Boris Johnson bleibt im Amt - zumindest vorerst

Stand: 07.06.2022, 07:51 Uhr

In Großbritannien hat Regierungschef Boris Johnson am Montagabend ein Misstrauensvotum seiner Partei überstanden. Trotzdem gilt er als schwer angeschlagen.

Das Ergebnis war knapper als erwartet: 211 seiner Fraktionskollegen stimmten für Boris Johnson, 148 votierten für seine Abwahl als Parteichef und damit auch als Premierminister. 32 Stimmen fehlten, dann hätte Boris Johnson zurücktreten müssen.

Mit mehr als 40 Prozent Gegenstimmen in der eigenen Fraktion fuhr Johnson ein schlechteres Ergebnis ein als seine Vorgängerin Theresa May, die sich im Jahr 2018 auf dem Höhepunkt der Brexit-Querelen einem Misstrauensvotum stellen musste. Sie sah sich rund ein halbes Jahr danach zum Rücktritt gezwungen.

Boris Johnson gilt damit als schwer angeschlagen in seiner Autorität. Zwar darf es - entsprechend den Regeln der Konservativen Partei - nun für zwölf Monaten kein weiteres Misstrauensvotum mehr geben. ARD-Korrespondentin Annette Dittert vermutet aber, dass jetzt "der Bürgerkrieg bei den Tories erst richtig losgeht".

Der Premier selbst bemühte sich, das Ergebnis als großen Erfolg darzustellen. "Ich glaube, das ist ein extrem gutes, positives, abschließendes und deutliches Ergebnis. Jetzt können wir uns darauf konzentrieren, wieder politisch abzuliefern", sagte Johnson nach der Abstimmung in einem Fernsehinterview.

Auslöser für das Misstrauensvotum war die Partygate-Affäre um illegale Feiern während der Corona-Lockdowns in der Pandemie. Im Regierungssitz Downing Street war teilweise exzessiv gefeiert worden, während im Rest des Landes die Menschen teilweise nicht einmal Abschied von ihren sterbenden Angehörigen nehmen durften. Johnson hatte die Partys nicht nur geduldet, sondern teils selbst mitgefeiert.

Wegen seiner Teilnahme an einer der Zusammenkünfte erhielt er als erster amtierender Premierminister in der Geschichte des Landes eine Strafe von der Polizei wegen Gesetzesbruchs. Ein kürzlich veröffentlichter Bericht der Spitzenbeamtin Sue Gray stellte der Regierung ein miserables Zeugnis in der Affäre aus.

Die Debatte über Johnsons Führungsrolle dürfte nicht abreißen. Schon am 23. Juni sollen in zwei englischen Wahlkreisen Nachwahlen stattfinden. In beiden wird mit einer Niederlage für die Tories gerechnet. Verantwortlich gemacht werden dürfte dafür der Parteichef, der inzwischen längst nicht mehr als Garant für einen Wahlerfolg, sondern immer mehr als Belastung für die Partei gilt.

Hinzu kommt, dass ein Ausschuss im Parlament derzeit prüft, ob Johnson in der Affäre absichtlich die Unwahrheit gesagt hat, als er anfangs behauptete, es habe keinerlei Partys gegeben.

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