dem Lagebild Rechtsextremismus hervor, das Innenminister Herbert Reul (CDU) letzte Woche vorgestellt hat.

Die hohen Zahlen haben auch den Düsseldorfer Landtag alarmiert. In einer Aktuellen Stunde haben die Abgeordneten darüber debattiert, wie ein jugendorientierter, strategisch modernisierter und digital verbreiteter Rechtsextremismus wirksam bekämpft werden kann. Antworten fanden sie jedoch kaum.

Soziale Medien als Problem

Verena Schäffer (Grüne) fühlte sich angesichts der aktuell hohen Zahlen an die "Baseballschlägerjahre" der 1990er Jahre zurückerinnert. "Sind wir da heute eigentlich wieder?" fragte sie - und forderte etwa eine Stärkung von Beratungsstellen, politischer Bildung und Prävention. "Wir können diese Entwicklung aufhalten, davon bin ich überzeugt. Aber wir müssen dafür etwas tun", so Schäffer.

Gerade die Bevorzugung des Hasses durch die Algorithmen in den sozialen Medien stelle die Gesellschaft vor große Herausforderungen. Hier müssten demokratische Akteure deshalb mehr Präsenz zeigen: "Wir Demokratinnen und Demokraten müssen dort sein, wo die Menschen sind, wo sie Zeit verbringen und das ist nun mal auch das Internet."

Lürbke: "Junge Menschen erreichen wir nicht"

Und genau hier liege die Ironie der Debatte, fand Marc Lürbke (FDP): "Die jungen Menschen, um die es geht, die jetzt auf TikTok, auf Instagram oder Telegram durch den Algorithmus gesogen werden, die erreichen wir doch mit dieser Aktuellen Stunde überhaupt nicht."

Der digitale Raum drohe zu einer Vorfeldorganisation der Demokratiefeinde zu werden, warnte er. "Und was setzen wir dem entgegen? Da sind wir mal ehrlich: oftmals Social-Media-Kampagnen im Beamtenjargon, Polizeistellen, die personell vielfach auf dem Zahnfleisch gehen, befristete Modellprojekte, die enden, bevor sie vielleicht wirken können", so Lürbke. Er forderte deshalb eine deutlich bessere Ausstattung von Polizei, Staatsanwaltschaften und IT-Experten. Sein Appell: "Wir brauchen wirklich einen Plan, der den Namen verdient."

Kulturministerin: "Kampf analog nicht zu gewinnen"

Auch Kulturministerin Ina Brandes (CDU) machte deutlich: Der Kampf gegen den Rechtsextremismus werde im Internet gewonnen oder verloren. Brandes sprach dabei von einer "kollektiven Frustration" darüber, dass die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichen würden. Möglicherweise sei bei den vielen Programmen in der Vergangenheit auf zu viel vom selben gesetzt worden.

"Ich bin überzeugt davon, dass der Kampf gegen den Rechtsextremismus analog nicht zu gewinnen ist." Ina Brandes (CDU)

Reul appelliert an Gesellschaft

Rechtsextremismus werde immer lauter, jünger und digitaler, betonte auch Innenminister Herbert Reul (CDU) im Landtag. Die staatlichen Institutionen könnten da allein nicht gegenhalten. "Wenn in der Gesellschaft nicht viele Leute aufstehen, den Mund aufmachen, widersprechen, aufklären, dann klappt das nicht."

Dabei hinterfragte er auch die Wirksamkeit der zahlreichen staatlichen Präventionsprogramme gegen Rechtsextremismus: "Wenn das immer mehr wird, wenn die Mitte immer schwächer wird, wenn die Rände immer stärker werden, scheinen die Maßnahmen ja irgendwie zwar vielfältig zu sein, mit viel Material, mit viel Geld, mit viel Personal, mit viel engagierten Menschen. Aber sie scheinen nicht die Wirkung zu haben, die wir leisten wollen."

Anstieg der Straftaten in vielen Städten

In vielen Städten NRWs ist die Zahl politisch rechts motivierter Straftaten im letzten Jahr deutlich angestiegen. In Köln war der Anstieg von 154 auf 369 Taten besonders hoch. Das geht aus Zahlen hervor, die die Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen beim NRW-Innenministerium abgefragt hat. Weitere Städte mit einer hohen Zahl an Straftaten waren demnach Dortmund (295), Düsseldorf (252), Essen (238) oder auch Bochum (162).

Über dieses Thema berichten wir am Donnerstag (27.03.) unter anderem im Hörfunk in der WDR 5-Sendung Westblick ab 17:04 Uhr.

Quellen:

  • Aktuelle Stunde im Düsseldorfer Landtag
  • Lagebild Rechtsextremismus 2024
  • Innenministerium NRW