NRW gedenkt der Opfer der Flutkatastrophe

Stand: 14.07.2022, 19:23 Uhr

Am Jahrestag der Flutkatastrophe fand eine Gedenkfeier der Landesregierung in Euskirchen statt. Ministerpräsident Wüst und Bundespräsident Steinmeier gedachten der Opfer.

Von Sabine TentaSabine Tenta

Die zentrale Gedenkfeier des Landes zum Jahrestag der verheerenden Flutkatastrophe vom 14. und 15. Juli 2021 fand am Donnerstag in Euskirchen statt. Mit einem ökumenischen Gottesdienst in der Herz Jesu Kirche, die auch Flutschäden davon getragen hatte, wurde der Opfer gedacht. Anwesend waren Flutopfer, Hinterbliebene, Einsatzkräfte, Helferinnen und Helfer sowie Politikerinnen und Politiker, unter ihnen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Allein in NRW kamen 49 Menschen ums Leben, betroffen waren über 180 Städte und Gemeinden.

Betroffene berichten von Leid und Hoffnung

Während des Gottesdienstes schilderten Flutopfer in bewegenden Worten ihre Erfahrungen mit der katastrophalen Flutnacht und ihren Folgen. Heidi Jonas aus Bad Münstereifel erzählte, wie ihr Haus binnen Sekunden geflutet, ihr Sohn in letztem Moment gerettet wurde. Die berstenden Geräusche "werde ich nie vergessen", so Heidi Jonas.

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Malte Duisburg aus Gemünd leitet ein Pflegeheim in Kall. Er musste die Bewohnerinnen und Bewohner in die oberen Stockwerke verlegen. Der Aufzug war bereits ausgefallen, Menschen im Rollstuhl, mit Rollator mussten über die Treppe getragen werden, darunter eine Frau mit einer Sauerstoff-Flasche "so groß wie sie selbst". Ein Bewohner fehlte, er sei schlafend in seinem Bett im überfluteten Zimmer geschwommen. Beeindruckend sei die Hilfe danach gewesen. Malte Duisburg sagt: "Wir müssen lernen, einen langen Atem zu haben und die gewohnte Schrittlänge zu verkürzen."

Präses Latzel: Mit Gott um Erhalt der Schöpfung kümmern

Präses Thorsten Latzel mahnte in seiner Predigt: "Es ist wichtig, dass wir uns weiter die Zeit nehmen, zum Zuhören. Um zu erfahren, was die Menschen konkret erfahren haben – in der Flut und in dem Jahr danach." Glauben bedeutet für ihn: "Dass wir uns mit Gott um den Erhalt seiner Schöpfung kümmern. Und an der Seite aller zu stehen, die von Fluten und Katastrophen betroffen sind. Bei uns und überall auf der Welt."

Die Gedenkfeier richtete die Landesregierung zusammen mit der katholischen und evangelischen Kirche aus.

Ministerpräsident Wüst dankt Einsatzkräften für "Heldenmut"

Hendrik Wüst (r, CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nehmen im Rahmen der zentralen Gedenkfeier zum Jahrestag der Flut-Katastrophe an einem ökumenischen Gottesdienst in der Herz-Jesu-Kirche teil

Steinmeier (links) und Wüst

Auch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) erinnerte in seiner Ansprache im Anschluss an den Gottesdienst an die Todesopfer: "Der Verlust geliebter Menschen ist das Schlimmste, was diese Hochwasserkatastrophe angerichtet hat." Er dankte den Einsatzkräften, die viel riskiert hätten, um andere zu retten, vier Feuerwehrleute seien beim Einsatz ums Leben gekommen. "Sie haben Heldenmut bewiesen", lobte Wüst.

Vorsorge und Schutz müssten nun im Mittelpunkt stehen, forderte der Ministerpräsident. "Die Hochwasserkatastrophe war ein trauriges, ein mahnendes Zeugnis des Klimawandels – des menschengemachten Klimawandels. Wir müssen das ehrlich aussprechen und uns auch vor Augen führen – so hart es ist: Das sind die Folgen unseres Umgangs mit der Erde." Der Schutz des Klimas und die Bewahrung der Schöpfung "sind die größten Aufgaben unserer Zeit. Es liegt an unserer Generation, die richtigen Weichen zu stellen."

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Steinmeier ruft zur Bekämpfung der Folgen des Klimawandels auf

Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wandte sich zunächst an die Hinterbliebenen: "Die Opfer bleiben unvergessen. Wir trauern gemeinsam und vereint. Als Bundespräsident möchte ich Ihnen sagen: Sie sind nicht allein!"

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Menschen nehmen im Rahmen der zentralen Gedenkfeier zum Jahrestag der Flut-Katastrophe an einem ökumenischen Gottesdienst in der Herz-Jesu-Kirche teil

Auch Einsatzkräfte waren im Gottesdienst

Dem Bundespräsidenten war es wichtig, die geleistete Hilfe zu würdigen: Den Betroffenen der Flutkatastrophe dankte er "für Ihre Kraft, Ihren Einsatz, Ihre Solidarität. Ich danke auch allen professionellen und freiwilligen Helfern, die in der Stunde der Not sofort aus allen Teilen Deutschlands angereist sind und den Menschen hier beigestanden haben – und viele es bis heute noch tun." Aber auch Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Landrätinnen und Landräte sowie Verwaltungsmitarbeitende hätten in den letzten zwölf Monaten "schier Unglaubliches geschultert".

Eindringlich mahnte Steinmeier: "Wir müssen jede, aber auch wirklich jede Anstrengung unternehmen, um die Folgen des Klimawandels zu bekämpfen, und wir müssen viel umfassender Vorsorge treffen, um unseren Kindern und Enkeln einen lebenswerten Planeten zu hinterlassen!"

Gedenkstunde im Kreishaus Euskirchen

Einige Stunden vor der zentralen Gedenkfeier fand ebenfalls in Euskirchen eine Gedenkstunde im Kreishaus statt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) nahmen daran teil. Im Anschluss sagte Faeser mit Blick auf künftige Flutereignisse: "Verhindern können wir es nicht, aber wir können besser vorbereitet sein." Landesinnenminister Reul ist nach eigener Aussage "positiv gestimmt", weil er sich sicher ist, dass sich das Verhalten der Menschen geändert habe, es hätten jetzt "alle begriffen", wie im Katastrophenfall zu handeln ist. Das habe man beim Tornado in OWL gesehen, da habe die Abstimmung "viel besser geklappt".

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Inzwischen habe das Land 400 neue Sirenen angeschafft, mehr gebe der Markt gerade nicht her, "der ist leergefegt". Aber noch wichtiger als die Sirenen sei das Cell Broadcasting, also die Möglichkeit, Warnmeldungen ortsgenau aufs Handy zu schicken. Bundesinnenministerin Faeser sagte, das System könne Anfang nächsten Jahres an den Start gehen.

Die Katastrophe im Juli 2021

Die Flutkatastrophe am 14.07.2021 war eine der größten der deutschen Geschichte und kostete 183 Menschen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz das Leben. Im Nachbarland Belgien starben 39 Menschen. Es entstanden Sachschäden in Milliardenhöhe.