Mit dem Ziel des besseren Klimaschutzes will die Bundesregierung beim Heizen weg von Öl und Gas. Ab 2024 dürfen neue Gasheizungen nur noch sehr eingeschränkt eingebaut werden - so die Pläne für das neue Heizungsgesetz. Eine Alternative: Wärmepumpen. Doch diese sind teuer und nicht für jede Art von Haus oder Wohnung die richtige Wahl. Eine andere Möglichkeit: der Anschluss ans Fernwärmenetz.
Mittelfristig sollten jährlich mindestens 100.000 Gebäude neu an Wärmenetze angeschlossen werden, erklärten am Montag Vertreter aus Wirtschaft und Bundesregierung. Doch wie funktioniert Fernwärme überhaupt? Ist das System vergleichbar mit der Technik der Wärmepumpe? Und welche Vor- und Nachteile hat Fernwärme? Fragen und Antworten.
Wie funktioniert Fernwärme?
Fernwärme ist Wärme, die nicht im Wohnhaus erzeugt wird, sondern aus einem Kraft- oder Heizwerk in der Umgebung kommt. Meistens wird dort Wasser erhitzt, das dann durch isolierte Rohre in die Häuser geleitet wird. Etwa jede siebte Wohnung in Deutschland wird mit Fernwärme beheizt, 2020 lag die Trassenlänge bei mehr als 31.000 Kilometern.
Wie umweltfreundlich ist Fernwärme?
Aktuell stammen bundesweit rund 70 Prozent der Energie für die Fernwärme aus klimaschädlichen, fossilen Energieträgern, also vor allem Kohle und Gas. Allerdings hat Fernwärme, die aus einem Heizkraftwerk kommt, das Kraft-Wärme-Kopplung nutzt, eine besondere Energieeffizienz. Das heißt, in dem Kraftwerk werden sowohl Strom als auch Wärme produziert und beides genutzt. Dadurch liegt die Energieausbeute bei bis zu 80 Prozent. Dazu kommt, dass teilweise auch Wärme, die bei Vorgängen in der Industrie ohnehin anfällt, in das Fernwärmenetz eingespeist wird.
Laut Clemens Felsmann, Professor für Gebäudeenergietechnik und Wärmeversorgung an der Technischen Universität Dresden, basiert Fernwärme noch vorrangig auf fossilen Energieträgern und ist aktuell noch weit davon entfernt, treibhausgasneutral zu sein. "Entscheidend ist aber, dass sie es bis 2045 werden kann", sagt er. Deshalb hält er sie für eine sinnvolle Alternative zur Wärmepumpe, gerade in dicht besiedelten Gebieten.
Wie kann Fernwärme klimafreundlicher werden?
Nach Informationen einer Potenzialstudie des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbrauscherschutz (LANUV) NRW von 2021 wird die Energie in den Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen in Nordrhein-Westfalen zu 90 Prozent aus fossilen Energieträgern gewonnen. Bei der erzeugten Wärme sieht es ähnlich aus. Sie kommt zu mehr als 76 Prozent aus Erdgas, Steinkohle und Braunkohle.
"Deshalb wirkt es schizophren, wenn man jetzt die Öl- oder Gasheizung durch Fernwärme ersetzt, die ebenso aus fossilen Energieträgern gespeist wird", sagt Felsmann. "Doch wenn der Umbau der Strom- und Wärmenetze hin zu erneuerbaren Energien gelingt, dann wird auch die Fernwärme umweltfreundlicher." Doch damit dann auch möglichst viele Haushalte mit Fernwärme versorgt werden, müsse eben jetzt schon mit dem Umbau begonnen werden.
Ist Fernwärme überall verfügbar?
Die Fernwärmenetze in Deutschland sind laut Felsmann in sehr gutem Zustand. Flächendeckend sind die Netze jedoch nicht. "In diesem Zusammenhang muss man sich aber die Frage stellen, ob man einzelne, weit abgelegene Gebiete an das Netz anschließen will." Gerade in dicht bewohnten Innenstädten sei dies hingegen sinnvoll. "Hier kann man mit dem Anschluss von einem Gebäude mit vielen Wohnungen mit vergleichsweise wenig Aufwand sehr viel Wohnfläche mit Wärme versorgen", sagt Felsmann. Dazu komme, dass sich in diesen Bereichen die Versorgung durch Wärmepumpen nicht unbedingt anbietet. "Mal abgesehen vom Platz geht es auch um den Lärm, der entsteht, wenn so viele Wärmepumpen auf einer kleinen Fläche stehen."
Welchen Vorteil haben Verbraucher durch den Einsatz von Fernwärme?
Laut dem Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden (GEG) ist der Anschluss ans Fernwärmenetz gleichwertig mit dem Installieren einer Wärmepumpe zum Heizen. "Der Besitzer des Hauses muss dann keinen Nachweis mehr erbringen, ob die Wärme zu mindestens 65 Prozent aus erneuerbaren Energien erzeugt wird", erklärt Felsmann. "Auch wenn das heute noch nicht der Fall ist."
Ein weiterer Vorteil beim Umstieg auf Fernwärme ist, dass Verbraucher keine neue Heizungsanlage bzw. einen Heizkessel installieren müssen. Für den Anschluss eines Gebäudes ans Fernwärmenetz entstehen laut Verbraucherzentrale einmalig Kosten zwischen 8.000 und 15.000 Euro. Demnach unterstützen einige Stadtwerke und Kommunen diesen Schritt sogar mit einem Zuschuss von etwa 500 bis 3.000 Euro.
Gibt es auch Nachteile?
Einer der größten Nachteile als Fernwärmenetz-Kunde ist, dass die Anbieter eine absolute Monopolstellung haben. "Anders als bei Strom und Gas können Verbraucher den Fernwärme-Lieferanten deswegen nicht wechseln", heißt es dazu von der Verbraucherzentrale. Das sei insbesondere dann von Nachteil, wenn der Lieferant überdurchschnittlich teuer ist.
Über dieses Thema berichten wir am 12.6.23 auch im WDR Fernsehen.