NRW bleibt Stau-Land Nummer Eins

WDR aktuell 06.02.2024 03:11 Min. Verfügbar bis 06.02.2026 WDR Von Isabelle Engler

Politik gibt zu: NRW ist Stauland Nr. 1 - und wird es wohl noch lange bleiben

Stand: 06.02.2024, 20:45 Uhr

NRW ist Stauland Nr. 1 in Deutschland. Und obwohl die CDU einst angetreten ist, das Problem zu lösen, wird sich daran wohl so schnell nichts ändern. Das weiß auch der grüne Verkehrsminister.

Von Rainer StriewskiRainer Striewski

Wirtschaft, innere Sicherheit, Schule und natürlich der Verkehr: "Das sind die vier Hauptthemen, wo die meisten Leute sich eine andere Politik, eine bessere Leistung ihrer Regierung wünschen." Das betonte der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion bereits 2016. Sein Name: Hendrik Wüst.

CDU Wahlplakat im Landtagswahlkampf 2017 mit Aufschrift: "Wozu noch Frühstück? Ich beiß bei jedem Stau ins Lenkrad."

CDU-Wahlplakat 2017

Ein Jahr später zog die CDU mit Slogans wie "Mehr Bewegung. Weniger Stau." in den Landtagswahlkampf, gern auch verbunden mit plakativen Ernährungstipps: "Wozu noch Frühstück? Ich beiß bei jedem Stau ins Lenkrad." Wie viele tatsächlich ins Lenkrad bissen, ist unklar. Klar ist allerdings: Viele machten anschließend ihr Kreuz bei der CDU. Armin Laschet wurde 2017 Ministerpräsident, Hendrik Wüst sein Verkehrsminister - und NRW blieb weiterhin Stauland Nr. 1 in Deutschland.

NRW ist und bleibt Stauland

Zwar flossen Rekordinvestitionen in Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen, den Stau auf den Autobahnen konnten die Zahlungen aus Düsseldorf und Berlin aber nicht auflösen. Der damalige Verkehrsminister Wüst wurde denn auch nicht müde, zu betonen: "Gegen Stau hilft nur Bau."

Mittlerweile ist Hendrik Wüst Ministerpräsident in NRW - und sein Bundesland weiterhin das Land mit den meisten Staus in Deutschland. Er hat zwar die Verantwortung für die Autobahnen in NRW abgegeben, seit 2021 ist die Autobahn GmbH des Bundes für die Fernstraßen zuständig. Aber am Ergebnis hat sich nichts geändert, wie der ADAC in einer aktuellen Studie festgestellt hat: Nirgendwo sonst in Deutschland steht man länger im Stau auf den Autobahnen, so der Verkehrsclub.

Demnach summierte sich im Jahr 2023 die Dauer aller Verkehrsstörungen auf den mehr als 2.200 Autobahnkilometern in NRW auf gut 143.600 Stunden. Das sind nach Angaben des ADAC Nordrhein 38 Prozent mehr als 2022.

Krischer: "Gut, dass wir so viele Baustellen haben"

Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne)

Krischer: "Wir haben die meisten Autobahnen."

Und daran wird sich so schnell auch nichts ändern, meint der aktuelle NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne): "Wir haben die meisten Autobahnen, wir haben die meisten Autos, wir haben die meiste Industrie und die meisten Menschen. Ich fürchte, NRW wird am Ende immer das Bundesland sein, das die meisten Staus hat", so Krischer gegenüber dem WDR. Wie auch sein Vor-Vorgänger Hendrik Wüst sieht er die Baustellen als Hauptursache für die Staus - und verweist ebenso wie Wüst lieber auf die positiven Effekte: "Es ist gut, dass wir diese vielen Baustellen im Land haben. Das zeigt nämlich, dass die Infrastruktur saniert wird."

Und Sanierung ist der Landesregierung derzeit wichtiger als der Neubau: "Die allererste Priorisierung ist die Sanierung und der Erhalt", betont Krischer. Dort, wo es "sinnvoll und nötig ist". werde zwar auch ausgebaut. "Nur wir können nicht ausbauen und am andere Ende die Infrastruktur verfallen lassen."

SPD fordert: "Bitte Wende(n)"

Die SPD im Düsseldorfer Landtag sieht NRW hingegen bereits im "Superstau" versinken: "Nichts hat sich verbessert, seitdem Hendrik Wüst das Lenkrad übernommen hat - weder als Verkehrsminister, noch als Ministerpräsident hat er dazu beigetragen, in Nordrhein-Westfalen eine Verkehrswende einzuleiten und den alltäglichen Superstau zu bekämpfen", kritisiert Jochen Ott (SPD), Oppositionsführer im Düsseldorfer Landtag. Und auch unter Oliver Krischer wäre keine Besserung in Sicht. "Die schwarz-grüne Landesregierung fühlt sich für unsere Infrastruktur nach wie vor nicht verantwortlich. Das muss sich endlich ändern, schließlich müssen Bundes-, Landes- und kommunale Straßen in einem echten Konzept ineinandergreifen."

Bahn (k)eine Alternative zur Straße?

Der Landesverkehrsminister sieht hierbei allerdings auch Berlin in der Pflicht. Der Bund müsse besser kommunizieren, wo genau Brücken saniert und Autobahnen ausgebaut werden sollen, so Krischer. Das Land hätte Listen erstellt, die nun abgearbeitet werden würden, vom Bund erwarte er ähnliches. "Ich glaube, wir müssen hier noch mehr Hand in Hand arbeiten", so der Verkehrsminister.

Eine Maßnahme gegen den Stau auf den Straßen wäre die Verlagerung auf die Schiene. Doch auch hier zeigt sich das Land wenig optimistisch: "Die Bahn ist über Jahrzehnte vernachlässigt worden", erklärt Verkehrsminister Krischer. Sie könnte seiner Ansicht nach deutlich mehr Potential in NRW haben. "Stattdessen sehen wir, dass viele Menschen sich mit dem Auto zur Arbeit und den täglichen Besorgungen bewegen müssen", betont Krischer - und gibt sich keiner Illusion hin, dass er das wohl noch lange wird sehen müssen: "Wann wir die Verkehrswende schaffen? Es wäre unseriös, das mit einer Jahreszahl zu versehen."

Über das Thema berichten wir am 06. Februar u.a. im Radio und in der Aktuellen Stunde.

Unsere Quellen:

  • Interview mit NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer
  • WDR-Verkehrsstudio
  • WDR-Recherche
  • ADAC-Staustatistik

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