Eine Hand dreht ein Thermostat an der Heizung runter

Energiekosten zu hoch: Jeder Zehnte hat noch nicht geheizt

Stand: 06.12.2022, 20:04 Uhr

Die Angst vor der nächsten Gasrechnung macht sich deutlich beim Heizverhalten bemerkbar. Wie eine aktuelle Umfrage zeigt, heizen gut zwei Drittel (68 Prozent) der Deutschen in dieser Saison weniger als noch vor einem Jahr. Hauptgrund ist für viele der Blick auf die Abrechnung.

Draußen liegt der erste Schnee und der Dezember fühlt sich richtig nach Winter an. Aber viele Menschen in Nordrhein-Westfalen können sich darüber nur wenig freuen. Die Energiekosten sind in diesem Jahr so hoch, dass manch einer sich lieber warm anzieht als die Heizung aufzudrehen. Auch im Cafe Kännchen in Hagen-Hohenlimburg versucht Chefin Natalie Krüger so lange es geht auf die Heizung zu verzichten.

"Ich versuche das so ein bisschen zu verdrängen. Bisher war das Wetter einfach so schön, dass man da noch nicht so drüber nachgedacht hat. Jetzt kam gestern der Schnee, da denkt man dann schon mal eher drüber nach. Vielleicht müssen wir sie dann jetzt doch irgendwann mal anstellen." Natalie Krüger, Cafe Kännchen in Hagen-Hohenlimburg

Sparen ist angesagt

Bei einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presseagentur gaben sogar Zehn Prozent der Befragten an, trotz mitunter winterlicher Temperaturen bis Ende November noch gar nicht geheizt zu haben. Der Hauptgrund für die niedrigeren Temperaturen in den deutschen Häusern und Wohnungen sind die gestiegenen Kosten.

Kosten motivieren zum Energiesparen

Mehr als jeder Zweite (56 Prozent) heizt weniger, um Geld zu sparen. So geht es auch Natalie Krüger vom Cafe Kännchen. Sie heizt ihr Haus momentan noch mit dem Kamin anstatt die Heizkörper aufzudrehen. Bei Klaus Bas, einer ihrer Stammkunden, wird die Heizung erst abends angestellt, wenn es dann doch zu kalt wird.

Die Ergebnisse der Studie haben Oliver Wagner nicht überrascht. Der Co-Leiter des Forschungsbereichs Energiepolitik am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie sieht aber im Ausmaß etwas Neues. Im WDR-Gespräch berichtet Wagner: "Viele Haushalte haben Angst - und das völlig zu Recht - nicht mehr Herr über ihre Finanzen zu sein".

Auch wundert es Wagner nicht, dass es in erster Linie die Sorge um das eigene Geld ist, die die Menschen dazu verleitet Energie zu sparen. Es müsse in irgendeiner Art und Weise weh tun, dann würde sich auch das Verhalten ändern, sagt der Forscher des Wuppertal Instituts. "Da braucht man sich nichts vorzumachen, am Ende geht’s übers Portemonnaie."

Bei 20 Prozent der Befragten haben höhere Außentemperaturen dafür gesorgt, dass sie die Heizung nicht so sehr aufgedreht haben. 15 Prozent möchten durch ihr verändertes Heizverhalten einen Beitrag zur Versorgungssicherheit in Deutschland leisten. Der Klimaschutz spielt laut Umfrage nur eine vergleichsweise geringe Rolle. Lediglich sechs Prozent der Befragten, gaben an, mit geringeren Raumtemperaturen das Klima schonen zu wollen.

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Trotz Preisdeckel bleibt Gas teurer

Seit Beginn des Kriegs in der Ukraine haben viele Gasanbieter ihre Preise verdoppelt oder sogar verdreifacht. Durch die Gaspreisbremse sollen Gaskunden ab März finanziell entlastet werden. Ab dem Jahr 2023 soll der Gaspreis rückwirkend für einen Grundbedarf von 80 Prozent des Verbrauchs gedeckelt werden. Für die restlichen 20 Prozent gilt weiterhin der meist wesentlich höhere Marktpreis. Dieses Modell soll Gaskunden weiter zum Sparen motivieren.

Klar ist jedoch: Trotz des Preisdeckels wird das Heizen für die meisten Haushalte wesentlich teurer. Der gedeckelte Preis von 12 Cent pro Kilowattstunde ist etwa doppelt so hoch wie der durchschnittliche Gaspreis vor einem Jahr.

Sorge vor Energiearmut

"Schon kleine Veränderungen können diese Menschen in Energiearmut treiben." Oliver S. Wagner,
Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie

Sorge bereitet dem Sozialwissenschaftler Oliver Wagner, dass vor allem diejenigen mit einem geringen Einkommen betroffen seien, die bisher nicht auf staatliche Sozialhilfen angewiesen sind. Für diese Menschen werde es richtig schlimm. Diese Menschen hätten in der Regel auch schon alle Sparmaßnahmen getroffen, erläutert er.

Heizung aus ist auch keine Lösung

Im Winter komplett aufs Heizen zu verzichten, ist jedoch trotz der gestiegenen Preise selten eine gute Idee. Die Fachleute der Verbraucherzentrale NRW raten dazu, auch wenig genutzte Räume und Schlafzimmer nicht vollständig auskühlen zu lassen. Um Schimmelbildung zu vermeiden, sollte es innerhalb der eigenen vier Wände mindestens 16 Grad warm sein. Außerdem sei auch bei kalten Außentemperaturen regelmäßiges Stoßlüften wichtig, um Schimmel zu vermeiden.