Klima-Aktivisten fliegen nach Asien in den Urlaub - Debatte um Langstreckenflüge
Stand: 04.02.2023, 07:00 Uhr
Zwei Klima-Aktivisten sind nach Asien geflogen, um sich einen Traum zu erfüllen. Dafür haben sie einen Gerichtstermin geschwänzt. Solche Aktionen lenken von der Klima-Debatte ab, fürchtet ein Kommunikationsexperte.
Klima-Aktivisten wie Greta Thunberg werden genau beobachtet, wenn sie von A nach B reisen. Nutzen sie den besonders umweltschädlichen Flieger oder doch die deutlich unbedenklichere Bahn? Steigt ein Aktivist in einen Flieger, erreicht die öffentliche Debatte darüber schnell den Siedepunkt.
Was ist eigentlich passiert?
Zwei Aktivisten der Gruppe "Letzte Generation" sind Anfang der Woche nicht bei einem Gerichtprozess erschienen, in dem es um die Blockade einer Bundesstraße bei Stuttgart ging. Sie waren als Angeklagter und Zeugin geladen. Stattdessen seien sie auf einer Urlaubsreise in Bali unterwegs, berichtete die Bild-Zeitung. Das löste eine Welle der Kritik aus, an der sich etwa auch CDU-Chef Friedrich Merz mit einem hämischen Kommentar beteiligte, nachdem er von Klima-Aktivisten bei einer Veranstaltung gestört worden war.
Am Donnerstag gaben die Aktivisten in der taz eine Erklärung ab, wonach sie zwar nicht auf Bali, aber doch seit vier Monaten in Südostasien unterwegs seien. Über die Flugreise dorthin hätten sie sich "sehr viele Gedanken" gemacht, sich letztlich aber dafür entscheiden, um sich einen "langjährigen Traum" zu erfüllen. Nach eigenen Angaben hätten sie auch andere Verkehrswege geprüft und unter anderem aus Sicherheitsgründen verworfen. Diese Entscheidung sei "natürlich diskussionswürdig".
Was den verpassten Gerichtstermin betrifft, bestätigte das zuständige Amtsgericht, dass die Betreffenden mitgeteilt hätten, nicht zur Verhandlung erscheinen zu können. Der Richter habe sie aber nicht von ihrer Verpflichtung entbunden. Während auf die Aussage der Zeugin verzichtet werden könne, erhalte der Angeklagte nun einen Strafbefehl.
Was genau wird kritisiert?
Nach eigenen Angaben haben die beiden Aktivisten mit dem Flug pro Person 1,4 Tonnen des klimaschädlichen CO2 verursacht. Zum Vergleich: Ein mittelalter Benziner produziert auf derselben Strecke etwa halb so viel CO2 pro Person.
Zum Problem für Kritiker wird die Flugreise vor allem dadurch, dass sie von zwei Menschen unternommen wurde, die sich in Deutschland vehement gegen klimaschädlichen Verkehr einsetzen. Da das Flugzeug im Personenverkehr als Klimakiller gilt, ist ein Imageproblem für Kommunikationsberater Hendrik Wieduwilt die logische Folge der Reise.
Sachlich betrachtet sei die Reise mit Blick auf das Klima insgesamt kaum relevant. Entscheidend sei, wie sie wahrgenommen würde - auf der Rezeptionsebene: "Dort erwecken die Klima-Aktivisten den Eindruck, die Regeln, die für alle gelten, gelten nicht für uns. Wir kleben uns fest, ihr dürft nicht Auto fahren - wir machen eine Fernreise", sagt Wieduwilt im WDR-Gespräch.
Schaden solche Flugreisen der Klima-Bewegung?
Trotz guter Argumente auf der Sachebene denkt der Kommunikationsexperte nicht, dass es vermittelbar ist, sich einerseits vor Autos zu stellen und andererseits eine Fernreise mit dem Flugzeug zu unternehmen: "Für die Öffentlichkeit sind das Klima-Aktivisten, die bigott handeln, die mit einer Doppelmoral handeln, und das wird hängenbleiben."
Ob es um Aktivisten geht, die sich auf Straßen festkleben oder Flugreisen wie im aktuellen Fall, in der Sache helfen die Diskussionen, die sie auslösen, seiner Meinung nach nicht weiter. Sie lenken ab "von der eigentlichen Klima-Debatte", sagt Wieduwilt: "Jede Sendeminute, jede Talkshowminute, die wir darüber sprechen, ist eine Debatte, die verloren ist. Jedenfalls für die Klimabewegung, weil wir dann nicht über Klimamaßnahmen und den Klimawandel sprechen."
Die Organisation "Letzte Generation" verteidigte die Fernreise der beiden: Individuelles Verhalten sei nicht unwichtig, aber keine Voraussetzung für den Protest.