Disqualifikation von ukrainischer Fechterin aufgehoben

Aktuelle Stunde 29.07.2023 29:15 Min. UT Verfügbar bis 29.07.2026 WDR Von Meike Hendriksen, Sascha Schwarz

Nach Diskussion um Olha Charlan: Wie umgehen mit russischen Sportlern?

Stand: 30.07.2023, 13:12 Uhr

Die ukrainische Fechterin Olha Charlan verweigert ihrer russsichen Kontrahentin den Handschlag - und wird vorübergehend suspendiert. Der Fall sorgt weiter für Diskussionen: Sollten russische Sportler wegen des Kriegs bei internationalen Wettkämpfen überhaupt antreten dürfen?

Es war ein emotionaler Moment für die erfahrene Säbelfechterin Olha Charlan: Die Olympiasiegerin von 2008 schreit am Donnerstag nach ihrem Sieg gegen die junge Russin Anna Smirnova bei der Weltmeisterschaft in Mailand vor Freude.

Fechterin bei der Fechtweltmeisterschaft

Nachdem die unter neutraler Flagge angetretene Smirnova ihr die Hand entgegenstreckt, hält Charlan ihr jedoch nur den Säbel entgegen - und geht. Dabei beendet der Handschlag eigentlich jeden Fechtkampf offiziell. Die Russin Smirnova setzt sich danach auf einen Stuhl und wartet demonstrativ. Doch der Handschlag kommt nicht. Stattdessen wird die Ukrainerin Charlan disqualifiziert.

Fechterin Anna Smirnova bei der Weltmeisterschaft

Das sei eine Bestätigung dessen, "was wir befürchtet haben", sagt die deutsche Fechterin Léa Krüger dem WDR. Zum ersten Mal habe es die Situation gegeben, dass eine ukrainische und eine russische Sportlerin aufeinandertreffen. "Da erleben wir gerade hautnah, wie diese ganze Politik im Sport eine riesengroße Rolle spielt."

Und tatsächlich überlagert wegen des Angriffs auf die Ukraine der Umgang mit den Athletinnen und Athleten aus Russland immer wieder sportliche Fragen. So ist zum Beispiel ein Jahr vor den Olympischen Spielen in Paris noch immer nicht geklärt, ob Sportler aus Russland als neutrale Athleten antreten dürfen. Das Internationale Olympische Komitee will zu gegebener Zeit darüber entscheiden.

"Zerreißprobe" im internationalen Sport

Und je nach Sportart wird das Thema bei Wettkämpfen gerade ganz unterschiedlich gehandhabt - die Verbände finden hier keine einheitliche Linie. Bei der Schwimm-WM in Japan durften Russen und Belarussen nicht starten. Beim Tennis und Fechten sieht es zum Beispiel anders aus.

ARD-Sportjournalist Robert Kempe sieht eine "Zerreißprobe" im internationalen Sport. Dort sei man sich nicht einig, wie man mit den Russinen und Russen umgehen soll.

Der Imageschaden sei immens, findet Kempe. Und aus seiner Sicht sind die Empfehlungen des IOC schwammig: So sollen zwar keine Sportlerinnen und Sportler teilnehmen dürfen, die aktiv den russischen Krieg unterstützen. Doch was zählt dazu - auch schon ein Like in sozialen Medien?

Ausschluss russischer Sportler gefordert

Fechterin Léa Krüger, die den Verband Athleten Deutschland vertritt, spricht im WDR von einem "Flickenteppich". Sie ist für eine klare Regelung: Ein Ausschluss der russsichen Athleten sei der einzige Weg, um "ein bisschen Ruhe reinzubringen".

Die für den Sport zuständige Bundesinnenministerin Nancy Faeser sieht es ähnlich. Für sie kann es in der Frage nur eine Antwort geben: "Russland hat im Moment im internationalen Sport nichts zu suchen", twitterte die SPD-Politikerin.

"Die volle Solidarität des Sports muss der Ukraine gelten". Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD)

Einreiseverbot für russische Tennis-Spielerinnen in Tschechien

Manche Länder haben auch schon einen klaren Umgang mit Sportlern aus Russland gefunden. Zum Beispiel hat Tschechien nach Polen als zweites EU-Land einer Tennis-Spielerin aus Russland Ende Juli die Einreise verweigert. Die Spielerin wollte am WTA-Turnier "Prague Open" teilnehmen. Nach der Landung am Flughafen wurde sie jedoch kontrolliert und daran gehindert, tschechisches Territorium zu betreten.

Alle anderen Spielerinnen aus Russland und Belarus, die sich zu dem Tennis-Turnier angemeldet hätten, würden ebenfalls keine Einreiseerlaubnis erhalten, teilten die Behörden in Prag mit.

Charlans Suspendierung aufgehoben - Debatte geht weiter

Mittlerweile hat der Fecht-Weltverband FIE die Suspendierung von Olha Charlan bei der WM in Mailand aufgehoben. Damit konnte sie am Samstag im Teamwettbewerb an den Start gehen. Die FIE hat außerdem ihre umstrittene Regel geändert: Der Handschlag nach einem Gefecht ist jetzt nicht mehr verpflichtend. Die Debatte um den richtigen Umgang mit russischen Athleten geht jedoch weiter.

Über dieses Thema berichtet der WDR auch im Hörfunk und Fernsehen - etwa in der Aktuellen Stunde am 29. Juli 2023.

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