Migrationsgipfel: Der große Wurf wird es nicht?
Aktuelle Stunde. 06.11.2023. UT. Verfügbar bis 06.11.2025. WDR. Von Martina Koch.
Einigung bei Bund-Länder-Treffen: Länder werden pro Asylbewerber bezahlt
Stand: 07.11.2023, 07:44 Uhr
Bis tief in die Nacht haben Länder und Bund diskutiert. Eine Einigung gab es bei der Frage, wie viel Geld die Länder vom Bund für die Versorgung und Unterbringung von Flüchtlingen bekommen.
Erst um 2.45 Uhr war es so weit: Auf einer nächtlichen Pressekonferenz wird nach monatelangem Konflikt verkündet, wie es in den Streit-Fragen rund um Migration weitergehen soll. Ein zentraler Punkt für die Länder war dabei die finanzielle Unterstützung durch den Bund: Sie wollten pro Asylbewerber Zuschüsse bekommen statt Pauschalen. Und so kommt es jetzt auch: 7.500 Euro überweist der Bund pro Asylbewerber in Zukunft statt einer pauschalen Jahressumme.
Kanzler Olaf Scholz verkündete gemeinsam mit dem Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz Boris Rhein und dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil die Ergebnisse der 17 Stunden langen Beratungen. "Wir sind einen guten Schritt vorangekommen, damit sind wir zufrieden", sagte Rhein, der auch hessischer Ministerpräsident ist.
Leistungskürzungen und Bezahlkarten
Die gefundenen Kompromisse werden die Kommunen laut Weil um rund 3,5 Milliarden Euro entlasten. Auch weil die Länder rund eine Milliarde Euro sparen sollen, in dem Leistungen für Asylbewerber gekürzt werden. Sie sollen die sogenannten Analogleistungen in Höhe der regulären Sozialhilfe erst nach 36 statt 18 Monaten bekommen. Zudem sollen Leistungen wie Essen in Unterkünften darauf angerechnet werden.
Asylbewerber sollen außerdem weniger Bargeld bekommen: Stattdessen sind Bezahlkarten geplant, mit denen sie dann bargeldlos einkaufen können. So soll verhindert werden, dass Geld zurück in die Heimatländer überwiesen wird. Diese Maßnahmen sollen die Flucht nach Deutschland weniger attraktiv machen.
Streitpunkt: Asylverfahren im Ausland
Eigentlich wollte die Bundesregierung für das kommende Jahr 1,2 Milliarden Euro geben, so Weil. Die Länder hätten eher 5 Milliarden Euro gewollt: "Dass es gelungen ist, unter diesen Bedingungen ziemlich genau auf der Mitte zueinander zu kommen, das ist zu früher Morgenstunde wirklich ein Ausrufezeichen wert."
Die Verhandlungen wurden offenbar unter anderem durch eine Forderung der unions-geführten Bundesländer und dem grün-schwarz regierten Baden-Württemberg verzögert: Die wollen Asylverfahren in Drittstaaten. Menschen sollen sich also schon vor ihrer Flucht um Asyl in Deutschland bewerben. Die SPD-Länder lehnten das ab, weil sie die Umsetzbarkeit bezweifeln. Jetzt soll die Möglichkeit geprüft werden.
Asylverfahren in drei Monaten
Ein weiterer zentraler Punkt: Asylverfahren sollen schneller abgeschlossen werden. Bei Ländern mit geringer Anerkennungsquote sollen es nicht mehr als drei Monate sein. Außerdem soll die erste Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge im Regelfall nach sechs Monaten vorliegen. Ein Gerichtsverfahren soll in erster Instanz ebenfalls nach sechs Monaten abgeschlossen sein.
Wüst will "irreguläre Migration" beenden
Wüst hatte bereits am Montagmorgen im WDR gesagt: "Ich erwarte, dass wir uns darauf einigen, dass wir irreguläre Migration nach Deutschland schlicht beenden." Man müsse unterscheiden zwischen denen, "die wirklich unsere Hilfe brauchen, die Schutz brauchen, vor Krieg und Vertreibung fliehen und denen, die auch alle guten Gründe haben mögen, hier leben zu wollen, eine Perspektive für sich zu suchen, ihre Familien - aber am Ende doch kein Recht auf Asyl haben".