Gas-Knappheit: Das kommt auf Haushalte zu

Stand: 02.07.2022, 14:13 Uhr

Die Gaslieferungen aus Russland sind aktuell sehr unverlässlich. Was passiert, wenn tatsächlich kein Gas mehr kommt? Wer muss zuerst verzichten?

Die Politik bittet die Menschen, Gas zu sparen - "jede Kilowattstunde zählt", sagte die neu vereidigte NRW-Wirtschaftsministerin Neubaur nach einem Treffen mit ihren Amtskollegen. Noch ist es warm, es wird wenig Gas gebraucht - doch die Lage ist angespannt: Für den Winter müssen die Speicher noch deutlich voller werden. Wenn das nicht klappt, könnte es Einschränkungen im Alltag geben.

Wo wird zuerst gespart?

Laut Notfallplan der Bundesregierung muss erst die Wirtschaft ihren Gasverbrauch drosseln. Welche Unternehmen das genau sind, ist noch nicht bekannt - aber es gibt ein paar Anhaltspunkte. Zuerst wird wohl der Freizeitbereich heruntergefahren, beispielsweise könnten dann Schwimmbäder ihre Becken nicht mehr beheizen.

Außerdem wird geschaut: Wo sind die wirtschaftlichen Auswirkungen beim Abschalten am Geringsten? Und welche Unternehmen können ihren Betrieb überhaupt kurzfristig herunterfahren? Manche brauchen dafür aus technischen Gründen eine größere Vorlaufzeit. Und es geht zuerst auf die Großen: Firmen, die weniger als 1,5 Millionen Kilowattstunden im Jahr verbrauchen, sind erst einmal geschützt.

Wird auch das Gas für Privathaushalte rationiert?

Das wäre wohl erst der letzte Schritt. Zwar denkt laut "Welt am Sonntag" die Stadt Hamburg darüber nach, warmes Wasser für Privatleute zu begrenzen - doch das würde nicht zu dem passen, was die Bundesregierung eigentlich beschlossen hat: Privathaushalte sind besonders geschützt und müssen erstmal nicht mit Rationierung rechnen.

Trotzdem könnte man in Wohnungen und Häusern theoretisch eine Menge einsparen: Rund die Hälfte der deutschen Haushalte heizt mit Gas. Die Bundesnetzagentur empfiehlt zum Beispiel, die Heizkörper und den Brennwertkessel vom Profi checken zu lassen. Damit könne man den Verbrauch deutlich senken. Das würde das eigene Portemonnaie schonen - und uns besser auf den Winter vorbereiten.

Wie ist der Stand im Moment?

Die Gasspeicher in Deutschland sind aktuell zu gut 60 Prozent gefüllt - Tendenz steigend. Doch das könnte trotzdem zu wenig sein. Laut Gesetz müssen die Speicher nämlich spätestens zum 1. November bei 90 Prozent stehen, um die Versorgung im Winter zu gewährleisten.

Durch die Pipeline "Nord Stream 1" kommt aber zurzeit deutlich weniger russisches Gas als normalerweise. Die Bundesnetzagentur schreibt: Wenn das so bleibt, dann sind die 90 Prozent kaum rechtzeitig zu schaffen.

Könnte Russland das Gas ganz abdrehen?

Auch das kann passieren. Einige Experten befürchten, dass das schon bald der Fall sein könnte - nämlich, wenn "Nord Stream 1" demnächst planmäßig gewartet wird. Das wird jedes Jahr gemacht, währenddessen kann kein Gas durch die Pipeline fließen. "Wir fragen uns, ob aus dieser technischen Wartung eine länger andauernde politische Wartung wird", sagt der Chef der Bundesnetzagentur, Müller, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Damit meint er: Russland könnte die Wartung als Vorwand nutzen, die Gaslieferungen noch weiter zu drosseln, um politischen Druck aufzubauen. Denn auch für die aktuell geringeren Mengen, die durch Nord Stream 1 fließen, gibt es offiziell "technische Gründe" - die jedoch von Experten bezweifelt werden.

Weitere Themen