Die Hass-Botschaften kommen mit nicht bestelltem Essen: In NRW haben in letzter Zeit mehrere Moscheen per Lieferdienst Droh-Mitteilungen erhalten. Der jüngste bekannte Fall hat sich bei Lieferando in Essen ereignet. Dort ermittelt der Staatsschutz der Polizei wegen Volksverhetzung und Betrugs, wie ein Polizeisprecher am Mittwoch sagte.
Anspielung auf NSU-Mordserie
Das Vorgehen ist immer ähnlich: Ein Unbekannter bestellt online Mahlzeiten im Namen einer Moscheegemeinde an deren Adresse und schreibt in das Feld für Anmerkungen rechtsextremistische Parolen - statt der üblichen Kundenwünsche wie zum Beispiel "ohne Zwiebeln" oder "bitte besonders scharf".
In Essen stand im Anmerkungsfeld unter anderem: "Dönermord wird Volkssport!" Das berichtete die "Westdeutsche Allgemeine Zeitung" (WAZ) am Mittwoch. Die Morde der rechtsextremen Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) waren vor deren Selbstenttarnung als "Dönermorde" bezeichnet worden. Der Begriff wurde später zum "Unwort des Jahres" gewählt.
Ein oder mehrere Urheber?
Ähnliche Taten sind auch aus Bielefeld bekannt. Sechs Mal wurden allein dort in den vergangenen Tagen volksverhetzende Inhalte auf Kassenzetteln an islamische Gemeinden verschickt. Laut Polizeisprecher wurden mehrere Lieferdienste genutzt. Ein Tatverdächtiger konnte jedoch noch nicht ermittelt werden.
Man sei mit "anderen Polizeidienststellen in NRW im Austausch" über die Taten, sagte ein Bielefelder Polizeisprecher am Mittwoch. Ob es sich in den sich ähnelnden Fällen in anderen Städten um einen oder mehrere Urheber handelt, sei bisher unklar. Möglicherweise seien auch Trittbrettfahrer am Werk.
Schon Mitte Dezember habe es solche Bestellungen für die Moschee gegeben, so die Bielefelder Polizei. Auch in Münster wurde Anfang Januar ein ähnlicher Fall bekannt. In Gelsenkirchen und Osnabrück wird ebenfalls ermittelt.
Innenministerium: "Mittlere dreistellige Anzahl an Taten"
Ein Sprecher des NRW-Innenministeriums teilte dem WDR mit, dass in NRW insgesamt "eine mittlere dreistellige Anzahl an Taten bekannt geworden" ist. Unter Einbindung von IT-Experten würden derzeit Möglichkeiten erörtert, den Straftaten nachzugehen.
Lieferando: "Vollkommen inakzeptabel"
"Solche Bestellanmerkungen sind ein neues Phänomen und vollkommen inakzeptabel", sagte ein Sprecher des Lieferdienstes Lieferando am Donnerstag dem WDR. Mit Blick auf den Fall in Essen sagte er: "Wir haben den Besteller umgehend gesperrt, weitere Schritte eingeleitet und unterstützen die Ermittlungen."
Auf die Frage, wie viele Fälle seinem Lieferdienst bekannt seien, antwortetet der Lieferando-Sprecher, dem Unternehmen läge "keine Auflistung" vor. Neben Fällen in NRW seien ihm auch Fälle aus Bremen bekannt. Dort sei es jedoch nicht zur Auslieferung der Hass-Botschaften gekommen, weil die Partner-Restaurants die Bestellung nicht bearbeitet hätten.
Schutzvorkehrungen versagt
Bei den Lieferando-Fällen in NRW haben offenbar die Vorkehrungen des Unternehmens gegen Missbrauch der Bestell-Anmerkungen versagt. Genaueres wollte der Sprecher dazu nicht sagen. "Wir haben technische Schutzvorkehrungen und Details dazu würden diese Schutzvorkehrungen schwächen."
Darüberhinaus seien die Partner-Restaurants vor Ort die "allerletzte Brandmauer". Doch im Essener Fall habe auch der dortige Partner-Betrieb, bei dem die Bestellung eingegangen sei, den Kommentar offenbar nicht richtig eingeordnet. "In der Verkettung wurde die Bestellung dann ausgeführt", erklärte der Lieferando-Sprecher dem WDR.
Unsere Quellen:
- WDR-Landesstudios
- dpa
- Lieferando
- NRW-Innenministerium