Medienberichte, wonach Wolodymyr Selenskyj persönlich zur Preisverleihung erscheinen wird, wollte die Bundesregierung am Mittwoch ebenso wenig bestätigen wie eine Nachricht, dass er bereits am Vortag, 13. Mai, zu einem offiziellen Staatsbesuch in Berlin erwartet wird.
Schon bei früheren Staatsbesuchen in London oder Paris war ein Besuch Selenskyjs immer erst sehr kurzfristig angekündigt worden, um den ukrainischen Präsidenten nicht zu gefährden.
Selenskyj als "Aufrüttler" und "Vorbild"
Bereits Mitte Dezember 2022 hatte das Karlspreis-Direktorium in Aachen bekannt gegeben, an wen der Karlspreis 2023 gehen würde: nämlich an den ukrainischen Präsidenten und das ukrainische Volk. In der Begründung hieß es, der brutale russische Angriffskrieg richte sich gegen Freiheit und Demokratie. Das ukrainische Volk verteidige nicht nur die Souveränität seines Landes und das Leben seiner Bürger, sondern auch Europa und europäische Werte. Das verdiene größte Anerkennung.
Selenskyj, so das Karlspreis-Direktorium, sei Halt und Vorbild für sein Volk, aber auch für alle Europäer, die sich auf europäische Ideale besinnen. Der studierte Jurist, ehemalige Schauspieler und Vater zweier Kinder stehe gegen Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung und für das Ziel einer freien, unabhängigen und souveränen Ukraine, die Teil der europäischen Völkerfamilie ist. Für den Karlspreis und die vielen Menschen aus der Ukraine in Aachen bedeute der Preis sehr viel, "da er den anhaltenden Freiheitskampf in den Mittelpunkt rückt", sagte Aachens Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen bei der Bekanntgabe.
"Ukraine ist Teil Europas"
Das Karlspreis-Direktorium will mit der Auszeichnung unterstreichen, dass die Ukraine, wie es in der Begründung heißt, "Teil Europas ist und die Bevölkerung und ihre Regierungsvertreter, an der Spitze Präsident Wolodymyr Selenskyj, europäische Werte vertreten und deshalb die Ermutigung verdienen, rasch Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union zu führen." Ursula von der Leyen habe ihn zu Recht mit den Worten charakterisiert: "Sie sind einer von uns. Wir wollen Sie drin haben."
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst gratulierte mit den Worten, der Karlspreis 2023 sei "ein klares Signal in Zeiten des Krieges. Mit dem Karlspreis macht das demokratische Europa deutlich: Wir stehen an Eurer Seite!"
Dass die Wahl für den Karlspreis 2023 auf Selenskyj gefallen ist, kommt nicht ganz überraschend: Eine Gruppe von rund 140 Europa-Parlamentariern hatte im Frühjahr 2022 einen Sonder-Karlspreis für Selenskyj und das ukrainische Volk vorgeschlagen.
Ukrainischer Botschafter war zugeschaltet
Per Video zugeschaltet war bei der Bekanntgabe des Preisträgers in Aachen auch der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev. Er sagte, die Auszeichnung sei ein wichtiges Zeichen der Unterstützung und der Solidarität. "Die Entscheidung, den Karlspreis an Selenskyj und das ukrainische Volk zu verleihen, ermutigt uns in unserem Kampf um demokratische und europäische Werte. Wir müssen leider feststellen, dass Frieden nicht vom Himmel fällt, er muss erkämpft werden", so Makeiev.
Die Aachener Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen dankte dem Botschafter und dem ukrainischen Volk, das für Europa so viel Leid und Schmerz auf sich nehme.
Karlspreisverleihung seit 1950
Mit dem Karlspreis werden seit 1950 Personen und Institutionen gewürdigt, die sich in besonderem Maße um die Einigung Europas verdient gemacht haben. Im vergangenen Jahr waren die belarussischen Bürgerrechtlerinnen Swetlana Tichanowskaja, Veronika Tsepkalo und Maria Kolesnikowa ausgezeichnet worden für ihren mutigen Einsatz gegen brutale staatliche Willkür, Folter und Unterdrückung und für Demokratie und Menschenrechte.
Über dieses Thema haben wir am 03. Mai 2023 im WDR Fernsehen: Lokalzeit aus Aachen, 19:30 Uhr berichtet