Am Samstagabend stehen Tokio Hotel auf der CSD-Bühne am Kölner Heumarkt, am Sonntag fährt die Band auf einem Wagen bei der großen Demo-Parade mit. Vorher waren Bill und Tom Kaulitz, Georg Listing und Gustav Schäfer im Interview bei 1LIVE-Moderatorin Freddie Schürheck. Ein Gespräch über den CSD in Köln, Preise in Garagen und warum Bill jahrelang verschweigen musste, dass er queer ist.
Freddie Schürheck: Ihr tretet heute Abend auf dem Heumarkt in Köln auf. Warum war es euch wichtig zu sagen, CSD-Wochenende, da kommen wir nach Köln, egal, wie schlaflos die Nacht vorher war?
Bill Kaulitz: Das war uns ganz besonders wichtig, wir haben uns tierisch über die Einladung gefreut. Wir haben letztes Jahr beim CSD in Berlin gespielt. Und ich habe gehört, in Köln ist der größte Europas. Stimmt das?
Freddie Schürheck: Es sind morgen bei der Parade, also beim Demo-Zug 1,4 Millionen Menschen dabei.
Bill Kaulitz: Wow.
Freddie Schürheck: Es ist tatsächlich die größte Demo in Deutschland und eins der größten queeren Events in Europa.
Bill Kaulitz: Siehst du, und da mussten wir natürlich dabei sein. Wir freuen uns total, dass wir gefragt wurden. Jeder, der die Netflix-Show gesehen hat, weiß, dass es einfach ein großes Thema für mich ist – auch in den letzten Jahren. Und ich finde, bei der Pride kann man nicht laut, bunt und musikalisch genug sein. Darum dachte ich, komm mal vorbei und wir spielen mal ein paar schöne Songs.
Freddie Schürheck: In eurer Netflix-Doku "Kaulitz & Kaulitz" hast du, Bill, ganz offen darüber gesprochen, dass du lange nicht offen über deine Sexualität sprechen konntest und solltest, vor allen Dingen in der ersten Zeit von eurer Band. Das waren ja sehr emotionale Momente, an denen du uns hast teilnehmen lassen. Was hast du für Reaktionen bekommen?
Bill Kaulitz: Nur sehr positive. Mich rührt das auch unglaublich, wie viele Leute dann zu mir kommen und Mut darin finden in meiner Geschichte. Die das motiviert, die das selber befreit und denen das eine Unterstützung ist. Das ist natürlich das schönste Kompliment, was man kriegen kann. Also ich freue mich da wahnsinnig drüber. Ich habe die ersten Jahre einfach sehr privat gelebt und durfte das einfach nie nach außen tragen. Und das hatte natürlich Gründe: mit dem Management und der Plattenfirma und dem Druck, den es von außen gab. Und auch mit dem Mut, weil ich dachte, ich will mein Privatleben einfach nicht so teilen. Und jetzt habe ich gemerkt: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich recht ungeniert. Einfach immer über alles reden. Über alles viel Champagner trinken.
Tom Kaulitz: Bill zieht sich eigentlich in seinen Statements immer auf entweder Tic-Tac-Toe-Texte oder Sex in the City zurück.
Bill Kaulitz: Nein, ich glaube wirklich: Durch den Podcast, dadurch, dass wir unsere Geschichte selber erzählen können und nicht irgendwelche Redakteure uns was fragen – und auch bei unserer Netflix-Serie war es ja so – können wir das einfach in unserem Tempo und in unseren Worten alleine erzählen. Das war für mich einfach das Allerschönste und auch eine Riesenbefreiung.
Freddie Schürheck: Gleichzeitig teilt Ihr dann sehr viel von euch persönlich in der Doku. Teilt ihr vielleicht auch Dinge, wo der ein oder andere hinterher sagt: Was? Ich persönlich habe zum Beispiel eine Sache, da muss ich euch gleich ein bisschen drauf ansprechen. Es ist nämlich ja auch so, dass man in der Doku sehr viel von der 1LIVE KRONE sieht.
Tom Kaulitz: Das stimmt.
Freddie Schürheck: Und man sieht da auch einen klitzekleinen Skandal. Ihr habt letztes Jahr unsere 1LIVE Unterhaltungskrone bekommen. Und dann sehe ich da in der Doku, wie ihr mit der Krone aus Bielefeld nach Los Angeles fliegt und die in eine olle Garage bringt.
Bill Kaulitz: Das ist doch keine olle Garage.
Tom Kaulitz: Das ist unser Lagerraum.
Bill Kaulitz: Das ist unser Lagerraum mit all unseren wichtigen Dingen.
Georg Listing: Was ist denn der Unterschied zwischen einem Lagerraum und einer Garage?
Tom Kaulitz: Da hängen auch Bills Kostüme. Da hängen alle Sachen, die irgendwann ins Museum kommen.
Freddie Schürheck: Ich würde das Ding jetzt Harry-Potter-Kammer nennen. So eine minikleine Sache, wo aber ganz viel reinpasst. So sieht das bei euch aus, das sieht nicht wie ein Museum aus. Georg, gib mir doch mal Recht.
Georg Listing: Ich finde es auch unverantwortlich.
Tom Kaulitz: Das ist auch kein Museum. Da haben wir nur die Sachen zwischengelagert, die dann mal ins Museum kommen.
Bill Kaulitz: Das heißt nicht, dass uns das wenig bedeutet. Ok, ich sag dir jetzt mal was: Ganz früher hatte Sarah Conner mal eine Realityshow, die hieß Sarah und Marc in Love. Da hat Marc Terrenzi ihr ein Regal gebaut im Wohnzimmer, mit einer Gardine, die sich auf- und zugefahren hat. Und da dachte ich: So werde ich niemals werden. Und deswegen stehen bei uns die Awards nicht im Wohnzimmer hinter einer Gardine, sondern schön sortiert bei uns im Lager.
Tom Kaulitz: Ich habe die Pläne, ein sehr großes Studio zu bauen. Und ich finde, im Studio können die Sachen auch hin, da können goldene Platten hin und die Preise.
Freddie Schürheck: Dann haben wir jetzt als nächstes hier in 1LIVE Taylor Swift, die war diese Woche dreimal in Gelsenkirchen…
Bill Kaulitz: …und ich bin verliebt in ihren Freund. Wir werden jetzt in Hamburg im gleichen Hotel sein, und dann ist er dran.
Freddie Schürheck: Du hast gerade so geguckt, da dachte ich, du bist Fan von ihr.
Bill Kaulitz: Nein, vom Freund [NFL-Footballer Travis Kelce, Anm.d.Red.]. Ich bin wahnsinnig eifersüchtig auf sie, wir werden auch keine Freunde mehr, weil der Freund ist mein absoluter Traummann.
Freddie Schürheck: Wir werden sie jetzt trotzdem spielen, das ist meine Rache dafür, dass die Krone bei euch im Lager liegt. Heute Abend seid ihr erst mal auf der Bühne beim CSD in Köln auf dem Heumarkt. Morgen seid ihr eben auch dabei bei der größten CSD-Demo Deutschlands mit 1,4 Millionen Leuten. Wo seid Ihr genau?
Bill Kaulitz: Ich will nichts Falsches sagen, wir sind auf einem der allerersten Wagen.
Tom Kaulitz: …wenn nicht sogar auf dem ersten Wagen…
Bill Kaulitz: Das kann natürlich sein. Wir fahren mit rum und wir werden richtig feiern. Ich suche Tom ein ganz heißes Outfit raus. Und ich bin natürlich auch ein Zirkuspferd, das heißt, bei mir wird's morgen auch freizügig.
Tom Kaulitz: Also ein „heißes Outfit“ bei mir heißt einfach nur: Ich bin warm angezogen und werde tierisch schwitzen.
Für den Online-Beitrag wurde das Hörfunk-Interview an einigen Stellen gekürzt.