Mehr Bedürftige und weniger Spenden: Die Tafeln in NRW schlagen Alarm

Stand: 05.11.2022, 15:56 Uhr

Die Zahl der Menschen, die zu den Tafeln in NRW kommen, ist seit dem Ukraine-Krieg stark gestiegen. Um mindestens 40 Prozent, schätzt der Landesverband Tafel NRW. Viele Tafeln sind überfordert.

Der Andrang in den 172 Ausgabestellen in Nordrhein-Westfalen ist groß. Hatte man Anfang des Jahres noch 350.000 Kundinnen und Kunden, so sind es jetzt mindestens eine halbe Million - 40 Prozent mehr. Das schätzt der Landesverband Tafel NRW.

Es sind vor allem zwei Gründe, weshalb die Menschen auf das Angebot der Tafeln zurückgreifen müssen. Zum einen haben die Menschen wegen der steigenden Preise weniger Geld für Lebensmittel zur Verfügung. Und zum anderen kommen viele Geflüchtete aus der Ukraine.

"Die Portemonnaies sind sehr viel schmaler geworden."

Die Zahl sei vorsichtig geschätzt, sagt Landesverbandssprecherin Petra Jung dem WDR: "Die Portemonnaies sind sehr viel schmaler geworden. Die Tafeln sind da ein Indikator für die Gesellschaft. Das Bedürfnis nach Unterstützung ist da entsprechend sehr groß." Genaue Zahlen gibt es nicht, bei so vielen Ausgabestellen und dem großen Andrang können die Tafeln das nicht im Detail nachhalten. An einigen Tafeln gibt es auch Aufnahmestopps. Für die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer ist es besonders hart, Menschen abweisen zu müssen. "Da blutet das Herz", betont Jung.

Gleichzeitig weniger Lebensmittelspenden

Gäste der Tafel stehen an einer Ausgabestelle

Was die Situation zusätzlich verschärft ist, dass die Tafeln auch weniger Lebensmittelspenden bekommen. Die Supermärkte kalkulieren offenbar knapper. Dadurch bleibt bei Ladenschluss weniger Ware übrig, die gespendet werden kann. Außerdem werden mehr Produkte noch zu reduzierten Preisen verkauft, wenn sie kurz vor dem Ende des Mindesthaltbarkeitsdatums stehen. Insgesamt sprechen die Tafeln von einem Ungleichgewicht zwischen den Lebensmitteln, die in den Ausgaben zur Verfügung stehen, und der steigenden Nachfrage.

Und es gibt ein weiteres Spendenproblem: Die Tafeln benötigen für ihre Arbeit auch Geldspenden von Privatpersonen. Doch auch diese finanzielle Unterstützung ist in letzter Zeit zurückgegangen. "Wer beispielsweise für die Ukraine spendet, gibt dann in der Regel nicht noch mal etwas für die Tafeln. Wir hoffen jetzt sehr auf die Weihnachtszeit. Wir brauchen die Geldspenden dringend", erklärt Jung. Denn die Tafeln erwarten, dass die Nachfrage wohl weiter zunimmt.