Der EGMR: letzte Hilfsinstanz bei Menschenrechtsverletzungen

WDR Zeitzeichen 03.11.2023 14:45 Min. Verfügbar bis 03.11.2099 WDR 5

Bis zu seiner grundlegenden Reform tagt der EGMR nur gelegentlich – am 3.11.1998 nimmt er als Ständiger Gerichtshof für Menschenrechte seine Arbeit auf.

Seniorinnen aus der Schweiz klagen gegen ihr Land für mehr Klimaschutz. Eine Gruppe portugiesischer Jugendlicher geht noch weiter, klagt gleich 32 Staaten des Europarates an: Die Richter des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte haben viel zu tun. Alle Bürgerinnen und Bürger der aktuell 46 Mitgliedsstaaten können sich nach Straßburg wenden, wenn sie sich in ihren Menschenrechten verletzt fühlen. Die Idee dahinter: Frieden in Europa sichern, denn Unterdrückung im Inneren eines Staates verläuft häufig parallel zu Aggressionen nach außen. Das Konzept geht nicht ganz auf. Nach dem Angriff auf die Ukraine wird der russische Staat am 16. September 2022 vom Europarat suspendiert. ***Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Angelika Nußberger, ehemalige Vizepräsidentin des Europäischen Gerichtshof; Frank Schwabe, SPD, Leiter der Deutschen Delegation beim Europarat in Straßburg*** Autorin: Susanne Rabsahl; Redaktion: Christoph Tiegel / Gesa Rünker, Technik: Annette Skrzydlo.


Die Idee zu einer durchsetzungsstarken Instanz für Menschenrechte ist kurz nach dem 2. Weltkrieg entstanden, in der Gründungsphase des Europarats. Ein Gerichtshof für Menschenrechte für ganz Europa soll eine Gewaltherrschaft und Diktatur wie unter den Nationalsozialisten künftig verhindern. 1959 nimmt der Gerichtshof in Straßburg seine Arbeit auf.

In den Anfangsjahren trifft sich der Europäische Gerichtshof nur sporadisch, eine Kommission prüft zunächst die vorgebrachten Anliegen, bevor diese den Richtern vorgelegt werden. Doch allmählich etabliert sich die Institution. Länder, die in den Europarat neu aufgenommen werden wollen, müssen die Menschenrechtskonvention unterzeichnen.

Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs steigt die Mitgliederzahl auf 47 Mitglieder. Deren rund 800 Millionen Bürger und Bürgerinnen können sich seit Inkrafttreten der Reform am 3. November 1998 direkt an das Gericht wenden. Seither arbeiten die von den Mitgliedsländern abgesandten Richter hauptberuflich für den Gerichtshof – und kommen mit der Arbeit kaum nach.

Verurteilt wird beispielsweise Russland für die Erstürmung der von tschetschenischen Terroristen besetzten Schule 2004, weil die verwendeten Kriegswaffen mehr Opfer unter den Kindern gefordert hätten. Selbst verurteilte Verbrecher wie Magnus Gäfgen können sich an Straßburg wenden: Das Gericht kritisierte die Verhörmethoden der deutschen Polizei gegen den Entführer des Bankierssohns Jakob.

In diesem Zeitzeichen erzählt Susanne Rabsahl:
  • Warum der Europäische Gerichtshof Opfer seines eigenen Erfolgs geworden ist
  • Wie Schweizer Seniorinnen und portugiesische Jugendliche vor dem Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte mehr Klimaschutz einklagen
  • Warum der Gerichtshof nur im Notfall Länder ausschließt – obwohl einige gegen die Menschenrechte verstoßen

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Angelika Nußberger, ehemalige Vizepräsidentin des Europäischen Gerichtshof
  • Frank Schwabe, SPD, Mitglied des Deutschen Bundestages und Leiter der Deutschen Delegation beim Europarat in Straßburg
  • Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autorin: Susanne Rabsahl
Redaktion: Christoph Tiegel / Gesa Rünker
Technik: Annette Skrzydlo

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