Akteneinsicht Hambacher Forst

Hambach-Akten: Rodung war das Ziel

Stand: 12.09.2019, 21:38 Uhr

  • Landesregierung legt Akten zur Waldräumung offen
  • Anlass ist Antrag von WDR-Journalisten
  • Rodung war das Ziel der Polizeiaktion

Von Lena Brochhagen, Sabine Tenta, Jürgen Döschner, Torsten Reschke, Thomas Drescher

Die geplante Rodung des Hambacher Forstes im Herbst 2018 war offenbar der Hauptgrund für die Räumung des Waldes und den Abriss der von Aktivisten bewohnten Baumhäuser.

Der Zusammenhang von Rodung und Räumung war von den CDU-Ministern Herbert Reul und Ina Scharrenbach lange bestritten worden. Durch die Dokumente, die von der Landesregierung am Donnerstag (12.9.2019) offen gelegt wurden, wird dieser Zusammenhang aber belegt. Auch die enge Abstimmung mit dem Energiekonzern RWE, dem der Wald gehört, wird aus den Dokumenten deutlich.

Rechtsstaatliche Rodung

Sowohl Innenminister Reul als auch Bauministerin Scharrenbach hatten als Grund für den wochenlangen Einsatz Tausender Polizisten die Beseitigung von Bau- und Brandschutzmängeln an den Baumhäusern sowie die Durchsetzung des Rechtsstaates gegen die illegale Besetzung des Waldes angeführt.

Inzwischen räumte aber auch der Innenminister ein, dass die von RWE geplante Rodung für den Polizeieinsatz eine Rolle gespielt hat.

Zielgerichtetes Rechtsgutachten

Im Juli 2018 wurde die Kanzlei Baumeister in Münster vom Innenministerium mit einem Rechtsgutachten zur Räumung des Hambacher Forstes beauftragt. Und schon in der Auftragserteilung wird deutlich, welche Richtung die Landesregierung eingeschlagen hatte.

Ziel sei es, "die Zuständigkeiten der einzelnen Behörden abschließend zu bewerten", heißt es in dem Dokument, "und im zweiten Schritt einen Weg aufzuzeichnen, wie mit Unterstützung der Polizei rechtzeitig vor Rodungsbeginn die Räumung durchgesetzt werden kann." Das Gutachten lieferte schließlich die rechtliche Basis für die Räumung von Wald und Baumhäusern: Baumängel und Brandschutz.

Keine leicht entflammbaren Materialien

In einer internen Mail des Innenministeriums wird erörtert, wie die besondere Eilbedürftigkeit des Vorhabens begründet werden kann. Man müsse auf den "präventiven Brandschutz" abheben, heißt es hier, und nicht auf den "abwehrenden Brandschutz". "Unsere Feuerwehrkollegen sehen in dem verbauten Material kein leicht entflammbares und auch die Waldbrandgefahr ist vorbei."

Aber vielleicht, so hofft der Mailschreiber, finde sich noch etwas bei der anstehenden Begehung des Waldes. Die Mail datiert vom 18. August 2018.

Kurzer Draht zwischen RWE und Polizei

Die Abteilungsleiterin für die NRW-Polizei im Innenministerium, Daniela Lesmeister, stand in engem Kontakt mit Juristen von RWE. Unter anderem wurden Rodungstermine und die seinerzeit laufende Beschwerde des BUND vor dem Oberverwaltungsgericht Münster diskutiert.

In dem von Abteilungsleiterin Lesmeister unterzeichneten Protokoll einer Besprechung am 25. Juli 2018 wird deutlich, dass die Beteiligten sich auch Gedanken über die öffentliche Wirkung der Polizeiaktion machten und sich der "Gefahr, als Handlanger von RWE – auch in den Medien- dargestellt zu werden", durchaus bewusst waren.

Eine "Besondere Aufbauorganisation" (BAO) der Polizei, die mit der Räumung des Waldes betraut wurde, erhielt dennoch einen Klarnamen. Die BAO hieß "Rodung".