ESC: Sollte Deutschland eine Pause einlegen?

Stand: 15.05.2023, 18:34 Uhr

Sollen wir uns das überhaupt noch antun? Nach dem erneuten spektakulären letzten Platz beim ESC-Finale 2023 diskutiert Deutschland über nationale Platzierungen beziehungsweise den Spaß an der Freud.

Sind wir wirklich so unbeliebt? Beim diesjährigen Eurovision Song Contest in Liverpool ist der deutsche Beitrag offenbar nicht gut angekommen. Die Rock-Band Lord of the Lost erreichte nur den letzten von 26 Plätzen. Letzter wurde auch ein Jahr zuvor Malik Harris mit "Rockstars", 2021 wurde Jendrik mit "I Don't Feel Hate" Vorletzter. Die Jahre zuvor sah es für die deutschen ESC-Kandidaten nicht viel besser aus.

Auszeit wegen fehlender Sympathie?

Inzwischen glauben einige den Hass zu spüren. "Die mögen uns einfach nicht", schrieb etwa Entertainer Thomas Gottschalk bei Instagram.

"Bei aller Liebe, aber wir werden vom Rest Europas doch inzwischen verarscht, was die Bewertung beim ESC betrifft." Thomas Gottschalk
Guildo Horn

Guildo Horn rät zu einer Auszeit vom ESC-Contest.

Angesichts der Pleiteserie diskutieren jetzt viele Leute, ob es sinnvoll sei, dass Deutschland weiter am ESC teilnimmt. Ein erfolgreicher Teilnehmer von 1998 ist jedenfalls für eine Auszeit: Guildo Horn, der mit dem Song "Guildo hat euch lieb" von Stefan Raab den siebten Platz erreichte, schrieb bei Facebook:

"Mein Tipp: Einfach mal pausieren und das gesparte Geld (Deutschland ist ja einer der großen Geldgeber des ESC) vernünftig investieren." Guildo Horn, Sänger & ESC-Teilnehmer

NDR: Deutschland ist 2024 wieder dabei

Dieser totalen Abstinenz hat der bei der ARD zuständige Norddeutsche Rundfunk aber am Montag bereits eine Absage erteilt. Man sei jedes Jahr mit großer Freude dabei und das bleibe auch so, sagte eine NDR-Sprecherin.

"Deutschland ist ein so vielfältiger, spannender und auch innovativer Musikmarkt, es gibt deshalb überhaupt keinen Grund, nicht wieder anzutreten." Sprecherin des Norddeutschen Rundfunks

Der NDR betonte, auch 2024 werde das Finale - diesmal live aus Schweden - im Ersten übertragen. Die größte Musikshow Europas sei zugleich auch eine der erfolgreichsten Shows im deutschen Fernsehen. Es gebe nur wenige Events, die wie am Samstagabend fast acht Millionen Menschen aus allen Generationen erreichen.

Und jetzt? Ralph Siegel, Stefan Raab oder gar Böhmermann?

Ralph Siegel

In den 80ern wurde Ralph Siegel als Mister Grand Prix bezeichnet

Komponist Ralph Siegel hatte sich bereits vor dem ESC geäußert und vor allem darauf hingewiesen, dass unser Beitrag auch den Geschmack der anderen Länder treffen müsse. Aber Siegel hatte auch vorhergesagt, dass Deutschland in diesem Jahr gut abschneiden werde.

In der WDR-Community auf Facebook gibt es Stimmen, die politische Motive als Grund für das schlechte Abschneiden vermuten. Wieder andere kritisieren die Musik und wünschen sich Ralph Siegel oder auch Stefan Raab zurück, die beide jeweils einen Sieger-Song für den ESC geschrieben haben.

Und einige wünschen sich auch Jan Böhmermann, der sich mit seinem Song "Allemagne Zero Points" als Kandidat empfohlen hat.

Spaßige Mai-Party mit europäischen Nachbarn

Porträtbild Christian Beisenherz

Moderator Christian Beisenherz ist gegen eine ESC-Pause.

Aber wie wichtig ist eine nationale Platzierung bei einem Wettbewerb wie dem ESC eigentlich? Der ESC sei mehr als vorne oder hinten landen, mehr als Punkte kriegen, sagt WDR-Redakteur Christian Beisenherz, der den ESC seit vielen Jahren beobachtet.

"ESC ist eine große Party mit den europäischen Nachbarinnen und Nachbarn, wo wir ein paar Stunden Mitte Mai Spaß miteinander haben - und das sollten wir uns nicht nehmen lassen." Christian Beisenherz, WDR-Redakteur

Beisenherz ist gegen eine ESC-Pause, die seiner Meinung nach auch nichts bringen würde: "Was sollte nach drei Jahren anders sein? Können wir dann plötzlich gute, überzeugende Songs machen?"

Der letzte Sieg ist doch erst 13 Jahre her...

Auch ESC-Experte Marspet Movsisyan macht Hoffnung, schließlich sei es erst 13 Jahre her, dass Lena gewonnen hat. Bei durchschnittlich etwa 40 teilnehmenden Ländern sei das keine schlechte Quote. Der ESC sei zudem nie ein reiner Wettbewerb gewesen, sagt Movsisyan:

"ESC bedeutet Kulturverständigung und gerade das brauchen wir in Europa heute einmal mehr als vor einigen Jahren. ESC ist gemeinsames Feiern von Zusammenhalt und geteilten Werten." ESC-Experte Marspet Movsisyan

Übrigens, so ganz erfolglos waren die letztplatzierten Lord of the Lost nicht: Am Wochenende schoss ihr Album "Blood & Glitter" auf Platz drei in Deutschland, obwohl es schon im Dezember veröffentlicht wurde.

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