Sterbehilfe: Über diese drei Vorschläge diskutiert heute der Bundestag

Stand: 18.05.2022, 14:47 Uhr

Der Bundestag diskutiert heute über eine Neuregelung der Sterbehilfe. Parteibücher spielen dabei keine Rolle. Es gibt drei fraktionsübergreifende Vorschläge - hier der Überblick.

Wann soll man ganz legal Hilfe in Anspruch nehmen dürfen, um sich selbst zu töten? Über diese Frage diskutiert am Mittwoch der Bundestag. Die Orientierungsdebatte bildet den Auftakt für eine neue gesetzliche Regelung der Sterbehilfe.

Sterbehilfe muss neu geregelt werden

Es herrscht Handlungsbedarf, denn das Bundesverfassungsgericht hatte vor zwei Jahren die damalige Regelung gekippt. Seither ist die geschäftsmäßige Suizidhilfe wieder straffrei und ohne staatliche Regelung möglich.

Parteibücher spielen bei der Neuregelung keine Rolle. Es gibt drei Vorschläge aus fraktionsübergreifenden Gruppen. Wie unterscheiden sie sich? Ein Überblick:

1. Vorschlag: Gesetz zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Hilfe zur Selbsttötung

Einer der drei Gesetzentwürfe sieht vor, dass die "geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung" grundsätzlich strafbar sein soll. Nicht rechtswidrig soll demnach die geschäftsmäßige Suizidbeihilfe dann sein, wenn der suizidwillige Mensch "volljährig und einsichtsfähig" ist, sich mindestens zweimal von einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie hat untersuchen lassen und mindestens ein ergebnisoffenes Beratungsgespräch absolviert hat.

Der Entwurf sieht zudem einen neuen Paragrafen gegen die "Werbung für die Hilfe zur Selbsttötung" vor. Demnach soll sich strafbar machen, wer "seines Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößige Weise" Sterbehilfe anbietet.

Zu den Initiatoren gehört unter anderem Ansgar Heveling (CDU). Am Mittwochmorgen sagte er dazu dem WDR: "Die selbstbestimmte Tötung und auch die Hilfe steht für uns gar nicht in Frage. Aber die Frage ist, wo sind Grenzen, weil es eben auch ein Geschäftsmodell sein kann, anderen in den Tod zu helfen."

2. Vorschlag: Suizidhilfegesetz

Eine weitere Gruppe strebt eine Regelung an, mit der das Recht auf einen selbstbestimmten Tod legislativ abgesichert werden soll. Der Antrag sieht eine Regelung außerhalb des Strafrechtes vor.

Konkret ist der Aufbau eines Netzes von staatlich anerkannten Beratungsstellen geplant, die Sterbewillige ergebnisoffen aufklären. Ärztinnen und Ärzten soll es frühestens zehn Tage nach einer solchen Beratung erlaubt sein, Medikamente zur Selbsttötung zu verschreiben.

3. Vorschlag: Gesetz zum Schutz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben

Eine dritte Gruppe strebt eine liberalere Regelung an. Demnach sollen Ärzte ein Medikament für den Suizid verschreiben können, wenn sich Sterbewillige in einer medizinischen Notlage befinden, die mit schweren Leiden, insbesondere starken Schmerzen, verbunden ist.

Es muss dem Entwurf zufolge aber aus ärztlicher Sicht feststehen, "dass es sich um einen absehbar nicht mehr veränderlichen Sterbewunsch handelt". Zudem muss ein weiterer Arzt bestätigen, dass die Voraussetzung für die Verschreibung des tödlichen Präparats erfüllt sind.

Palliativmediziner Thöns hofft auf eine Lösung

Palliativmediziner Matthias Thöns gehört zu jenen, die erfolgreich vorm Bundesverfassungsgericht erstritten hatten, dass er schwer kranken Suizidwilligen wieder Hilfe leisten darf. Nun wünsche er sich vom Gesetzgeber eine umfassende Lösung, wie er am Mittwoch dem WDR sagte.

Bedeutet: Den Bereich des Arzt-Patienten-Verhältnisses solle man "weitgehend ungeregelt" lassen, so Thöns. Bei Gesunden indes wünsche er sich "eine sehr restriktive Regelung".

Nach der Orientierungsdebatte am Mittwoch sollen die Entwürfe noch vor der Sommerpause in erster Lesung beraten werden. Nach den Ferien soll es Anhörungen geben. Im Oktober könnte dann die Entscheidung fallen.

Haben Sie Suizidgedanken? Hier gibt es Hilfe

Wer sich mit Suizidgedanken trägt, empfindet seine persönliche Lebenssituation als ausweglos. Doch es gibt eine Fülle an Angeboten zur Hilfe und Selbsthilfe, auch anonym.

Telefonseelsorge

Die Telefonseelsorge ist unter den Rufnummern 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222 sowie 116 123 rund um die Uhr erreichbar. Sie berät kostenfrei und in jeder Hinsicht anonym. Der Anruf hier findet sich weder auf Ihrer Telefonrechnung noch im Einzelverbindungsnachweis wieder.

Menschen muslimischen Glaubens können sich an das muslimische Seelsorgetelefon wenden. Es ist ebenfalls kostenfrei und anonym 24 Stunden am Tag unter der Rufnummer 030/44 35 09 821 zu erreichen.

Chat der Telefonseelsorge

Die Telefonseelsorge bietet Betroffenen auch die Möglichkeit an, sich Hilfe per Chat zu holen. Dazu meldet man sich auf deren Webseite an.

E-Mail-Beratung der Telefonseelsorge

Menschen mit Suizidgedanken können sich auch an die E-Mail-Beratung der Telefonseelsorge wenden. Der E-Mail-Verkehr läuft über die Webseite der Telefonseelsorge und ist deshalb nicht in Ihren digitalen Postfächern zu finden.

Anlaufstellen für Opfer von häuslicher Gewalt

Das Hilfetelefon ist anonym, kostenfrei und rund um die Uhr unter 08000 116 016 erreichbar.

Der Weiße Ring bietet ebenfalls einen anonymen Telefondienst unter 116 006 sowie eine Online-Beratung.

Überblick auf Hilfsangebote

Darüber hinaus hat die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention (DGS) zahlreiche Informationen zu Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen und sozialpsychiatrischen Diensten aufgelistet, an die sich Suizidgefährdete und Angehörige wenden können, um Hilfe zu erhalten. Entsprechende Informationen finden Sie unter nachfolgendem Link.