KOLUMNE

Klimaschutz von oben funktioniert nicht!

Stand: 13.08.2022, 09:51 Uhr

Auch in den USA ist es gerade so trocken wie nie. Die Folgen des Klimawandels sind deutlich zu spüren. Katrin Brand hat dennoch Zweifel daran, dass die US-Bürger die Pläne ihres Präsidenten zum Klimaschutz mittragen werden.

Von Katrin Brand

"Badewannenring" wäre ein guter Kandidat für das "Wort des Jahres" hier in den USA. Vor allem im Westen des Landes, unter dem Eindruck einer historischen Trockenheit, sinken die Wasserspiegel der Stauseen. Und wie in einer Badewanne zeigt ein Ring an, wo das Wasser einmal am Höchsten gestanden hat. Die Differenz ist dramatisch.

Deutlich erkennbar: Der "Badewannenring" des Lake Mead (Stausee im Südwesten der USA) | Bildquelle: Craig Ruttle/Redux/laif

Anderswo in den USA steigt das Wasser auf nie gesehene Höhen. Kentucky etwa ist mehrmals von Sturmfluten heimgesucht worden und hat die Tornados aus dem vorigen Jahr noch gar nicht verarbeitet. Und große Teile des Landes - von Oklahoma bis Washington, State - müssen ständig mit neuen Flächenbränden rechnen.

Überflutete Kirche in Fleming-Neon in Kentucky (USA) | Bildquelle: The NewYorkTimes/Redux/laif

US-Klimapaket beschlossen

Es vergeht kein Morgen, an dem ich nicht mit schlimmen Nachrichten über Wetterereignisse aufwache. Kein Tag, an dem hier in den USA nicht irgendetwas verwüstet wird.

Da waren diese Woche die Schlagzeilen aus der Politik tatsächlich mal "uplifting", wie man hier sagen würde, also aufbauend. Der Senat hatte mit denkbar knapper Mehrheit von 51 zu 50 Stimmen ein gewaltiges Klimapaket beschlossen. Und am Freitag hat auch das Abgeordnetenhaus zugestimmt. Es sei das "größte Ding, das die USA jemals in Sachen Klimaschutz unternommen haben", schrieb ein Kommentator.

Die US-Regierung - sprich: die Demokraten - wollen in den nächsten zehn Jahren Hunderte Milliarden Dollar investieren, um weniger Treibhausgase zu produzieren. Minus 40 Prozent bis 2030 ist das Ziel, und es soll nicht über Verbote und Grenzwerte erreicht werden, denn sowas funktioniert hier nicht. Stattdessen gibt es Steuererleichterungen für alle, die auf Elektro-Autos und erneuerbare Energien umsatteln, die CO2 einlagern oder sauber Strom erzeugen.

Skeptiker werden wohl nicht mitmachen

Klimaschützer sind geradezu euphorisch, weil in dem Paket Dinge stehen, die niemand für möglich gehalten hätte. Und sie glauben, dass mit diesem Gesetz ein gewaltiger Schritt getan werden kann. Klar gibt es auch Schattenseiten. Zum Kompromiss gehört dazu, dass im Golf von Mexiko und in Alaska nach noch mehr Öl gebohrt werden darf. Und die Atomkraft soll eine wichtige Rolle spielen. Aber die Diskussion kennen wir ja auch in Europa.

Ich verstehe die Begeisterung, aber ich bin nicht euphorisch. Ich habe in den USA zu viele Menschen getroffen, die den menschengemachten Klimawandel für Unfug halten. So nach dem Motto: Wetter hat es immer gegeben. Und wenn ich in aktuelle Umfragen schaue, sehe ich ein sehr gemischtes Bild.

"Die meisten Amerikaner halten den Klimawandel für ein reales Ereignis und machen sich auch Sorgen. Aber sich so rigoros vom Öl abwenden, das will nur eine Minderheit." Katrin Brand, USA-Korrespondentin

Die meisten meinen, dass die USA sich international für Klimaschutz einsetzen sollten. Aber sie glauben gleichzeitig nicht, dass es etwas am Klimawandel ändern wird. Außerdem hämmern ihnen Donald Trump und die Republikaner ein, dass saubere Energie Arbeitsplätze kostet, dass sie für die USA ein Wettbewerbsnachteil ist und dass China sich sowieso kaputtlacht.

Klimaschutz braucht eine Bewegung!

Wenn die Stimmung aber so unentschlossen ist, so halb besorgt und halb resigniert, sehe ich nicht, wie der Klimaschutz hier in Schwung kommen soll. Klimaschutz von oben funktioniert in einem Land wie den USA nicht. Hier muss alles freiwillig sein. Aus Bidens Gesetzen müsste eine Bewegung werden. Aber so viel Elan kann ich gerade nicht erkennen, leider. Um Fridays For Future ist es hier still geworden, viele Amerikanerinnen und Amerikaner haben derzeit andere Sorgen. Und ich fürchte, dass, wenn das Benzin wieder billiger wird, auch das Interesse an E-Autos sinkt.

Schön, dass Joe Biden tatsächlich mal etwas zustande gebracht hat, nach Monaten des Stillstandes. Und vielleicht hilft es den Demokraten im Herbst ja auch bei den Zwischenwahlen. Als Europäerin möchte ich mich aber lieber nicht darauf verlassen. In Sachen Klimaschutz bleibt Amerika ein Wackelkandidat, immer treu dem eigenen Öl und Gas verbunden und auf das eigene Wirtschaftswachstum fixiert.

Was denken Sie? Wird Bidens Klimaschutzpaket wirklich eine Veränderung zugunsten der Umwelt bringen? Oder müssen eigentlich ganz andere Hebel in Bewegung gesetzt werden, um die Klimakatastrophe abzuwenden? Lassen Sie uns darüber diskutieren! In den Kommentaren auf WDR.de oder auf Social Media.

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Kommentare zum Thema

  • Jupp 15.08.2022, 14:59 Uhr

    Einfach speichern? Klingt nach Schildbürger die Licht mit Säcken ins Rathaus tragen wollten weil die Fenster vergessen haben. Umwandeln geht aber, Licht kann man in Strom umwandeln ins Rathaus leiten dort wieder in Licht verwandeln. Wandelt man überschüssige Energie im Sommer in Wasserstoff um könnte man den speichern; oder man wandelt in Nordafrika die Energie um in Wasserstoff und transportiert den noch Nordeuropa. Der gesamte Nordatlantik ist ein riesiger Wärmespeicher und der Golfstrom tranportiert Wärme nach Europa, aber das reicht nur für ein paar Grad. Man bräuchte schon eine ziemlich große Warmhalteplatte um Wärme einfach so zu speichern. So oder so braucht man Geld dafür und wenn unten davon nicht genug da ist wird Klimaschutz von oben schwierig.

    • Jupp wird alt 15.08.2022, 16:28 Uhr

      War als Antwort zu Anno Nühm gedacht, Kommentar 17

  • Froschkönigin 14.08.2022, 23:10 Uhr

    Der Präsident hat in amiland nix zu melden wenn die Konkurrenz es nicht will . Alles was obama zum Umweltschutz unterzeichnet hat , hat Trump wieder rückgängig gemacht . Der Umweltbehörde ist quasi handlungsunfähig weil es sofort Gerichtsbeschlüsse hagelt . Aber auch der , normale , ami findet es nicht schlimm eine klimatisierte Garage , einen beheizten Pool und riesige Kühlschränke zu besitzen . Es gibt Restaurants in denen ausschließlich Speisen und Getränke auf einweggeschirr serviert wird . Und viele Privathaushalte machen es auch , trotz Spülmaschine . Also über was regen wir uns auf ?

    • Dirk Balzer 15.08.2022, 18:36 Uhr

      Hallo, ich teile ihre Verzweiflung komplett! Aber ich finde Resignation ist keine Option

  • Anno Nühm 14.08.2022, 10:00 Uhr

    Warum speichern wir nicht die Hitze des Sommers als Energie, und nutzen diese im Winter? Geht das nicht, oder will man nicht?

    • Tack, Karl-Heinz 15.08.2022, 05:57 Uhr

      ... an sich war das schon immer eine sehr gute Idee. Ein Ernten und Einlagern der an sich kostenlosen Umweltenergien könnte jedoch zur erhebliche Überforderung und auch Interessenkonflikt werden. Eher wieder hinter die Masken und sozial vereinzeln - sieht man von den digitalen, "sozialen" Netzwerken ab. Die betriebliche Erwerbsleistung als Lebenszweck bleibt nach allen Möglichkeiten unangetastet. Einfach mit dem Speichern anfangen, statt darauf zu warten wie wir es gewohnt waren - vielleicht so.

    • Karl-Heinz Tack 15.08.2022, 06:02 Uhr

      !!