Kopfbälle: Höheres Demenz-Risiko bei Profi-Fußballern - und bei Kindern?

Stand: 18.03.2023, 16:20 Uhr

Kopfbälle könnten bleibende Schäden verursachen: Profifußballer haben eine höheres Demenz-Risiko - sagt eine neue schwedische Studie. Wie gefährdet sind Kinder und Jugendliche?

Die Debatte ist nicht neu: Führen Kopfbälle beim Fußball zu bleibenden Schäden im Gehirn? Jetzt gibt es dazu neue Erkenntnisse einer schwedischen Studie: Verglichen mit der Normalbevölkerung haben Profifußballer ein etwa 1,5-faches höheres Risiko an Alzheimer oder an einer vergleichbaren Krankheit zu erkranken.

Was genau besagt die Studie?

Von den männlichen Profi-Fußballern, die zwischen 1924 und 2019 in Schwedens höchster Liga spielten, entwickelten neun Prozent im Verlauf ihres bisherigen Lebens neurodegenerative Krankheiten und damit eineinhalb Mal so viele wie in der Vergleichsgruppe, wo es sechs Prozent waren. Das besagt die schwedische Studie, die Gesundheitsdaten von 6.000 Top-Fußballern ausgewertet hat und kürzlich vom Fachblatt Lancet Public Health veröffentlicht wurde.

Als Ursache gelten wiederholte leichte Hirnverletzungen durch Kopfbälle. Dabei zeigten sich je nach Spielposition Unterschiede: Das erhöhte Demenzrisiko zeigte sich nur bei Feldspielern, nicht bei Torhütern. Wer im Tor steht, köpft den Ball deutlich seltener.

Was passiert eigentlich bei einem Kopfball?

Das Gehirn sei im Schädel von einer Flüssigkeit umgeben und werde bei einem Aufprall "nach vorne und hinten geschlagen", erklärte Professor Frank Jessen, Chefarzt der Psychiatrie und Psychotherapie an der Uniklinik Köln, dem WDR.

Warum werden Kopfbälle für Kinder nicht komplett verboten?

Kinder spielen draußen Fußball

Kinder spielen draußen Fußball

"Grundsätzlich ist das Gehirn eines Kindes wesentlich regenerationsfähiger als eines Erwachsenen", sagte Professor Jessen dem WDR. "Kinder erholen sich viel besser von Gehirnverletzungen als Erwachsene." Ein Verbot hält er für übertrieben, "weil die Geschwindigkeit der Kopfbälle bei Kindern und Jugendlichen in keiner Weise die Geschwindigkeit und die Kraft hat wie beim Profi-Fußball."

Kinderneurologen sagen, beim Kinder-Amateur-Fußball gebe es kein höheres Demenzrisiko durch Kopfbälle. Denn es komme auf die Stärke und die Häufigkeit an.

Was unternehmen die Verbände?

In England sind Kopfballtraining für unter Zwölfjährige verboten, in den USA liegt die Grenze bei zehn Jahren. Der Deutsche Fußballbund (DFB) will hingegen kein generelles Kopfball-Verbot. Er setzt lieber auf neue Spielformen, bei denen der Ball mehr auf dem Boden als hoch in der Luft sein soll. Dadurch soll die Zahl der Kopfbälle im Kinder- und Jugendfußball ab der Saison 2024/2025 deutlich reduziert werden.

Viele Jugendmannschaften gehen diesem Risiko längst aus dem Weg. "Wir brauchen kein spezifisches Kopfball-Training, weil wir der Meinung sind, dass das etwas ist, das intuitiv bei den Kindern sowieso kommt", sagt Miguel Martin, Trainer U13-Jugend Sportfreunde Troisdorf am Freitag dem WDR. Außerdem achte er darauf, dass permanent flach gespielt werde. "Wir wollen die Kinder technisch ausbilden. Und das läuft eben nicht in der Luft, sondern auf dem Boden ab."

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