Riskantes Abschleppmanöver im Wattenmeer
Aktuelle Stunde. 31.07.2023. 38:28 Min.. Verfügbar bis 31.07.2025. WDR. Von Alexa Schulz.
Abschleppmanöver geglückt: Frachter "Fremantle Highway" ankert vor Schiermonnikoog
Stand: 31.07.2023, 19:00 Uhr
Der Frachter "Fremantle Highway" ist nach einem riskanten Transport entlang der niederländischen Wattenmeerinseln an seinem neuen vorläufigen Ankerplatz angelangt. Das teilte die Wasserbehörde in Den Haag mit.
Ein Schleppschiff zog die "Fremantle Highway" seit Sonntagabend in Richtung Osten. Gegen Mittag erreichte der Frachter dann den neuen, vorläufigen Standort 16 Kilometer nördlich der Watteninseln Schiermonnikoog und Ameland. Dieser soll sicherer sein. Nach Angaben der niederländischen Wasserschutzbehörden sei er weniger befahren und windgeschützter als der bisherige Standort.
Stabilität des Schiffes wird überwacht
Während des Schleppens wurde die Stabilität des Schiffes überwacht. Auch ein Ölbekämpfungsschiff der Wasserbehörde war in der Nähe.
Rauchwolke über dem Frachter
Das seit Tagen brennende Schiff mit rund 3.800 Autos an Bord lag bis zuletzt im Norden vor der Insel Terschelling nahe zwei stark befahrenen Schifffahrtsrouten. Daher wurde es aus Sicherheitsgründen weggeschleppt.
Trotz Abschleppmanöver keine Entwarnung
Es war ein riskantes Unternehmen, denn das Schiff brennt noch immer. Das Feuer sei aber deutlich schwächer geworden, hieß es. Befürchtet wurde, dass es Risse in den Stahlwänden geben und Öl ausströmen könnte. Beim Auseinanderbrechen oder Kentern des Schiffes droht eine Umweltverseuchung. Die Behörden hofften außerdem darauf, dass der Frachter an dieser Stelle kontrolliert ausbrennen kann und eine Situation entsteht, in der Experten das Öl und das Schweröl abpumpen und die Fracht bergen können.
Hafen ist noch unklar
Das Schiff soll dann irgendwann in einen Hafen geschleppt werden. Welcher das sein werde, war noch nicht klar. Die nächstgelegenen Häfen sind der Eemshaven im Nordosten der Niederlande und der Hafen in Emden auf deutscher Seite.
Wattführerin: "Unersetzliche Ökosysteme"
Das Watt vor der Insel Terschelling
Die Gefahr einer Ölpest für das Wattenmeer und die Bewohner der Inseln ist durch das riskante zunächst gebannt. Weltweit gebe es kein zweites Wattenmeer in dieser Größe, erklärt Wattführerin Birgitt von Thülen gegenüber dem WDR. "Dort haben sich Ökosysteme gebildet, die unersetzlich sind." Das Wattenmeer sei auch Drehscheibe des Vogelzugs. "Die sind darauf angewiesen, dass sie hier ihre Nahrung finden."
Das Auslaufen des Öls wäre eine Katastrophe und könnte auch Auswirkungen auf Deutschland haben. "Wenn man sich die Strömungsverhältnisse in der Nordsee ansieht, dann könnte die ganze Nordsee bis hin zur deutschen Bucht betroffen sein." Würde es wirklich zu einer Katastrophe kommen und ein Teppich aus Schweröl in der Nordsee schwimmen, hätte das noch zehn Jahre danach Auswirkungen auf das betroffene Gebiet, so von Thülen.
"Elektrische Fahrzeuge brennen seltener als Verbrenner"
Der Frachter mit rund 3.800 Autos an Bord war auf dem Weg von Bremerhaven nach Singapur und befand sich rund 30 Kilometer nördlich der Wattenmeerinsel Ameland, als das Feuer in der Nacht zum Mittwoch ausbrach. Bei der Evakuierung der Besatzung war ein Mensch gestorben.
Eine in Japan ansässige Schiffsgesellschaft hatte den Verdacht geäußert, dass die Batterie eines E-Autos in Brand geraten sein könnte. Doch bestätigt ist das nicht. Unter den rund 3.800 Neufahrzeugen an Bord befinden sich auch fast 500 Elektro-Autos.
In der Forschung gebe es zumindest keine Anhaltspunkte dafür, dass E-Autos häufiger brennen würden als herkömmliche Verbrenner, sagt Patrick Plötz, Leiter des Geschäftsfelds Energiewirtschaft am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI. Im Gegenteil: Nach Angaben verschiedener Versicherer "brennen batterieelektrische Fahrzeuge zwischen zehn und 100 mal seltener als Verbrenner."
Wenn die Lithium-Ionen-Batterie eines E-Autos jedoch erst mal brenne, sei es schwieriger sie mit Wasser oder Sauerstoffentzug zu löschen, sagt Volker Arp, Geschäftsführer des Landesfeuerwehrverbands Schleswig-Holstein. Es dauere daher länger, einen Batteriebrand zu löschen.