Was Reul gegen Rechtsextreme in der Polizei tun will

Stand: 17.09.2020, 15:11 Uhr

Laut Innenminister Reul, sind nicht nur 29, sondern 30 Beamte und Beamtinnen vom Dienst suspendiert worden. Es soll ein Lagebild zu Rechtsextremismus in der Polizei geben.

Von Sabine Tenta

Die am Mittwoch von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) öffentlich gemachte, neue Dimension von Rechtsextremismus in der Polizei hat am Donnerstag auch den NRW-Landtag beschäftigt. In einer kurzfristig anberaumten Unterrichtung des Landtags sagte Reul: "Wer extremistisch handelt, verwirkt sein Recht, diese Uniform zu tragen."

Einmal mehr zeigte sich Reul betrübt und empört angesichts der Ausmaße von Rechtsextremismus in der Polizei. Selbstkritisch fragte er: "Warum sind uns, sind mir diese Chatgruppen nicht früher aufgefallen?" Seit 2012 seien die Chatgruppen aktiv gewesen und erst acht Jahre später aufgefallen.

Mehr Beamte betroffen

Anders als am Vortag gemeldet, seien nicht nur 29, sondern 30 Polizist*innen betroffen, sagte Reul im Landtag. Alle seien am Mittwoch vom Dienst suspendiert worden. 43 Mobiltelefone, 19 SIM-Karten, 21 USB-Sticks, 20 Festplatten, 9 Tablets und 9 PCs seien sichergestellt worden, zudem eine Dekowaffe und eine geringe Menge "Betäubungsmittel", also Drogen.

Neues Lagebild

Der Innenminister sagte: "Das Einzige, was jetzt hilft, ist cool bleiben, wie meine Tochter sagen würde, und handeln." Und zu diesen Handlungen soll auch die Erstellung eines Lagebildes "Rechtsextremismus in der Polizei" sein. Ein Lagebild ist eine wiederkehrende polizeiliche Statistik, die vergleichbare Daten zu bestimmten Kriminalitätsphänomen liefert.

Reul sieht auch die Führungen der Polizeibehörden in der Verantwortung. Er habe die Absicht, mit den "unteren Führungsetagen" persönlich zu reden und diese in die Pflicht zu nehmen. Es brauche zudem eine neue Kultur in der Polizei, eine Besinnung auf das Grundgesetz.

Bereits im März hatte Herbert Reul wegen rechtsextremer Vorfälle in der NRW-Polizei angeordnet, dass jede Polizeibehörde einen Extremismus-Beauftragten benennen muss. Ihnen sollen Verdachtsfälle gemeldet werden können.

SPD will wissenschaftliche Studie

Sven Wolf (SPD) forderte eine zentrale Stelle beim LKA, wo extremistische Vorfälle gemeldet werden können. Zudem sei es wichtig, zu wissen, wie groß das Problem ist. "Wir benötigen mehr Erkenntnisse statt Bauchgefühl als Grundlage unseres gemeinsamen Handelns", so Wolf. Darum brauche man neben einem Lagebild auch eine wissenschaftliche Studie. Die müsse nun in Auftrag gegeben werden. "Nach einer solchen Studie ist niemand dümmer geworden."

Der Innenminister hatte sich bislang gegen eine Studie ausgesprochen.

Grüne für unabhängigen Polizei-Beauftragten

Die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Verena Schäffer, forderte erneut einen unabhängigen Polizei-Beauftragten, ansprechbar für Bürger und Polizisten. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hatten die Grünen im Juni erfolglos im Plenum eingebracht. Der bisherige Polizei-Beauftragte sei im Innenministerium angesiedelt und damit nicht unabhängig, er müsse stattdessen dem Parlament unterstehen, so Schäffer.

Auch Schäffer plädierte für eine wissenschaftliche Untersuchung. Sie zitierte aus einer bereits vorliegenden Studie der "Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen". Demnach nehmen Vorurteile während des Studiums für den Polizeidienst ab, aber im Dienst wieder zu. Für Schäffer ein "deutlicher Hinweise, dass wir mehr in Fortbildung und Supervision" investieren müssen.

FDP und AfD appellieren an die Polizei

Marc Lürbke (FDP) sagte, in der Polizei müssten die Beamten aufstehen, das erfordere Mut, wenn man sich gegen seine Kollegen aussprechen müsse. Es gelte, einen "falsch verstandenen Korpsgeist" zu durchbrechen. "Wer nicht aufsteht, der ist im Grunde das Kameradenschwein, denn der bringt alle rechtschaffenen Kollegen in Verruf."

Ähnlich äußerte sich Markus Wagner (AfD): "Vollidioten, die Gaskammerbilder posten, sind in keiner Weise repräsentativ für unsere Polizei", sie würden der Polizei "einen Bärendienst" erweisen, "allein deshalb gehören sie aussortiert".

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