Corona-Massentest: Erst Slowakei, jetzt Südtirol, bald bei uns?

Stand: 22.11.2020, 17:13 Uhr

Bei einem Corona-Massentest in Südtirol hofft man, unerkannte Infektionen zu entdecken. Dass eine solche Aktion auch in Deutschland sinnvoll wäre, bezweifeln Experten.

Von Nina Magoley

Die Verwaltung der italienischen Provinz hofft, so mindestens zwei Drittel ihrer Bewohner zu erfassen - und dabei die unentdeckten Infizierten ohne Symptome auszumachen. Denn sie geltend derzeit als größte Gefahr für die Weiterverbreitung des Virus. Auch in der Slowakei finden solche Massentests statt. Österreich plant Ähnliches Anfang Dezember.

Auf das wesentlich größere Deutschland sei das Konzept allerdings kaum übertragbar, meinte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vergangene Woche: "Wenn man das bei 80 Millionen Einwohnern in Deutschland machen wollen würde, würde das so lange dauern, dass der Aussagewert dann ein überschaubarer wäre."

Konzentrierte Testaktionen auch in Deutschland?

In einem Land von der Größe Deutschlands lasse sich ein Test nicht in ähnlicher Weise durchführen, erklärte auch der Direktor des Eurac Research Zentrums in Bozen, Stephan Ortner. In einzelnen Bundesländern sei das dagegen schon möglich. Bei einer Beteiligung von mindestens 70 Prozent der jeweiligen Bevölkerung könne ein gut organisierter Test "wie ein totaler Lockdown von vielen Wochen" wirken, so Ortner.

Fehlerquote birgt Risiken

Viele Experten warnen allerdings vor der mangelnden Verlässlichkeit der Schnelltests - die Trefferquote liegt bei 80 bis 90 Prozent. Schnelltests seien nicht mehr als "eine Momentaufnahme", sagte die Virologin Melanie Brinkmann vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig.

So haben man nach dem ersten Massentest in der Slowakei zwar für den Moment gewusst, wer nicht infiziert ist. Diese Personen könnten aber am nächsten Tag positiv sein. Ein weiterer Test nach einer Woche sei nötig, um ein einigermaßen verlässliches Ergebnis zu haben, so Brinkmann.

"Tests müssen von Profis durchgeführt werden"

Der Rachenabstrich durch die Nase, bei der das Teststäbchen unangenehm tief in die Nasenhöhle eingeführt wird, müsse zudem von Profis gemacht werden, sonst sei der Test nicht verwertbar, gab Norbert Suttorp, Direktor der Medizinischen Klinik der Berliner Charité, vergangene Woche noch zu Bedenken. Je größer die Menge an zu testenden Menschen, desto größer auch die benötigte Anzahl an Fachpersonal. 

Auch die Stiftung Patientenschutz fürchtet die Gefahr, dass sich bei Massentest infizierte Menschen wegen eines negativen Schnelltests in Scheinsicherheit wiegen würden. Wichtige Maßnahmen wie Infektionsgrundschutz, Kontaktdokumentation und die sichereren PCR-Tests könnten so nicht ersetzt werden, sagte der Vorsitzende Eugen Brysch.