Neue Ecstasy-Pillen "Blue Punisher": Das macht die Droge so gefährlich
Stand: 10.07.2023, 14:49 Uhr
Auch in NRW ist die hochgefährliche Ecstasy-Droge "Blue Punisher" aufgetaucht. Nach dem Drogentod mehrerer Teenager ist die Verunsicherung groß. Was Sie über die Designer-Droge wissen müssen.
Von Christian Wolf
In jüngster Zeit haben Vorfälle mit chemischen Drogen für Aufsehen gesorgt. Denn mehrere Mädchen und junge Frauen sind vermutlich daran gestorben. Es handelte sich um eine besondere Erscheinungsform von Ecstasy-Tabletten - die "Blue Punisher". Auch in NRW sind die Pillen im Umlauf. Doch was genau ist Ecstasy und was macht diese neue Form so gefährlich? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Was ist Ecstasy?
Ecstasy sind synthetische Drogen
Mit dem Sammelbegriff Ecstasy sind synthetische Drogen in Tabletten-, Pulver- oder in Kristallform gemeint. Sie werden ohne natürliche Rohstoffe im Labor hergestellt. Die Ginko Stiftung für Prävention, eine vom NRW-Gesundheitsministerium geförderte Fachstelle, beschreibt es so: "Ecstasy ist eine chemisch hergestellte weiße, geruchlose Substanz." Sie werde auch als Adam, XTC, E oder Empathy bezeichnet und zähle zu den Designerdrogen. Der Hauptwirkstoff ist die chemische Verbindung MDMA.
Was viele nicht wissen: Patentiert wurde Ecstasy 1912 von der deutschen Pharmafirma Merck. Die hatte nach einer Substanz zum Blutstillen geforscht. MDMA wurde jedoch nie als Medikament vermarktet. Dennoch wurde es medizinisch als Appetitzügler sowie in der Psychotherapie zur Steigerung der Kontaktfreudigkeit eingesetzt.
Seit den 1980er-Jahren wird der Substanzname MDMA synonym für Ecstasy verwendet. Die starke Verbreitung der Droge begann in den 1990er-Jahren mit der Techno-Bewegung. Nach wie vor ist Ecstasy eine illegale Droge, deren Herstellung und Handel in Deutschland verboten sind.
Was genau macht die Droge Ecstasy im Körper?
Die Ginko Stiftung weist darauf hin, dass die Wirkung von individuellen Faktoren abhängt - der eigenen Stimmung, dem körperlichen Zustand oder dem Umfeld, in dem die Einnahme erfolgt. Ganz generell werden die körperlichen Funktionen, das Denken und die Wahrnehmung beeinflusst.
So wie hier beim Summerjam Festival in Köln wird inzwischen über Drogen aufgeklärt
Zu den von Konsumenten beschrieben angenehmen Dingen zähle, dass Ängste gemindert und das Selbstbewusstsein gestärkt werde. Zudem scheine die eigene Energie unerschöpflich und die Sinnesreize würden verstärkt. Das macht Ecstasy auch so beliebt als Partydroge. Es können aber auch Ängste und Unsicherheit verstärkt werden, Depressionen ausgelöst und Wahrnehmungen zum "Horrortrip" werden.
Ecstasy wirkt sich meist messbar auf den Körper aus: Blutdruck, Pulsfrequenz und Körpertemperatur erhöhen sich. Gefährlich ist auch, dass das körpereigene Warnsystem quasi ausgeschaltet wird. So kann es bei langem Tanzen zu extremem Wasserverlust, Organschäden oder Kreislaufzusammenbruch kommen. Tödliches Nierenversagen wurde ebenso schon beobachtet wie tödliche Hirnblutungen. Die Droge kann zudem Psychosen und Wahnvorstellungen verursachen.
Laut der Ginko Stiftung beginnt die Wirkung auf Gehirn und Nervensystem nach 20 bis 60 Minuten. Der Rausch könne zwei bis acht Stunden andauern. Danach seien Konsumenten meist erschöpft, deprimiert und litten unter Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen und Konzentrationsschwäche. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen weist darauf hin, dass Ecstasy ein "hohes psychisches Abhängigkeitspotenzial" aufweise.
Was genau ist "Blue Punisher"?
Bei "Blue Punisher" (deutsch: "blauer Bestrafer") handelt es sich um eine besonders starke Variante von Ecstasy. Die Pille ähnelt einem Diamanten mit eingraviertem Totenkopf, der an das Logo des Charakters "The Punisher" der bekannten Marvel-Comics angelehnt ist. Erhältlich ist die Tablette auch nur als "The Punisher" und in anderen Farben.
Wieso sind "Blue Punisher" so gefährlich?
Schon bei "normalen" Ecstasy-Pillen weiß man als Konsument nie, was wirklich drin steckt. Was sind die genauen Inhaltsstoffe und wie ist die Zusammensetzung? Eine Zutatenliste gibt es logischerweise nicht. Das gilt auch für "Blue Punisher". Sie können aber eine besonders hohe Dosierung haben. So kann eine Pille nach Angaben des Drogeninformationszentrums in Zürich teilweise mehrere Hundert Milligramm MDMA und weitere unbekannte Substanzen enthalten.
In Großbritannien etwa wurde 2021 eine "Blue Punisher" entdeckt, die mit 477 Milligramm MDMA das Mehrfache der üblichen Dosis von Ecstasy-Pillen enthält. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Wirkstoffgehalt einer Ecstasy-Tablette lag zwischen 161 und 173 Milligramm. Das heißt: Selbst die Einnahme der Hälfte einer solchen Pille kann zu einer gefährlichen Überdosis führen - bis hin zum Tod.
Wie weit ist "Blue Punisher" in NRW verbreitet?
Immer wieder kann die Polizei Ecstasy entdecken
Die tatsächliche Ausbreitung ist natürlich unklar - schließlich gibt es kein offizielles Meldesystem für die illegale Droge. Auf jeden Fall kann man sagen, dass "Blue Punisher" in NRW angekommen ist. So sind seit 2021 mehrere Tausend Tabletten sichergestellt und dem Landeskriminalamt übergeben worden. Untersuchungen ergaben, dass die MDMA-Gehalte stark variierten - von 58 bis 211 Milligramm pro Tablette.
Konkret wurden in NRW 2021 insgesamt 4.246 "Blue Punisher" sichergestellt. 2022 waren es 2.761 Pillen. Bis Ende Juni waren es zunächst erst neun Tabletten gewesen. Anfang Juli erfolgte dann der Fund von rund 1.200 "Blue Punisher" im Kreis Wesel. Auch in Paderborn tauchte die Droge auf.
Wie erkennt man Ecstasy-Tabletten?
Das ist nicht ganz einfach. Laut der Informationszentrale gegen Vergiftungen der Uniklinik Bonn haben die Tabletten einen Durchmesser von 5 bis 13 Millimeter und sind etwa 3 bis 5 Millimeter hoch. Auf der Vorderseite finde sich meist ein Symbol oder eine Bezeichnung. Auf der Rückseite gebe es häufig eine Bruchrille, um die Tablette portionieren zu können.
Die Experten weisen darauf hin, dass es aber auch Ecstasy-Tabletten gibt, die außer einer Bruchrille keine Merkmale tragen. Solche "No Names" seien besonders gefährlich, weil sie anderen Tabletten mit reinen Giftstoffen sehr ähnlich sein könnten. Auch Ecstasy-Kapseln seien gefährlich. Denn sie seien leicht zu öffnen und unauffällig wieder zu verschließen. Dadurch könnten auch andere Drogen in die Kapseln gegeben werden.
Die Pillen haben zum Teil besondere Formen und Farben
Suchttherapeut Matthias Rost warnt vor einer extremen Dynamik im Angebot. Name und Form von Ecstasy-Pillen würden sich ständig ändern. Im Prinzip nehme der Konsument jedes Mal eine unbekannte Substanz ein. "Ecstasy ist jedes Mal ein Glücksspiel", sagte der Sozialpädagoge. Niemand könne wissen, welcher Wirkstoff in welcher Dosierung drin ist.
Wie können Eltern ihre Kinder vor Drogen schützen?
Suchttherapeut Rost sagt, dass junge Menschen nicht so weit denken würden und das Risiko nicht überblickten. Zudem sei Drogenkonsum nicht logisch und auch "keine logische Entscheidung". Oft erfolge der Einstieg über Kumpel oder Bekannte, denen die Konsumenten vertrauen. Nur über Drogen zu reden, ändere aber keinen Konsum. Junge Menschen müssten vor allem lernen, zu verzichten, sich durchzusetzen und sich auch mal gegen eine Gruppe zu stellen. Dennoch vermutet er, werde ein "Probier-Konsum" bleiben. Er basiere auf jugendlichem Leichtsinn gepaart mit Unsicherheit.
Präventionsarbeit gibt es in fast jeder Stadt in NRW - auch Angebote in Schulen und der Partyszene. Die Suchtberatung ist kostenlos und kann auch anonym stattfinden.