Hörbuchcover: "Und sie bewegt sich doch" – Bahngeschichte mit Horst Evers und anderen

"Und sie bewegt sich doch" – Bahngeschichte mit Horst Evers und anderen

Stand: 23.07.2023, 20:17 Uhr

Zum Thema Deutsche Bahn ist alles gesagt. Oder doch nicht? Auf jeden Fall sind in diesem Hörbuch Könner am Werk, die mit Scherz, Satire und Ironie umzugehen wissen, die den passenden, ätzenden Ton finden. Sie nähern sich dem Gegenstand von mehreren Seiten und servieren erfrischend amüsante Texte.
Eine Rezension von Monika Buschey.

Cordula Stratmann, Horst Evers, Dieter Wischmeyer u.a.: Und sie bewegt sich doch – Bahngeschichten
Gelesen von den AutorInnen
Argon Hörbuch, mp3-CD, ca. 2 Stunden
Als Buch bei Rohwohlt

"Und sie bewegt sich doch!: Bahngeschichten" von H. Evers, C. Stratmann & D. Wischmeyer

Lesestoff – neue Bücher 03.08.2023 05:22 Min. Verfügbar bis 02.08.2024 WDR Online Von Monika Buschey


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Ärger in Ironie ummünzen

"Als jemand, der die Bahn sehr mag und viel fährt, weiß ich, die Bahn ist sehr viel besser als ihr Ruf. Ganz häufig bekommt man von ihr noch sehr viel mehr Fahrzeit dazu, als einem eigentlich zusteht."

Aus Erfahrung Geschichten zu machen, den Ärger in Ironie umzumünzen – das ist unbedingt das passende Rezept um den Frust los zu werden und bei Mitbetroffenen das zustimmende, das Gemeinsamkeit stiftende Lächeln hervor zu locken. Vom unerwartet verlängerten Unterwegssein erzählt Horst Evers, Stefan Schwarz beobachtet angemessen fasziniert die Farbspiele der Deutschen Bahn:

"Grün bedeutet, richtig geraten: Sie und Ihre gewählte Zugverbindung werden innerhalb der nächsten Stunde aufeinander treffen. Gelb heißt: Das Warten lohnt sich. Demnächst kommt irgendein Zug nach irgendwo. Mit etwas Glück wollen Sie auch dahin. Und Rot sagt: Es fährt ein Zug nach Nirgendwo. Nutzen Sie den Schienenersatzverkehr mit Ihrem privaten PKW."

Komik entsteht, wenn Pech und Pannen ins Absurde kippen

Komik entsteht, wenn Pech und Pannen ins Absurde kippen, wenn die Verzweiflung nur noch Ausdruck findet, indem man explodiert oder das glatte Gegenteil von dem sagt, was man wirklich denkt.

"Die Deutsche Bahn gilt zurecht als Symbol für alles, was in Deutschland richtig prima läuft."

"Und dann saß ich im Zug und Orkan Friederike tobte durchs Land."

Durch die kabarettistische Brille betrachtet – ein Röntgenbild ist nichts dagegen – offenbart sich in treffsicheren Formulierungen das Elend der Schiene: Man kann gar nicht genug bekommen. Helene Bockhorst, als sie noch jung und unerfahren war, plante ihre Tourneen ganz allein. Ein Praxis-Test lehrte sie, dass es besser ist, die Verantwortung auf mehrere Schultern zu verteilen, auf dass man entstehendes Leid später ebenfalls teilen kann.

"Und dann saß ich im Zug und Orkan Friederike tobte durchs Land. Auf einer Brücke zwischen Kassel und Fulda, quasi im Auge des Orkans, wurde der Stromabnehmer zerstört. Es ging weder vor noch zurück."

"Am Ende aller Misslichkeiten sind die Fahrgäste nur noch froh, mit dem Leben davon gekommen zu sein"

Wie arg die Strapazen für die Betroffenen immer sein mögen – das Zuhören ist reines Vergnügen. Ein Triumph der Spitzzüngigkeiten und der Übertreibungslust. Am Ende aller Misslichkeiten sind die Fahrgäste nur noch froh, mit dem Leben davon gekommen zu sein. Wir sollten in eigens bereitgestellten Hotelzügen übernachten. Wow, das klang richtig cool und aufregend. Wie sich allerdings herausstellte, war Hotel-Zug der Euphemismus des Jahrhunderts. Es handelte sich um einen ganz normalen Zug, nur dass auf jedem Sitz ein Duplo mit DB-Aufkleber lag.

Geschichten, die niemand erfinden könnte, Abenteuer, die das absurde Theater mitten in den Alltag holen. Cordula Stratmann, obwohl erfahrungsgesättigt, mag sich gar nicht einlassen auf die Bitte, über die Bahn zu schreiben.

"Seid ihr verrückt? Ich kann dem Thema Deutsche Bahn auch großräumig nichts Neues hinzufügen."

Kann sie dann doch, indem sie sich elegant und mit brillanter Überleitung zu einem ganz anderen Thema hinüberrettet. Von DB zu DK:

"Über das DK, deutsches Kopfschütteln, kenne ich nicht einen einzigen Text. Dabei machen wir das schon so lange wie die DB Verspätung hat."

Eine kleine Bahnhofsuhr in Gold hat sich Dietmar Wischmeyer verdient. Die Deutsche Bahn wird sie ihm sicher nicht verleihen. Aber wir, die wir keinem lieber zuhören als ihm. Zumal sein temperamentvoller Vortrag dem Gegenstand seiner Betrachtung genau entspricht: Es geht um das alte Herrenklo im Bahnhof Hannover. Ein Nachruf, erfrischend drastisch und überaus informativ.

"Hier in Hannover arbeitete eine der letzten großen Herrentoiletten der Republik. Da gab es keine Schranke, die den Notdürftigen mit der fiebrigen Suche nach einer passenden Münze belästigte. Da stand, wie es sich gehört, eine Blechschachtel auf einem wackeligen Stuhl. 3.16 Es war vor allem das Fachpersonal, das den Zauber der Anlage ausmachte. Hutzlige Männer in den besten Jahren, die vor nichts Angst hatten, hauptsächlich nicht vor Lungenkrebs. Sie saßen da und husteten und rauchten. 4: 10 Mit der alten Herrentoilette verlor Hannover eines seiner großen Denkmäler."