Ausschreitungen in Amsterdam

Aktuelle Stunde 12.11.2024 32:24 Min. Verfügbar bis 12.11.2026 WDR Von Alexander Klein

Erneut Ausschreitungen und judenfeindliche Parolen in Amsterdam

Stand: 12.11.2024, 16:51 Uhr

Nur vier Tage nach den heftigen Gewaltattacken gegen israelische Fußballfans hat es in Amsterdam erneut Krawalle gegeben.

Im Westen der Stadt randalierten gestern Abend nach Angaben der Polizei Dutzende vorwiegend junge Männer. Dabei sollen auch judenfeindliche Parolen gegrölt worden sein. Die Männer zündeten Feuerwerkskörper und warfen diese auf Autos. Eine Straßenbahn ging in Flammen auf, wie die Polizei Amsterdam auf X berichtet. Auch Festnahmen soll es gegeben haben.

Schon am 7. November hatte es erschreckende Szenen in der niederländischen Hauptstadt gegeben, die Hass auf Juden zeigten. Im Anschluss an das Fußballspiel des niederländischen Erstligisten Ajax Amsterdam in der Europa League gegen Maccabi Tel Aviv war es in Amsterdam zu gewaltsamen Zusammenstößen von propalästinensischen Demonstranten und israelischen Fans gekommen.

Netanyahu lässt israelische Fans ausfliegen

Israelischen Angaben zufolge wurden drei Israelis vermisst, zudem gab es mehrere Verletzte. Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu ließ israelische Fans ausfliegen.

Politiker verurteilten die Gewalt gegen israelische Fans. Der niederländische Ministerpräsident Schoof sprach von "unakzeptablen antisemitischen Angriffen". Die Polizei wies darauf hin, dass auch Fans des israelischen Klubs randaliert und provoziert hätten. So hätten sie palästinensische Flaggen verbrannt sowie beleidigende Parolen gerufen. Das sei allerdings in keinerlei Hinsicht eine Entschuldigung für die antisemitischen Attacken, betonte die Amsterdamer Bürgermeisterin Femke Halsema.

Angriff auf die Jugendmannschaft des TuS Makkabi in Berlin

Aber nicht nur in Amsterdam zeigt sich Judenhass. Auch in Berlin kam es jüngst zu Übergriffen. "Jüdische Spieler beleidigt, bespuckt und mit Messern und Stöcken verfolgt" heißt es in der Überschrift eines Artikels im Tagesspiegel. Er beschreibt einen Angriff auf die Jugendmannschaft des jüdischen Vereins TuS Makkabi Berlin am 7. November im Berliner Stadtteil Neukölln.

Inzwischen ermittelt der Staatsschutz. Der Berliner Fußball-Verband (BFV) leitete nach den antisemitischen Übergriffen ein Sportgerichtsverfahren zur Klärung ein.

Israel warnt vor Konzerten und Stadionbesuchen

Israels Regierung befürchtet, dass pro-palästinensische Gruppen weitere Angriffe planen. Deshalb warnt Israel seine Bürgerinnen und Bürger davor, im Ausland zu Konzerten oder ins Stadion zu gehen.

Am 14. November spielt in Paris Frankreich gegen Israel. Für das Fußballspiel der französischen Nationalmannschaft sind 4.000 zusätzliche Polizisten in der Stadt. Auch ein Basketballspiel der Telekom Baskets Bonn am 13. November gegen Maccabi Ironi Ramat Gan aus Tel Aviv ist zum Hochrisikospiel geworden.

"Antisemitismus ist herkunftübergreifend"

Was ist in Amsterdam, in Berlin-Neukölln passiert? Aus der Sicht des Psychologen Ahmad Mansour kocht hier etwas hoch, was schon lange da gewesen sei - befeuert durch den Angriff der Hamas vom 7. Oktober - und durch Propaganda auf sozialen Plattformen.

Ahmad Mansour, Portätfoto von 2019

Antisemitismus sei herkunftübergreifend, sagt Mansour. Man finde ihn im rechten und im linken Spektrum. Man finde ihn in der Mitte der Gesellschaft und eben auch unter Muslimen. "Das Problem war, dass in den letzten Jahren eine gewisse Sprachlosigkeit entstanden ist, in Bezug auf muslimischen, migrantischen, importierten Antisemitismus."

"Wir dachten, wenn man darüber redet, dann ist man rassistisch." Ahmad Mansour, Psychologe

Man habe nichts davon hören wollen, aber die Zeichen seien schon länger da. Eins der Probleme: "Leute, die woanders sozialisiert sind, kommen mit einem ganz anderen Wertesystem nach Deutschland. Es gibt Parallelgesellschaften, wo Israels Existenz tagtäglich infrage gestellt wird", sagt Mansour.

Unsere Quellen:

Über dieses Thema berichten wir im WDR am 12.11.2024 unter anderem in der Aktuellen Stunde um 18.45 Uhr.