Wie werden Achterbahnen überprüft?

Stand: 25.09.2022, 11:17 Uhr

Nach zwei Achterbahnunfällen innerhalb von einer Woche fragen sich viele, wie es dazu kommen konnte und ob Fahrgeschäfte in Deutschland sicher sind. Wie sie kontrolliert werden, erklären wir hier.

Von Lars Faulenbach

"Achterbahnfahren ist sicher", sagt Werner Friedhoff. Der Leiter des Ordnungsamtes in Herne ist mit seiner Behörde für die Überprüfung der Fahrgeschäfte auf der Cranger Kirmes verantwortlich, die seit über einer Woche läuft: "Jemand hat mal ausgerechnet, dass die Wahrscheinlichkeit, bei einem Achterbahnunglück zu Schaden zu kommen, bei 1 zu 1200.000 liegt. Die Häufigkeit von Unfällen im Straßenverkehr ist deutlich höher."

Fahrgeschäfte werden auf jeder Kirmes überprüft

Damit es nicht zu Unfällen kommt, überprüfen die Mitarbeiter des Herner Bauordnungsamtes vor dem Start der Kirmes jedes Fahrgeschäft anhand des jeweiligen Baubuchs. Sie kontrollieren zum Beispiel, ob die Schrauben richtig angezogen wurden, ob die Unterpallung - das ist der Holzaufbau, auf dem das Fahrgeschäft steht - sicher ist. Erst wenn diese Abnahme erfolgt ist, darf das Fahrgeschäft öffnen. In kleineren Kommunen übernimmt der TÜV diese Aufgabe.

Alle Prüfungen und Probleme werden dokumentiert

Der TÜV ist auch für die Erstabnahme von Fahrgeschäften und anderen sogenannten fliegenden Bauten, zum Beispiel großen Bühnen, zuständig. Dabei werden die Elektronik, die Statik, die Schweißnähte und andere Bauteile überprüft. Die Ergebnisse und alle weiteren Prüfungen und auch Beanstandungen werden in dem Baubuch dokumentiert. Erst dann bekommt ein Fahrgeschäft eine sogenannte Ausführungsgenehmigung.

Fahrgeschäfte im Freizeitpark werden jährlich gecheckt

Nur mit solch einer Genehmigung darf ein Fahrgeschäft zu einer Kirmes transportiert oder in einem Freizeitpark betrieben werden. Je nach Komplexität der Anlage wird diese Genehmigung nur für ein Jahr erteilt, etwa für eine Achterbahn, oder auch für mehrere Jahre, zum Beispiel bei einem einfachen Kinderkarussell. "Der Prüfintervall für eine Achterbahn in einem Freizeitpark beträgt ein Jahr. In der Regel werden die Anlagen vor der Saison untersucht," sagt Maurice Shahd vom TÜV-Verband: "Je nach Komplexität kann so eine Überprüfung auch mehrere Tage in Anspruch nehmen."

Probefahrt um Mängel aufzudecken

Dabei schauen die Prüfer auf alle sicherheitsrelevanten Bauteile, gucken, ob irgendwo Rost entstanden ist, ob es Materialermüdungen gibt, oder ob zum Beispiel Sicherheitsbügel richtig schließen. Sonst kann es zu Unfällen kommen wie auf der Haaner Kirmes, wo ein Mädchen bei voller Fahrt aus einem Fahrgeschäft geschleudert wurde. Dort war wohl der SIcherheitsbügel nicht richtig geschlossen.

Ein traditionelles Fahrgeschäft – das Kettenkarussell | Bildquelle: WDR / imago stock&people

Zum Abschluss machen die TÜV-Prüfer noch eine Probefahrt. Dabei achten sie zum Beispiel auf ungewöhnliche Geräusche und darauf, welche Kräfte wirken.

Anlagen werden für Sonderprüfungen auseinandergenommen

Das Einmalige in Deutschland seien die Sonderprüfungen, findet Frank Hakelberg vom Deutschen Schaustellerverband. Hier werden Achterbahnen und andere Fahrgeschäfte erstmals nach zwölf Jahren und dann in regelmäßigen Intervallen überprüft: "Dafür werden die Fahrgeschäfte stärker auseinandergenommen als für den Transport zur nächsten Kirmes. Fahrgeschäfte werden gewissermaßen geröntgt."

Dafür müssen einzelne Bauteile sogar vom Lack befreit werden und werden dann mit einer magnetinduktiven Prüfung auf Haarrisse untersucht: "Wenn ich einen Strich drunter mache, sind die Karussells sicher, bei allem Bedauern für das, was passiert ist, wir haben hier Weltniveau."

Fahrgeschäfte in Deutschland teurer

Für Schausteller und Freizeitparks in Deutschland macht sich das offenbar auch finanziell bemerkbar. Patrick Arens, Schausteller aus Dortmund sagt: "Ein Karussell kostet bei Anschaffungskosten von anderthalb Millionen Euro in Deutschland etwa 200.000 Euro mehr als in anderen Ländern, wegen der hohen Sicherheitsauflagen."