Der Strafvollzug in NRW gehört zur sogenannten Kritischen Infrastruktur (KRITIS). Die Gefängnisse bereiten sich daher seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine und der folgenden Energiekrise auf einen potenziellen längeren Stromausfall vor. Das Justizministerium hat alle Anstalten angewiesen, ihre Notstromversorgung zu checken - und gegebenenfalls auszubauen. Dabei geht es vor allem um größere Sprittanks für die Aggregate.
Kurbelradios gegen Unruhe im Knast
Aber: Der Notstrom wird in einem Gefängnis vor allem für die Sicherheit gebraucht. Zum Beispiel für elektronische Schlösser oder Scheinwerfer. Die (erlaubten) Fernseher oder Radios in den Zellen müssten wohl aus bleiben. Dennoch sollen die Gefangenen selbst oder gerade in einer Krisensituation wie einem Blackout Informationen von "draußen" bekommen - damit im Knast keine Unruhe ausbricht.
Auch JVA-Mitarbeiter sollen für Notfall gerüstet sein
"Die Krisenresilienz der Justizvollzugsanstalten ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Sicherstellung der öffentlichen Ordnung", so ein Sprecher des Justizministeriums. Die Gefängnisse müssten für eine "sichere und menschenwürdige Unterbringung" sorgen - auch bei "Versorgungsausfällen". Dafür gebe es viele Maßnahmen. Eine davon: Die Anschaffung von genau 11.219 "Kurbelradios". Eins für jeden Haftraum im geschlossenen Vollzug.
Auch Stirnlampen für den Notfall
Alternativ wären auch Radios mit Solarbetrieb möglich, heißt es in den Ausschreibungsunterlagen, mit denen jetzt ein Lieferant gesucht wird. Demnach sollen die Radios Mittelwelle- und UKW-tauglich sein (wie es bei Geräten heutzutage üblich ist) und einen großen Akku (4.000 mAh) haben. Zudem sollen die Radios laut Ausschreibung eine "Taschenlampenfunktion (mind. 3 LED)" bieten.
Zu möglichen Kosten sagt die Justiz nichts - Interessenten sollen von sich aus ein Angebot machen. Im Internet gibt es ähnliche Geräte für etwa 30 Euro. Bis zum 30. September sollen alle Radios geliefert sein. Laut Justizministerium werden sie dann in den Gefängnissen erst mal gelagert - und nur im Notfall rausgeholt. Zusammen mit den Radios wurden noch 750 Stirnlampen ausgeschrieben. Die allerdings für das JVA-Personal.
Notfall-Proviant für 72 Stunden
Ende April hatte Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) die Fachpolitiker im Landtag übrigens darüber informiert, was bei einem Blackout im Justizvollzug wichtig ist: Neben der "technischen Betriebsbereitschaft" (Strom, Wärme, Wasser) müssten für die Gefangenen auch Essen, Trinken und medizinische Versorgung stehen. Daher sollen die Anstalten für mindestens 72 Stunden Proviant und Medizinvorräte anlegen. Auch über die Notstromversorgung hatte Limbach gesprochen. Von Kurbelradios war da allerdings keine Rede.
Kritik von der Opposition
"Um die Notstromversorgung in den Gefängnissen kann es nicht gut bestellt sein, wenn der Justizminister jetzt auf Do-it-yourself-Produkte setzen muss", sagte die Sprecherin der SPD-Fraktion im Rechtsausschuss, Sonja Bongers dem WDR. "Offenbar scheinen die vorhandenen Aggregate im Ernstfall nicht auszureichen. Da hat der Justizminister gegenüber dem Landtag zuletzt einen anderen Eindruck vermittelt."
Der Bund der Strafvollzugsbediensteten in Deutschland (BSBD) begrüßt die Maßnahme dagegen. Es sei gut, wenn die Inhaftierten "in einer Stresssituation wie einem Blackout" mit Informationen von draußen versorgt werden könnten, so BSBD-Chef Ulrich Biermann zum WDR.