Die Garderobe in einer Kita und eine Tafel mit der Aufschrift "Geschlossen"

Personalmangel in Kitas: Was tut die Landesregierung?

Stand: 26.01.2023, 16:50 Uhr

Das Thema ist ein Dauerbrenner: In den Kitas fehlt Personal. Viele Eltern haben das spätestens während der Grippewelle sehr zu spüren bekommen. Dagegen hat die Landesregierung eine "Kita-Fachkräfteoffensive" vorgelegt.

Von Nina Magoley

Das Problem ist nicht neu und besteht auch nicht erst seit gestern: In den Kitas fehlt massiv Personal. Die Corona- und Grippewellen der vergangenen Monate haben das ohnehin wackelige System vielerorts ans Limit gebracht - hunderttausende Eltern wissen ein Lied davon zu singen.

Oft sei die Nachricht ganz überraschend gekommen, erzählt Florian Tang, der seinen Sohn am Morgen in den städtischen Kindergarten am Stadtpark in Aachen bringt: Das Kind müsse kurzfristig früher abgeholt werden, weil nicht genug Personal da sei. "Da beide Eltern in Vollzeit arbeiten, sind wir eigentlich darauf angewiesen, dass das Kind bis vier Uhr in der Kita bleiben kann", sagt er. Sein Arbeitgeber sei glücklicherweise sehr verständnisvoll, berichtet Tang, er habe aber "dementsprechend weniger gearbeitet im Dezember".

Für Kinder auch nicht einfach

Ein Vater zieht seinem Kind im Kindergarten die Jacke aus

"Der Anruf kam oft überraschend"

Auch für die Kinder sei die improvisierte Situation nicht leicht: Gerade für die Kleineren seien feste Bezugspersonen bei der Betreuung sehr wichtig. "Wenn dann Gruppen alle paar Tage spontan zusammengelegt werden müssen und die Betreuungperson wechselt, ist das nicht so einfach."

Yasemin Aydogan, Mutter der beiden Zwillingen, die gerade eintreffen, sagt, dass auch sie oft ratlos sei: Ihr Mann arbeite im Schichtdienst, sie sei oft allein mit den Kindern. Wenn dann der Anruf komme, dass die Kita heute früher schließt, und keiner einspringen könne, sei das schwierig. "Es war eine harte Zeit."

24.400 Stellen fehlen

Von der vielbeschworenen Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind Eltern mit Kita-Kindern oft noch weit entfernt. Und das, obwohl die Vorgängerregierung in NRW mit dem damaligen Familienminister Joachim Stamp (FDP) 80.000 neue Kitaplätze und 30.000 neue Betreuungsstellen geschaffen hatte. Das klingt nach viel - ist aber offenbar noch lange nicht genug.

Nach einer aktuellen Bertelsmann-Studie fehlen allein in NRW 24.400 Stellen für Erzieherinnen und Erzieher. Diese Zahl bezieht sich auf den für das Jahr 2023 erwarteten Betreuungsbedarf. Demnach fehlen 2023 "bis zu 101.600 Kita-Plätze", so die Berechnung der Bertelsmann Stiftung.

Im Dezember, als die Zahl der Krankmeldungen durch die Decke ging, sei die Kita oft am Limit gewesen, sagt Christina Zimmermann, Leiterin der Aachener Kita. "Wir mussten täglich neu schauen, wie wir den Tag stemmen können." In Aachen sind allein in den städtischen Kitas mehr als 50 Stellen unbesetzt.

Familienministerin: "Es gibt gewisse Lücken"

Familienministerin Josefine Paul (Grüne) sitzt in einem Saal des Landtags bevor die konstituierende Sitzung des Fachausschusses für Familie, Kinder und Jugend beginnt.

Familienministerin Josefine Paul, B'90/Grüne

Das Thema Fachkräftemangel in der frühkindlichen Bildung sei "zu Teilen auch in den letzten Jahren und Jahrzehnten nicht mit oberster Priorität angegangen worden", räumte die grüne Familienministerin Josefine Paul am Donnerstagmorgen im WDR Radio ein. Der "aktuelle Befund" zeige, dass die Maßnahmen der letzten Regierung nicht ausreichend gewesen seien. Es gebe nach wie vor "eine gewisse Lücke", die jetzt mit aller Anstrengung geschlossen werden müsse. Das werde aber "nicht von heute auf morgen gelingen", so Paul. Gebraucht würden "kurzfristige, aber auch langfristige Maßnahmen".

Das klingt soweit reichlich unkonkret - zumal die Grünen noch zu Oppositionszeiten den Fachkräftemangel im Kitabereich ebenfalls regelmäßig kritisiert haben und so auch die Faktenlage kennen müssten.

Am Donnerstag stellte die schwarz-grüne Regierungskoalition eine "Kita-Fachkräfteoffensive" vor, die acht Maßnahmen vorsieht, um das Problem in den Griff zu bekommen. So sollen beispielsweise künftig Verwaltungsassistenten die pädagogischen Fachkräfte entlasten, damit die sich auf ihre Erziehungsaufgabe konzentrieren können. Ausländischen Bewerbern und Quereinsteigern soll der Start erleichtert werden. Mit den Hochschulen will die Landesregierung verhandeln, mehr Studienplätze zur Kindheitspädagogik anzubieten.

"Prüfen" statt machen?

Allerdings fällt beim Lesen des Maßnahmenpapiers auf, was der FDP-Abgeordnete Marcel Hafke während der Diskussion im Landtag anmerkte: Vielen der acht Punkte stehe die Ankündigung "prüfen" vor. "Konkrete Maßnahmen? Fehlanzeige", rief Hafke und nannte die Kita-Fachkräfteoffensive "pure Augenwischerei". Die Regierung bliebe damit hinter ihren deutlich konkreter klingenden Ankündigungen im Koalitionsvertrag zurück.

Vor zwei Wochen hatte der Verband für Kitafachkräfte NRW Alarm geschlagen: Wegen des massiven Personamangels könne die Aufsichtspflicht in den Kitas nicht mehr gewährleistet werden. "Die Fachkräfte sind seelisch und körperlich an ihrer Belastungsgrenze" so Verbandschefin Maren Kremer. Oft sei einfach nicht genug Personal da, um die Fürsorgepflicht zu gewährleisten.

Zur jetzt vorgelegten "Kita-Fachkräfteoffensive" ist Kremer geteilter Meinung: Einerseits sei es gut, dass die Not der Kitas endlich von der Politik gesehen würde, sagt sie. Andererseits ist auch ihr das Maßnahmenpapier zu vage: "Es ist jetzt schon zehn nach zwölf, und wenn jetzt die Ideen erst 'geprüft' werden sollen, wird es noch lange dauern, bis etwas geschieht." Sie hätte sich "direkte Lösungen gewünscht".