Schüler und Schülerinnen wollen und sollen digital lernen. Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie ist das entscheidend. Doch mit wie vielen Geräten die 1,8 Millionen Schüler an den allgemeinbildenden Schulen überhaupt arbeiten können, das war bisher nicht bekannt - auch nicht der Landesregierung.
Schulministerium hat keinen aktuellen Überblick
Denn einen aktuellen Überblick dazu konnten weder das Schulministerium, noch die Bezirksregierungen liefern. Zeit also, die Daten selbst zu sammeln. Per Online-Tool haben innerhalb von vier Wochen 309 der 396 Kommunen in NRW geantwortet. Grundlage war das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) - die Ergebnisse geben den Stand von Juli 2020 wieder.
Viele Schüler auf wenig Geräte
Die Ergebnisse zeigen: Um die digitale Ausstattung ist es nicht gut bestellt. Gerade, wenn es um die derzeit besonders wichtigen mobilen Geräte geht. So müssen sich im Schnitt etwa 30 Schüler ein Laptop teilen. Jochen Ott, schulpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW, sagte dazu: "Wenn sich auch im Jahr 2020 rund 30 Schüler einen Laptop teilen müssen, läuft gehörig was schief in der nordrhein-westfälischen Bildungspolitik."
Bei den Tablets sieht es etwas besser aus: Hier müssen sich im Schnitt 12 Schüler eins teilen.
Das Ergebnis stellt auch Bildungsforscher nicht zufrieden. Birgit Eickelmann, Professorin für Schulpädagogik von der Universität Paderborn, sieht die Vollausstattung von Schülern in NRW mit digitalen Endgeräten als einzigen Weg, um erfolgreiches Lernen in der Corona-Zeit zu ermöglichen: "Nur so kann Lernen in der Schule und Lernen zu Hause für alle gewährleistet werden, (...) wobei auf jeden Schüler ein Gerät kommen müsste. Es käme ja auch niemand auf die Idee, dass sich mehrere Schüler ein Schulheft teilen.“
NRW ist bei Digitalisierung bunter Flickenteppich
Blickt man insgesamt auf NRW, lassen sich zwischen den Regionen sowie zwischen Stadt und Land kaum Auffälligkeiten erkennen. NRW ist in Sachen Digitalisierung eher ein bunter Flickenteppich aus besser und weniger gut ausgestatteten Kommunen.
So gibt es Kommunen wie Monheim, in der fast auf jeden Schüler ein Tablet kommt aber nur ein Laptop auf 48 Schüler. Oder Kommunen wie Mülheim an der Ruhr, wo sich 339 Schüler ein Tablet teilen müssten, dafür nur 13 einen Desktop PC.
In Dortmund sind es zum Beispiel 10 Schüler pro Tablet und 34 pro Laptop. In Kirchlengern gibt es wiederum nach Angaben der Stadt mehr Tablets als Schüler.
Es fällt auch auf: Es gibt Schulen, die auf Tablets setzen wie die Gemeinde Ascheberg, hier teilen sich zehn Schüler ein Tablet. Bestwert für das Münsterland. Andere Kommunen wie Olfen haben keine Tablets - setzen aber konsequent auf Laptops, fast alle Schulen sind hier versorgt.
Jan Fallack, Schul-Referent vom Städte und Gemeindebund NRW betont, dass es nicht hilft, wenn einige Kommunen besonders gut sind. Im Sinne gleichwertiger Lebensverhältnisse helfe es nur, wenn alle Kommunen "besonders gut" seien.
Klamme Kommune heißt nicht miese digitale Ausstattung
Hat die Anzahl der Geräte etwas mit der finanziellen Situation der Gemeinde zu tun? Offenbar nein. Es lassen sich keine Zusammenhänge zwischen der Verschuldung einer Kommune und der Ausstattung mit digitalen Geräten herstellen. Beispielsweise liegt Gelsenkirchen, eine der meist verschuldeten Städte in NRW, sowohl bei Laptops, Desktops, als auch bei Whiteboards über dem Durchschnitt und in den Top 5 bei der Ausstattung mit digitalen Geräten.
Allerdings ist die Existenz eines Geräts nicht alleine Maßstab für den Stand der Digitalisierung. Laut Prof. Eickelmann ist es auch wichtig, "auf digitale Lerninhalte zu setzen, wie es einige Länder in Europa bereits praktizieren. Ebenso ist es auch wichtig, dass die Schulen mit stabilen Internetverbindungen versorgt und vor allem die Lehrkräfte die entsprechenden Kompetenzen haben. Oder eben jetzt zeitnah erwerben“.
Inhaltsverzeichnis
- Ausgewählter Teil: Teil 1/2 - Digitalisierung an Schulen: Wenn sich 30 Schüler einen Laptop teilen
- Teil 2/2 - Noch nicht genug schnelles und stabiles Internet