Heike Henkenherm-Janssen ist Bussfahrerin während der EM in Dortmund

Busfahrerin während der EM: "Manche melden sich extra zum Dienst"

Stand: 18.06.2024, 06:00 Uhr

Heike Henkenherm-Janssen ist seit 32 Jahren, 5 Monaten und 15 Tagen Busfahrerin. Ob Italien gegen Albanien oder Türkei gegen Georgien - Heike und ihre Kollegen fahren die Fans zu allen Spielen der Fußball-EM in Dortmund.

Von Catharina Coblenz

An dem Betriebshof, an dem Heike gerade steht, hat sie vor über 32 Jahren ihre Ausbildung begonnen. Heute bildet sie selbst junge Busfahrerinnen und Busfahrer aus. Damals waren Frauen hier noch eher eine Seltenheit – Heike war eine von 25 Frauen unter etwa 500 Mitarbeitern die hier beschäftigt waren. Selbst sagt sie dazu: "Ich war schon immer ein Rebell." Vieles hat sich seither geändert. Heute sagt sie, sei sie schon so lange im Betrieb, dass sie "blind rückwärts um die Ecke fahren könnte."

„Wenn man so lange hier arbeitet, dann hat man fast alles gesehen.“   Heike Henkenherm-Janssen, Busfahrerin

Menschen wie Heike tragen mit ihrem Beruf einen Großteil dazu bei, dass die Fußball-EM in Deutschland und auch hier in NRW so reibungslos abläuft. Sie fahren die Fans zu den Stadien, zu den Fanmeilen, zum Public Viewing und im Anschluss sorgen sie dafür, dass auch alle wieder sicher nach Hause kommen. Doch was bedeutet es eigentlich Busfahrerin oder Busfahrer zu sein? Besonders bei einem großen Event, wie der Fußball-EM?

Friedliche Fans mit viel guter Stimmung

Heike Henkenherm-Janssen ist Bussfahrerin während der EM in Dortmund

Heike Henkenherm-Janssen mit dem Team-Shirt zur EM

Heike hat die Menschen in Dortmund schon bei vielen Fußballevents gefahren und sie kann sagen: "Mit Fußballfans habe ich noch keine schlechten Erfahrungen gemacht". Ganz im Gegenteil: Die Stimmung im Bus ist meist sehr gut. So gut, dass man zum Teil sogar von der Stimmung mitgerissen wird - "auch wenn man selbst überhaupt kein Fußballfan ist". Zum Teil würden sich Kollegen sogar extra für Dienste melden, die auf Events wie die Fußball-EM fallen.  

Meist wären Fans beider Mannschaften in den Bussen versammelt und oft würde dann auch lauthals gesungen. Die Lieder beider Mannschaften - oft auch gleichzeitig. Aber alle würden zusammen feiern, es wäre eine super Stimmung und bislang verhielten sich die EM-Fußballfans in Dortmund auch absolut friedlich.

Mehr Dienste, mehr Aufgaben, mehr Stress

Gleichzeitig bedeutet die EM laut Heike jedoch auch mehr Stress für die Busfahrerinnen und Busfahrer, da einige Zusatzschichten besetzt werden müssten und die Fahrten selbst zum Teil auch stressiger seien. Denn: Bei den EM-Spielen reisen viele Menschen von außerhalb an, die nicht ortskundig sind. Diesen Menschen "hier und da was zu erklären", bedeute viel mehr Aufwand. Wenn die Leute dann noch aus dem Ausland angereist seien, käme oft auch noch die Sprachbarriere hinzu, wodurch die Erklärungen nochmals zeitaufwendiger wären. Parallel müsse der Fahrplan eingehalten werden.

Und dann kann es auch mal vorkommen, dass bei einem Fanmarsch Tausende durch die Stadt ziehen und den Verkehr lahmlegen, wie vergangenen Samstag die albanischen Fans bei dem Spiel gegen Italien. "Dann stehst du da erstmal ne halbe Stunde", sagt Heike.

"Bitte während der Fahrt nicht mit dem Fahrer sprechen"

Heike Henkenherm-Janssen ist Bussfahrerin während der EM in Dortmund

Wie viele der Reisenden Heike Henkenherm-Janssen sehen

Doch auch im normalen Alltag haben Busfahrerinnen und Busfahrer eine Vielzahl von Aufgaben. Während ihrem Dienst muss Heike viele Dinge gleichzeitig beachten - den Straßenverkehr, andere Verkehrsteilnehmer, die Kontrolle der Tickets und die Beantwortung von Fragen. Und wenn sie Fehler macht, dann kann das für alle Beteiligten sogar gefährlich werden. 

Wenn Heike den Bus fährt, übernimmt sie die Verantwortung für die Sicherheit aller im Bus. Doch wenn es im Bus sehr laut ist, wie jetzt zum Teil bei der EM, dann fällt es laut Heike oft schwer sich weiter auf alles gleichzeitig zu konzentrieren. Also: "Bitte während der Fahrt nicht mit dem Fahrer sprechen."

„Da drückt man lieber mal ein Auge zu“

Eine weitere schwierige Aufgabe ist es, Verbote durchzusetzen, wie beispielsweise, dass Essen und Trinken im Bus verboten ist. Ein Verbot, das nicht ohne Grund eingeführt wurde. Früher musste Heike oft nach der Fahrt erstmal das Essen von den Sitzen abkratzen, oder die ganzen leeren Flaschen im Bus einsammeln. Doch es hält sich auch jetzt längst nicht jeder daran, was im normalen Arbeitsalltag oft zu leidigen Diskussionen zwischen ihr und den Fahrgästen führt.

Bei einer Großveranstaltung wie der jetzigen Fußball-EM verzichtet sie jedoch lieber auf Diskussionen. "Da drückt man lieber mal ein Auge zu – vielleicht auch schonmal zwei", sagt Heike, "weil man sonst überhaupt nicht mehr weiter kommen würde." - Und der Fahrplan muss ja irgendwie eingehalten werden.

Deeskalation "ja" - sich selbst in Gefahr bringen "nein"

Heike Henkenherm-Janssen ist Bussfahrerin während der EM in Dortmund

Heike Henkenherm-Janssen an ihrem Arbeitsplatz

Auch wenn die Stimmung zwischen den Fans meist gut ist, auch bei alltäglichen Fahrten kommt es im Bus auch schon mal zu Auseinandersetzungen zwischen den Fahrgästen. Ein Szenario, das natürlich auch unter Fußballfans der EM nicht ausgeschlossen werden kann.

"In solchen Situationen würde ich selber auch aussteigen, mich in Sicherheit bringen und dann die Polizei und die Leitstelle informieren, dass ich hier Hilfe brauche." Heike Henkenherm-Janssen, Busfahrerin

Auf die Frage, wie man dann in solchen Situationen reagiert, antwortet Heike, dass man erstmal einschätzen muss, wie die Fahrgäste "drauf sind". Bei kleineren Auseinandersetzungen reicht oft schon ein "grober Spruch", wie zum Beispiel "Jungs, meint ihr, ihr könnt euch auch benehmen?" um die Situation zu deeskalieren. Wenn es jedoch gewalttätig wird, dann gilt es sich selbst in Sicherheit zu bringen und die Polizei zu verständigen.

Fußball und Dortmund

In der Vergangenheit ist Heike auch schon häufiger gefahren, wenn der BVB in Dortmund gespielt hat. In diesem Zusammenhang betont sie die besondere Art der Dortmunder, wenn es darum geht Fußball zu feiern - besonders den BVB. Deutlich in Erinnerung geblieben ist ihr hier das Champions League Finale zwischen Dortmund und Real Madrid am 1. Juni: "Die ganze Stadt hat sich in schwarz-gelb bewegt. Alle waren so auf Dortmund eingestellt. Da war die Stadt plötzlich eine Einheit."

Jetzt bei der EM ist es für sie bislang nicht ganz das Gleiche, weil die Stadt jetzt nicht selbst feiert, sondern die Gäste die Stimmung mitbringen. Aber auch die mitgebrachte Stimmung ist gut und es bleibt abzuwarten, wie die Stimmung sein wird, sollte Deutschland weiterkommen und im Achtelfinale im Dortmunder Stadion spielen.

Ob bei der jetzigen EM oder an einem normalen anderen Tag: "Busfahren ist nicht einfach nur im Kreis rumfahren", sagt Heike. Heute, wenn in Dortmund die Türkei und Georgien gegeneinander spielen, ist Heike wieder im Dienst. Gute Fahrt!

Quellen:

  • Gespräch mit Heike Henkenherm-Janssen
  • Infos vom Unternehmen DSW 21
  • WDR-Reporterin vor Ort

Über dieses Thema berichten wir im WDR am 18.06.2024 auch im Fernsehen: Aktuelle Stunde, 18.45 Uhr.