Holzwürfel mit aufgedruckten Buchstaben ergeben das Wort "Döner-Morde"

Aktion für Sprachbewusstsein

"Döner-Morde" ist "Unwort des Jahres"

Stand: 17.01.2012, 10:53 Uhr

Das "Unwort des Jahres 2011" heißt "Döner-Morde". Das teilte die "Unwort"-Jury unter dem Vorsitz der Sprachwissenschaftlerin Nina Janich am Dienstag in Darmstadt mit. Das Schlagwort verharmlose die Mordserie an acht türkischstämmigen und einem griechischen Kleinunternehmer. Als Vorschlag war "Döner-Morde" 269 Mal eingereicht worden. Es ist das 21. Unwort.

Verhängnisvoller Einfluss auf die Wahrnehmung

Der Ausdruck "Döner-Morde" stehe dafür, dass die politische Dimension der Mordserie jahrelang verkannt oder willentlich ignoriert wurde, so die Jury. Die Unterstellung, die Motive der Morde seien im kriminellen Milieu von Schutzgeld- und Drogengeschäften zu suchen, sei mit dieser Bezeichnung gestützt worden. Dies habe über Jahre hinweg die Wahrnehmung vieler Menschen und gesellschaftlicher Institutionen in verhängnisvoller Weise beeinflusst.

Wort aus 923 Vorschlägen ausgewählt

Wie das Institut für Sprachwissenschaften an der TU Darmstadt weiter mitteilte, waren diesmal 923 verschiedene Wörter von mehr als 2.400 Personen vorgeschlagen worden. Am häufigsten waren dabei die Wörter "Dönermord", "Stresstest" und "Rettungsschirm" genannt worden. Die Aktion will das Sprachbewusstsein und die Sprachsensibilität in der Bevölkerung fördern. Eine Jury aus sechs Sprachexperten benennt ihrer Ansicht nach unangemessene oder inhumane Formulierungen, um damit zu sprachkritischer Sorgfalt aufzufordern. Das "Unwort des Jahres" wird seit 1991 ausgewählt. Zum "Unwort des Jahres 2010" war "alternativlos" gewählt worden. 2009 hieß das "Unwort des Jahres" "betriebsratsverseucht", 2008 "notleidende Banken" und 2007 "Herdprämie".

"Stresstest" ist bereits "Wort des Jahres"

Neben der unabhängigen, sprachkritischen Jury wählt die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS/Wiesbaden) das "Wort des Jahres". Für 2011 steht es bereits fest. "Stresstest" wurde im Dezember zum "Wort des Jahres 2011" gewählt. Der Begriff stammt aus der Humanmedizin. Er wird inzwischen auch verwendet, wenn Atomkraftwerke, Regierungen, Banken und Bahnhofsprojekte auf ihre Belastung geprüft werden.