Beitragsbild Dok5 Feature Zwischen Patientenwohl und Ökonomie - Krankenhäuser unter Druck

Krankenhäuser fürchten Krise im Herbst

Stand: 09.09.2022, 15:52 Uhr

Die Krankenhausgesellschaft NRW sieht mit Sorge dem Corona-Herbst entgegen: Nicht nur wegen mehr Coronapatienten. Auch die Krankenhäuser ächzen unter hohen Enegiekosten infolge des Ukrainekriegs.

"Alle anderen bekommen jetzt Unterstützung, nur die Krankenhäuser nicht." Ingo Morell, Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW (KGNW), zeichnete am Freitag eine düstere Perspektive für seine Branche. Zum einen erwarten die Krankenhäuser Richtung Herbst wieder eine Zunahme der Zahlen von Coronapatienten. Gleichzeitig seien die Aufschläge, die Krankenhäuser pro Coronapatient bekommen, aber Mitte des Jahres ausgelaufen. "Fast alle NRW-Kliniken sind bereits finanziell geschwächt ins zweite Halbjahr gestartet", sagte Morell.

Hinzu kämen jetzt noch die explodierenden Gaspreise. So rechne beispielsweise das Elisabeth Krankenhaus in Herne mit einer Steigerung seiner Energiekosten von 5,2 Millionen in diesem Jahr auf 18,2 Millionen in 2023. Die Gasrechnung des Klinikums Oberberg werde von 948.000 auf 8,3 Millionen Euro steigen. Auch Dienstleister wie Wäschereien oder Lebensmittellieferanten hätten ihre Preise enorm erhöht. Die Krankenhäuser aber könnten diese Preissteigerungen nicht weitergeben.

Erwartungen an Bundesgesundheitsminister

Diese zusätzlichen Belastungen als Folge des Ukrainekriegs seien nicht vorhersehbar gewesen, räumt Morell ein, dennoch erwarte die Krankenhausgesellschaft von Bundesgesundheitsminister Lauterbach eine Lösung für einen Inflationsausgleich für 2022. Der hatte am Donnerstag ein Hilfspaket für die Krankenhäuser angekündigt - ohne konkret zu werden. "Wir sind gespannt, was er wirklich meint", sagte Morell dazu.

Wie groß der Hilfsbedarf der Krankenhäuser in NRW sein wird, konnte Morell nicht genau beziffern - das sei bislang nur schätzbar. Er gehe aber von einem Betrag im Milliardenbereich aus. Vom Land NRW erwarte er, dass es "Druck auf die Bundesregierung" ausübe. Das NRW Gesundheitsministerium verweist auf Nachfrage zunächst auf das Prinzip der "dualen Finanzierung": Danach tragen die Länder die Investitionskosten für die Krankenhäuser – nicht aber die Betriebskosten. Die aktuellen Preissteigerungen aber fielen unter Betriebskosten.

Auf der letzten Gesundheitsministerkonferenz im Juni hätten daher alle Länder einstimmig das Bundesgesundheitsministerium darum gebeten, kurzfristig gesetzliche Regelungen für einen Inflationsausgleich zu schaffen, sagte ein Sprecher.

Land investiert in Krankenhausplanung

 Aber auch das NRW Gesundheitsministerium habe den Krankenhäusern bereits "erhebliche Beträge" in Aussicht gestellt, sagte KGNW-Chef Morell. Es sei von "mehr als 100 Millionen Euro" die Rede gewesen. Auf Nachfrage verweist das Gesundheitsministerium auf den schwarz-grünen Koalitionsvertrag der Landesregierung: Demnach seien in den kommenden fünf Jahren "höhere Summen" zur Umsetzung der Krankenhausplanung vereinbart. Wie hoch diese Summen am Ende sein werden, entscheide der Landtag.

Die Umsetzung des lange diskutierten Krankenhausplans NRW sei nun "umso nötiger", sagte der KGNW-Präsident. Ab Herbst ist eine große Krankenhausreform geplant. Ab November sollen Kliniken und Krankenkassen in den Regionen darüber verhandeln, wo Schwerpunktkliniken, etwa für Operationen an Knien, Hüften oder Herzen entstehen sollen. Damit soll der Wettbewerb zwischen benachbarten Kliniken mit bisher ähnlichen Angeboten wegfallen und die Qualität der Behandlungen besser werden.