Bei Gewalt oder Missbrauch gibt es inzwischen eine Reihe von Beratungs- und Hilfsangeboten in NRW, an die sich Opfer wenden können. Doch das beste Angebot bringt nichts, wenn es nicht in Anspruch genommen wird. Ein Problem: Aus Angst davor, dass der Täter im eigenen Umfeld etwas von der Hilfesuche mitbekommen könnte, wird der Schritt erst gar nicht gegangen.
Ein neues Angebot in NRW soll das in Zukunft verhindern. Mit einer sogenannten Tarn-App soll auf dem Smartphone verschleiert werden, dass das Opferschutzportal des Landes aufgerufen wird. Die App wurde am Mittwoch von Gleichstellungsministerin Ina Scharrenbach (CDU) vorgestellt.
Alltägliche Funktionen verschleiern eigentliches Thema
Und so funktioniert sie: Über das Opferschutzportal NRW wird die App auf das Smartphone geladen. Zunächst stehen mehrere alltägliche Themenbereiche zur Auswahl, um die es in der App vordergründig geht - wie zum Beispiel Gesundheitsthemen. Damit kein Verdacht entsteht und die Tarnung bestehen bleibt, funktionieren auch simple Funktionen wie etwa das Eintragen von regelmäßigen Meditationen in eine Art Tagebuch.
Um in der App zum eigentlichen Opferschutz-Bereich zu kommen, muss an einer bestimmten Stelle ein Zahlencode eingegeben werden. Erst danach gelangen die Betroffenen zur richtigen Oberfläche. Dort können sie in sieben Sprachen auf die Beratungsangebote und Notrufnummern zugreifen.
Der Nutzen der Tarn-App: Auf den ersten Blick können keine Rückschlüsse zum Thema Opferschutz gezogen werden - und die Täter bleiben unwissend. Ein weiterer Vorteil: Wurde die App heruntergeladen, sind die Inhalte auch offline verfügbar. In einer Gefährdungssituation braucht es also keine Internetverbindung, um nach Hilfsangeboten zu suchen.
Tarnung nötig wegen Ausspionieren von Opfern
Scharrenbach betonte am Mittwoch die Notwendigkeit der Tarnung: "Täterinnen und Täter scheuen leider nicht davor zurück, auch das Smartphone der Opfer zu kontrollieren und sie auszuspionieren." Mit der Tarn-App würden Gewaltopfer noch besser dabei unterstützt, schnelle Hilfe zu suchen und zu finden.
Gekostet hat die Entwicklung laut Scharrenbach rund 140.000 Euro. NRW betrete mit der App "absolutes Neuland", da es in Deutschland bislang kein vergleichbares Angebot gebe.