Graichen scheidet als Staatssekretär im Wirtschaftsministerium aus

Stand: 17.05.2023, 13:49 Uhr

Der umstrittene Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen räumt seinen Posten. Das bestätigte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck auf einer Pressekonferenz.

Er stand wochenlang wegen der sogenannten Trauzeugen-Affäre in der Kritik, doch gehen musste er jetzt auch aus einem anderen Grund: Im Laufe einer internen Prüfung sind gegen Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen, Top-Mitarbeiter von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, neue Vorwürfe aufgetaucht.

Grund für sein Ausscheiden ist laut Habeck ein Sachverhalt, der bisher nicht öffentlich diskutiert worden war: die geplante finanzielle Förderung eines Projekts des BUND-Landesverbands Berlin, in dessen Vorstand die Schwester Graichens ist. Geld sei noch nicht geflossen, sagte Habeck. Der Vorgang hätte Graichen aber weder vorgelegt werden dürfen, noch hätte er ihn abzeichnen dürfen. Es handle sich um einen Compliance-Verstoß, also einen Verstoß gegen interne Ethik-Regeln.

Habeck sagte, er wisse seit Dienstag voriger Woche von dem Vorgang. Eine erste, oberflächliche Einschätzung sei entlastend ausgefallen. Das habe sich mit einer gründlicheren Prüfung geändert.

Graichen und die Trauzeugen-Affäre

Graichen war zuletzt zudem wegen seiner Beteiligung an der Auswahl seines Trauzeugen für den Chefposten der bundeseigenen Deutschen Energie-Agentur in die Kritik geraten.

Die Stelle war zunächst dem früheren Berliner Grünen-Politiker Michael Schäfer zugesprochen worden - dabei hatte Graichen nicht transparent gemacht, dass dieser sein Trauzeuge war. Inzwischen läuft ein neues Besetzungsverfahren für einen Chefposten bei der staatlichen Deutschen Energie-Agentur. Sowohl Graichen als auch Habeck sprechen mittlerweile von einem Fehler. Das Verfahren zur Personalauswahl soll neu aufgerollt werden.

Habeck: "Der eine Fehler zu viel"

Habeck erklärte, die Fehler seien unterschiedlich gravierend, aber es sei "der eine Fehler zu viel." Deshalb habe er die Entscheidung getroffen, den Bundespräsidenten zu bitten, Graichen zu entlassen. "Das ist eine weitreichende, schwere Entscheidung - weitreichend für mein Haus, schwer für mich und sehr hart für Patrick Graichen. Es geht aber darum, das Vertrauen in die Arbeit dieses Hauses als Institution zu schützen. Es geht darum, die politische Handlungsfähigkeit zu wahren."

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Aufträge für ein Institut, an dem Bruder und Schwestern arbeiten

Kritisiert wurden außerdem Graichens familiären Verbindungen zum Öko-Institut - hier soll eine Prüfung laut Habeck eine Entlastung ergeben haben. Die Forschungs- und Beratungseinrichtung hatte immer wieder Aufträge des Ministeriums für Gutachten und Studien bekommen. Am Institut arbeiten unter anderem Graichens Schwester und Bruder.

Zu diesem Fall erklärte Habeck, es sei geprüft worden, ob die Anzahl der Aufträge an das Institut unter Graichen im Vergleich zu seinem Vorgänger gestiegen ist. Laut Auswertung soll das nicht der Fall gewesen sein.

Über dieses Thema berichten wir auch im WDR-Hörfunk und in der Aktuellen Stunde im WDR Fernsehen.

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