Höchste NRW-Auszeichnung für Angela Merkel
Stand: 16.05.2023, 20:21 Uhr
Angela Merkel ist in Köln mit dem Staatspreis des Landes NRW ausgezeichnet worden. Ministerpräsident Hendrik Wüst und auch Christine Lagarde würdigten sie als eine außergewöhnliche Persönlichkeit.
Von Rainer Striewski und Wolfgang Otto
Während einer Feierstunde in der Kölner Flora hob NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) besonders Angela Merkels Verlässlichkeit hervor. Gleich zu Beginn seiner Rede zur Verleihung des NRW-Staatspreises erinnerte er an die größte Katastrophe in der Geschichte des Landes: die Flutkatastrophe im Sommer 2021. "Angela Merkel hat damals Vertrauen geschaffen. Wieder einmal", sagte Wüst am Dienstagnachmittag. Die damalige Bundeskanzlerin habe in nur acht Wochen mit dafür gesorgt, dass ein 30 Milliarden Euro starker Wiederaufbaufonds eingerichtet werden konnte. "Dafür sagen wir in Nordrhein-Westfalen Ihnen von Herzen: Danke!" so Wüst.
Vor der Verleihung des höchsten NRW-Preises hatte Merkel zusammen mit Wüst Bad Münstereifel besucht, um sich ein Bild vom Wiederaufbau nach der Hochwasserkatastrophe zu machen. Bei einem Besuch im Jahr 2021 hatte sie versprochen, zu einem späteren Zeitpunkt zurückzukehren. "Versprochen - gehalten!", sagte Wüst dazu.
Wüst: "Vertrauen in Merkel groß und ungebrochen"
Angela Merkel habe in 16 Jahren Kanzlerschaft unzählige Entscheidungen getroffen, bilanzierte Wüst bei der Preisverleihung. "Bei der rückblickenden Beurteilung muss man sich immer die Frage stellen: Unter welchen Voraussetzungen wurde diese Entscheidung getroffen? Und hätte es wirklich einen besseren Weg gegeben?" Wer Politik kenne, der wisse: "Entscheidungen fallen unter Druck. Oft ist die beste Lösung keine Option - weil sie gar nicht erst erreichbar ist", so Wüst.
Wüst bezeichnete es als "Glück", dass mit Angela Merkel eine Frau ins Kanzleramt eingezogen war. Sie hätte damit vielen Frauen Mut gemacht. Er erinnerte in seiner Rede an die Banken-Krise, an die Euro-Krise, den Umgang Merkels mit den Flüchtlingen und auch an die Corona-Pandemie. "Angela Merkel konnte führen und Verantwortung übernehmen, vor allem weil das Vertrauen in sie groß und ungebrochen war", so Wüst.
Lagarde: "einzigartig, unvergleichlich, unnachahmbar"
Lagarde: "außergewöhnliche Führungspersönlichkeit"
Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, würdigte Angela Merkel in ihrer Laudatio als eine außergewöhnliche Führungspersönlichkeit in außergewöhnlichen Zeiten: "Die Menschen in Deutschland und Europa können stolz darauf sein, eine solch charakterfeste Politikerin gehabt zu haben." Sie beschrieb Merkel als "einzigartig, unvergleichlich, unnachahmbar".
Die Pragmatikerin Angela Merkel zeichne sich dadurch aus, dass sie eine unerreichte Vermittlerin sei, immer auf der Suche nach Kompromiss und Konsens. Merkels Pragmatismus sei jedoch nie zum Opportunismus geworden, weil sie stets einem klaren "moralischen Kompass" folge. "Die Menschen in Deutschland und die Menschen in Europa können stolz darauf sein, eine solch charakterfeste Politikerin gehabt zu haben", sagte Lagarde.
Merkel betont Verbundenheit mit NRW
Merkel: "große Ehre"
"Ich empfinde das als große Ehre", sagte Angela Merkel nach der Preisverleihung durch Ministerpräsident Hendrik Wüst und Christine Lagarde. Dabei dankte sie besonders beim NRW-Ministerpräsidenten: "Ich will nicht verhehlen, dass ich nicht jede Konferenz mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder während meiner Amtszeit in ausschließlich guter Erinnerung habe." Aber alle hätten sich "in jeder noch so schwierigen Situation zusammengerauft", so Merkel.
Ihr politischer Weg sei "untrennbar" mit NRW verbunden, weil sie in den 1990er Jahren als Abgeordnete und Ministerin in Bonn gewohnt habe, erklärte Merkel. "Bonn war mehr als nur ein Arbeitsort für mich." Sie habe es genossen, dort zu wohnen und auch das Umland erkundet, etwa Köln mit dem Dom und seinen romanischen Kirchen. "Ich fühlte mich wohl in der politischen Herzkammer der alten Bundesrepublik", erklärte Merkel.
Preisgeld an Blau-Gelbes Kreuz
Der NRW-Staatspreis ist mit 25.000 Euro dotiert. Das Preisgeld spendet Merkel dem Kölner Verein "Blau-Gelbes Kreuz Deutsch-Ukrainischer Verein e.V.", die sich für die Opfer des Ukraine-Krieges einsetzen. "Damit möchte ich allen ehrenamtlichen Helfern danken", so Merkel.
Zustimmung von meisten Parteien
NRW-Wahlplakat mit Troika Merz, Rüttgers, Merkel
Große Zustimmung zur diesjähgen Preisträgerin kam - mit Ausnahme der AfD - von allen Parteien im NRW-Landtag. Für die in Düsseldorf mitregierenden Grünen ist die Klimapolitik der Kanzlerin Angela Merkel zwar sicher nicht preiswürdig. Dafür aber ihr Flüchtlingskurs - und ihr Werdegang als Frau, erklärt die grüne Fraktionsvorsitzende Verena Schäffer. Viele Frauen seien mit Angela Merkel als Bundeskanzlerin aufgewachsen und deshalb sei sie "Vorbild vielleicht auch für viele Mädchen und junge Frauen".
Wer vorher den Staatspreis bekommen hat
Den seit 1986 verliehenen Staatspreis haben bisher fast ausschließlich Persönlichkeiten überreicht bekommen, die NRW "durch Werdegang und Wirken" besonders verbunden waren. In der Liste der Preisträger und Preisträgerinnen finden sich vor allem Kulturschaffende: Die Kabarettisten Kay und Lore Lorentz, die Tanztheater-Chefin Pina Bausch, der Architekt Gottfried Böhm und die bildenden Künstler Rosemarie Trockel, Günther Uecker und Gerhard Richter. Zuletzt bekamen der erste Bundesumweltminister der CDU, Klaus Töpfer aus Höxter, und der Formel-1-Rennfahrer Michael Schumacher aus Kerpen den Staatspreis.
Aber es finden sich auch Namen auf der Liste, deren NRW-Bezug nicht so einfach herzuleiten ist: Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki, das Europäische Parlament und die ehemaligen Benelux-Ministerpräsidenten Jean-Claude Juncker, Jan Peter Balkenende und Yves Leterme.
Verleihung vor 400 Gästen
Rund 400 Gäste waren bei der diesjährigen Verleihung des Staatspreises in der Kölner Flora anwesend. Darunter die Ministerpräsidenten a.D. Armin Laschet, Jürgen Rüttgers und Peer Steinbrück, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbrach sowie das gesamte nordrhein-westfälische Landeskabinett. Auch Merkels ehemalige Kabinettmitglieder Helge Braun, Franz Josef Jung, Hermann Gröhe und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger waren mit dabei.