Ein Mann steht vor einer eingefahrenen S-Bahn am Bahnsteig.

Viele Pendler machen schlechte Erfahrungen mit Bus und Bahn

Stand: 04.09.2023, 06:00 Uhr

Wann komme ich wie schnell wohin? Bei der Wahl des Verkehrsmittels sind für die Menschen in NRW Pünktlichkeit, Fahrtzeit und Taktdichte entscheidend. Das zeigt eine Auswertung der ARD-Aktion #besserBahnfahren.

Von Rainer Striewski und Till Hafermann

"Mal gucken, wie schnell man laufen kann." Rechtzeitig zur Vorlesung wird es Maximilian Zink nicht mehr schaffen, das ist jetzt schon klar. Denn die hat bereits vor zwei Minuten begonnen, der Lehramtsstudent sitzt aber immer noch im Bus zur Uni.

Sein Zug aus Detmold hatte Verspätung - wieder einmal. Drei bis vier Mal pro Woche muss der Student von Detmold nach Paderborn pendeln. Jede Verspätung bringt dabei seinen engen Zeitplan durcheinander. Autofahren kommt für ihn nicht infrage, allein aus Kostengründen. "Die Bahn ist dem Auto in jeder Hinsicht überlegen - wenn sie funktioniert."

Mitmachaktion #besserBahnfahren

Die schlechte Taktung bemängelt auch eine Bahnfahrerin aus Dortmund, die sich an der Mitmachaktion #besserBahnfahren beteiligt hat. Mit der Aktion wollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die WDR-Lokalzeiten und die ARD herausfinden, wie gut oder schlecht das Bahnfahren in Deutschland funktioniert.

Die Dortmunder Pendlerin ist eine von fast 1.000 Personen, die sich in NRW an der Aktion beteiligt haben. Sie kritisiert in ihrer Rückmeldung unter anderem, "dass alle (oder viele) Linien, die in eine Richtung fahren, oft zur gleichen Zeit kommen." Verpasse man so einen Anschluss, seien auch alle anderen weg.

Ergebnisse eindeutig, aber nicht repräsentativ

Ein Pendler aus Herne hingegen ist gerade wegen der guten Taktung vom Auto auf den ÖPNV umgestiegen. Früher ist er mit dem Wagen zum S-Bahnhof Lütgendortmund gefahren. Jetzt legt er die Strecke seit Einführung des Deutschlandtickets mit dem Bus zurück. "Ohne drei Tickets für alle Tarifgebiete zu kaufen."

Der Pendler aus Herne zählt damit zu den 21 Prozent der Menschen aus NRW, die bei der Aktion #besserBahnfahren eher positive Erfahrungen geschildert haben. 79 Prozent haben eher negative Erfahrungen zurückgemeldet. Damit scheint das Ergebnis recht eindeutig - es ist aber eine Momentaufnahme und nicht repräsentativ.

Nach Auswertung aller Rückmeldungen aus NRW ist klar: Pünktlichkeit ist für die Hälfte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der entscheidende Faktor für die Wahl ihres Verkehrsmittels. Für den Großteil dieser Menschen (42 Prozent) ist die Unpünktlichkeit ein Problem, nur acht Prozent bewerten die Pünktlichkeit eher positiv.

Aber auch Taktdichte, Fahrtzeit und Wartezeit sind für die Menschen in NRW wichtige Faktoren, wenn man sich das Ergebnis der nicht repräsentativen Umfrage betrachtet:

Mehr Bahn dank Deutschlandticket?

Die Erfahrungsberichte der Menschen in NRW zeigen auch: Das für 49 Euro angebotene Deutschlandticket erfreut sich großer Beliebtheit - zumindest unter den Bahnfahrenden. Viele profitieren davon, dass ihr bisheriges Abo automatisch in ein D-Ticket-Abo umgewandelt wurde. Nach Auswertung der Rückmeldungen geben zusätzlich knapp 40 Prozent an, ein Deutschlandticket kaufen zu wollen oder es bereits gekauft zu haben.

Eine repräsentative Umfrage von "Infratest dimap" kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Demnach kommt zwar für 42 Prozent der bundesweit Befragten die Nutzung des Deutschlandtickets nicht infrage, 56 Prozent haben aber bereits ein Ticket oder können sich die Nutzung vorstellen. Die meisten Käufer des Deutschlandtickets hatten laut Infratest-Umfrage auch zuvor schon mindestens einmal pro Woche den ÖPNV genutzt.

Also nutzen nur die Menschen den ÖPNV, die ihn auch vorher schon genutzt haben? Den Rückmeldungen der Menschen in NRW nach zu urteilen könnte sich die Nutzung des ÖPNV hier künftig etwas erhöhen. Während knapp die Hälfte angibt, den ÖPNV wie bisher nutzen zu wollen, wollen ihn 36 Prozent künftig häufiger nutzen.

"Die Kunden, die wirklich vom Auto auf den Nahverkehr umgestiegen sind, machen zwischen drei und acht Prozent der Neukunden aus", berichtet Detlef Neuss, Bundesvorsitzender des Fahrgastverbands Pro Bahn. "Das ist nicht so viel, das muss man ganz klar sagen. Die Leute strömen nicht massenweise vom Auto in die Züge."

Kürzere Fahrt- und Wartezeiten

Damit sich das ändert, müsste der ÖPNV pünktlicher werden sowie die Bundesländer für höhere Taktdichte und kürzere Fahrt- und Wartezeit sorgen, meint Prof. Jochen Eckart von der Hochschule Karlsruhe, der die ARD-Aktion wissenschaftlich begleitet.

"Durch das Deutschlandticket wird der ÖPNV häufiger und das Auto seltener genutzt. Für eine Mobilitätswende müssen jedoch darüber hinaus Maßnahmen ergriffen werden, um den ÖPNV attraktiver zu machen und auch alle zu erreichen, die ihn noch nicht nutzen."

Mehr zur Mitmachaktion und dem ARD-Thementag #bahnfahren gibt's hier:

Unsere Quellen:

Über dieses Thema berichtet der WDR am Montag (04. September) in den den Lokalzeiten sowie den Radio- und Fernsehnachrichten.

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