Wie ein AfD-Empfang in Münster parteiintern für Unruhe sorgt

Stand: 06.01.2023, 14:52 Uhr

Der AfD-Bezirksverband Münster lädt seine Mitglieder zum Neujahrsempfang. Zu Sekt und Schnittchen wird geredet. Doch die Rednerliste sorgt für Unruhe. Der Landesvorstand ist düpiert.

Von Christoph Ullrich Christoph Ullrich

Die AfD empfängt ihre Mitglieder im Historischen Rathaus. In der Stadt wird das zwar nicht gerne gesehen, aber da es sich um städtische Räume handelt, ist der AfD-Empfang kaum zu verhindern. Drei Mal schon lud der AfD-Bezirk Münster zum Jahresauftakt in die geschichtsträchtige Kulisse ein und bei allen Terminen gab es vor dem Rathaus breite Proteste.

Dass der Empfang dieses Mal auch parteiintern für Unfrieden sorgt, ist eher ungewöhnlich. Das liegt an den Rednern, die der Bezirksvorstand eingeladen hat. So soll der AfD-Landes- und Fraktionschef Martin Vincentz zu den Gästen sprechen. Daneben reihen sich Christian Blex und Björn Höcke ein; zwei Namen, mit denen sich NRW-Mann Vincentz sicher nicht so gerne auf der Bühne sieht.

Spinnefeind, aber gemeinsam auf der Bühne

Er selber - so sagt Vincentz dem WDR auf Nachfrage - sei darüber nicht informiert gewesen. Die Bezirksverbände könnten aber ohne Vorgabe solche Events planen, das habe er als Demokrat zu akzeptieren.

Dabei ist offenbar weniger Björn Höcke ein großes Problem für Vincentz. Zwar ist der thüringische AfD-Politiker die Galionsfigur der Ultrarechten in der Partei und wird von weiten Teilen des NRW-Landesvorstandes abgelehnt. Aber sogar selbsterklärte "Gemäßigte" in der Partei akzeptieren inzwischen, dass Höcke Teil der Partei ist - selbst wenn er und seine Unterstützer maßgeblichen Anteil daran haben, dass die AfD ins Visier der Verfassungsschützer geraten ist.

Der Ausgeschlossene, der dabei sein darf

Vincentz größeres Problem ist Christian Blex: Im September vergangenen Jahres war der Landtagsabgeordnete aus der Fraktion geflogen. Er hatte versucht, über Russland in den Osten der Ukraine zu gelangen, um sich - wie er damals beteuerte - dort ein Bild von der Lage zu machen. Die Reise wurde bundesweit kritisch betrachtet, da die AfD vor dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs als eher pro-russisch galt. Seit Kriegsbeginn versucht die Partei dieses Image loszuwerden.

Daher wurde Blex, der schon seit Längerem umstritten war, kurzerhand aus der Landtagsfraktion geworfen. Er sitzt weiter als fraktionsloser Abgeordneter im Landtag. Allerdings blieb er Parteimitglied, da an ein Parteiausschlussverfahren sehr viel höhere juristische Hürden gelegt sind. Die Außenwirkung des gemeinsamen Auftritts - so sagt Landeschef Vincentz - sei schwierig. Vincentz spricht im Falle von Blex von einem immer noch vorhandenen "Vertrauensbruch". Den gemeinsamen Auftritt in Münster will er keinesfalls als neuerlichen Schulterschluss mit Blex verstanden wissen.

Hausgemachtes Problem aus Vincentzs eigener Fraktion?

Hinter dem Empfang steht ein weiterer Landtagsabgeordneter: Daniel Zerbin sitzt seit Mai für die AfD im Parlament. Er selber sagt, sein Bezirksverband wolle "das gesamte Meinungsspektrum der AfD abbilden". Alle Redner seien persönlich von ihm eingeladen worden.

Dass Zerbin die umstrittene Einladung an Blex ausgesprochen hat, ist wenig überraschend. Beide pflegen auch weiterhin enge Kontakte miteinander. Nach WDR-Informationen hatte sich Zerbin damals gegen den Fraktionsausschluss Blex' ausgesprochen. Mit dem von ihm organisierten Empfang dürfte Zerbin seiner Partei trotzdem weiteren Streit einbrocken. Schon kurz nach Bekanntwerden des Empfangs gab es große Unruhe in der Partei. In Mails an Journalisten war die Rede davon, dass der rechtsextreme Parteiflügel um Björn Höcke jetzt auch in NRW schleichend die Kontrolle übernehme.

Dies allem will Martin Vincentz als Parteichef nun entgegen treten. Er sagt, er sei der Parteichef für alle Strömungen in der NRW-AfD, auch wenn er sicher eher ungerne mit Björn Höcke und Christian Blex auf einer Bühne steht. Er werde aber in Münster teilnehmen und im Zusammenhang mit dem Empfang "sicher auch das ein oder andere kritisch kommentieren", so Vincentz. Außerdem - so sagt er - "canceln sich Konservative nicht untereinander".

Über das Thema berichtet der WDR u.a. im Westblick auf WDR 5.

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