"Weder Adenauer noch Kohl oder Merkel hätten dem zugestimmt", sagt SPD Fraktionschef Jochen Ott am Rednerpult des Landtags. Er nutzt vor Beginn des Sitzungstages die Möglichkeit für eine persönliche Erklärung - er hat sie kurz vor der Sitzung angemeldet.
Seltener Landtagsmoment
Solche Momente kommen selten im Alltag des Landtags vor. Es sei ihm "unmöglich, parlamentarische Normalität vorzuspielen, während in Berlin der Konsens der Demokraten zerstört wird". Es sei ein "Glückstag für die Faschisten gewesen", so der SPD-Politiker.
Der erste mit Stimmen der AfD beschlossene Antrag der Bundestags-CDU sieht der SPD-Politiker als historische Zäsur, erwartet auch von Ministerpräsident Hendrik Wüst eine Reaktion. Auch dessen Amtsvorgänger Armin Laschet geht Ott scharf an.
"Amin Laschet? Eine Enttäuschung!"
"Armin Laschet hat hier am Pult im Landtag starke Reden gegen die AfD und für Europa gesprochen. Gestern stimmte er mit den Rechtsextremisten gegen eine demokratische Regierung, gegen die Verfassung und gegen Europa", so Ott. Er nannt den heutigen Bundestagsabgeordneten "eine Enttäuschung".
Die Rede provoziert eine Replik von Ministerpräsident Wüst. Auch er tritt ans Pult und entgegnet Ott, dass er immer für eine "Allianz der Mitte werbe", man habe nach dem Attentat von Solingen eine sachliche Antwort gefunden, gemeinsam mit den Grünen.
Wüst übt keine Kritik - anders als Merkel
"Viele Eltern haben ein flaues Gefühl, wenn sie Kinder in die Kita bringen und wissen, die gehen auch heute in den Stadtpark", spielte Wüst auf die Tat in Aschaffenburg an. Es sei an der Politik, so etwas zu erkennen und Antworten zu finden. "Sachlich, ohne Hetze, aber konsequent", sagte Wüst.
Er vermied jedoch direkte Kritik an dem Vorgehen von Friedrich Merz im Bundestag. Er äußerte sich nicht wie Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Sie bezeichnete es als "falsch" was Merz initiiert habe. Er sei "sehenden Auges" in eine Abstimmung gegangen, die erstmals eine Zustimmung der AfD zur Mehrheit ermöglichte.
Auch der Grüne Koalitionspartner der CDU in NRW übte scharfe Kritik an dem Vorgehen. "Das ist nicht die CDU, die wir kennen und mit der wir hier zusammenarbeiten", schrieben die beiden Landesvorsitzenden Yazgülü Zeybek und Tim Achtermeyer in einem Statement. "Wo Konservative sich den Rechtsextremen annähern, haben am Ende immer die Rechtsextremen gewonnen", heißt es weiter.
Flugblätter gegen Merz
Sarah Phillpp und Fabian Zachel verteilen SPD Flugblätter
Bereits um acht Uhr morgens war die NRW-SPD in der Düsseldorfer Innenstadt unterwegs. Die Chefin der NRW-SPD Sarah Philipp verteilte zusammen mit weiteren SPD-Mitgliedern Flugblätter. Die Botschaft darauf: "Mitte statt Merz". Eine "Regierung der Mitte" sei nur "unter der Führung von Olaf Scholz und der SPD möglich".
Einige Passanten rauschten im Alltagsstress vorbei, andere nahmen sich Zeit für ein kurzes Gespräch oder lasen die Flyer im Gehen. Die Parteichefin sprach im WDR von einem "großen Fehler" den Friedrich Merz begangen habe. "Seit gestern ist klar: Wer ganz sicher haben will, dass es keine Zusammenarbeit mit Rechtsextremen im Parlament gibt, der muss SPD wählen", so Philipp.
Unsere Quellen
- Landtagsdebatte mit Aussagen von Hendrik Wüst und Jochen Ott
- Schriftliche Stellungnahme von Angela Merkel
- Schriftliche Stellungnahme der Grünen NRW
- Interview NRW-SPD in Düsseldorf
Über das Thema berichten wir auch im WDR Hörfunk: In den stündlichen Nachrichten WDR aktuell und auf WDR 5.