Ein mintgrüner Opel Kadett A steht vor einer Garage

Eine Klasse für sich – Unser Land in den 60ern

Stand: 21.12.2020, 11:55 Uhr

Bezahlter Urlaub - das war neu!  Zu Beginn des Jahres 1963  trat das "Bundesurlaubsgesetz" in Kraft. Auf einmal durften Arbeitnehmer 24 Tage im Jahr verreisen – bei voller Lohnfortzahlung. Die Menschen in NRW packte das Fernweh und sie reisten nach "Bella Italia". Schnell bekam der Küstenort Rimini den Spitznamen "Teutonengrill“, denn hier sonnten sich vor allem Deutsche.

Gereist wurde immer öfter mit dem eigenen Wagen. Viele dieser Autos wurden in Bochum gebaut: General Motors eröffnete 1962 auf dem ehemaligen Gelände der Zeche Dannenbaum ein neues Opel-Werk. Hier bauten rund 11.000 Arbeiter einen ganz neuen Autotyp: den Opel Kadett A.

Opel Kadett Modell A

Der Opel Kadett A: In Bochum rollte er ab 1962 zu Tausenden aus den Werkshallen.

Ein Kleinwagen für die ganze Familie, der dem VW-Käfer Konkurrenz machen sollte. Genauso einen Wagen besitzt Georg Simon aus Dorsten noch heute. Der Münsterländer hat das Auto von seinem Opa geerbt und wieder fit gemacht. Noch immer braust er damit über die Landstraßen, manchmal sogar bis nach Italien.

Im Auto fuhren die Nordrhein-Westfalen in den 60ern nicht nur in den Urlaub, sondern vor allem zum Einkaufen – zum Beispiel in den neueröffneten Ruhrpark nach Bochum. Die Parkplatzsuche in der Innenstadt war eine Tortur, das neue Einkaufszentrum bot sie dagegen kostenfrei für 2500 Kleinwagen. Dazu stolze vierzig Geschäfte, da lohnte sich der Wocheneinkauf.

Eine Frau am Strand im Bikini

Urlaub im Bikini: In den 60ern war das ein beliebtes Fotomotiv.

Ihr eigenes Geld ausgeben durften in den 60ern schließlich auch die Frauen. Seit 1962 konnten sie ein eigenes Konto eröffnen. Geld gaben sie natürlich auch für Mode aus: Der Bikini erlebte Anfang der 60er ein Revival.

Freizügigkeit bei den Outfits – aber noch immer Engstirnigkeit bei der Rollenverteilung: Der Mann verdiente das Geld, die Frau blieb zuhause und kümmerte sich um Haushalt und Kinder. Mit über 1,3 Millionen Babys erreichten die Geburtenzahlen 1964 ihren Höhepunkt. Einen feministischen Lichtblick gab es in der Politik: Else Zimmermann aus Bielefeld wurde die erste Landrätin der BRD.

John F. Kennedy und Konrad Adenauer fahren im offenen Wagen durch eine Menschenmenge

Polit-Idol: Der junge John F. Kennedy begeisterte viele Deutsche.

In der großen Politik hatten nach wie vor Männer das Sagen: Bundeskanzler Konrad Adenauer empfing internationale Staatschefs wie den französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle und den jungen US-Präsidenten John F. Kennedy. Beim Besuch Kennedys stand NRW Kopf: Zehntausende feierten den jungen Hoffnungsträger aus Amerika. Deutschland war ein wichtiger Bündnispartner.

Karl-Heinz Thielen beim Kopfballduell mit einem Spieler des FC Bayern

Ganz in Weiß: Karl-Heinz Thielen war einer der FC-Stars.

Fußball war schon in den 60ern ein Zuschauermagnet, allerdings noch aufgeteilt auf fünf Oberliegen. Erst 1963 wurde die gemeinsame Bundesliga eingeführt. Die spätere FC-Legende Karl-Heinz Thielen wurde vom erfolgreichen Kölner Verein als Spieler entdeckt. Damals war der 1. FC Köln der reichste und professionellste Verein in ganz Deutschland – mit den meisten Sponsoren, Geld und Know-how. In der ersten Saison waren die Kölner haushoher Favorit und holten am Ende die Deutsche Meisterschaft. Auch Dank "Kalli" Thielen, der in der ersten Bundesliga-Saison 16 Tore schoss.

In der neuen vierteiligen Reihe "Unser Land in den 60ern" geht es im WDR auf eine Zeitreise – in ein Jahrzehnt, das unser Land geprägt hat wie kaum ein zweites. Die Architektur von damals formt bis heute das Gesicht unserer Städte und Gemeinden. Zehntausende Menschen, die damals als sogenannte "Gastarbeiter" kamen, um die Wirtschaft an Rhein und Ruhr am Laufen zu halten, sind hier längst heimisch geworden. Und die Hits dieser Jahre sind heute Evergreens.

Ein Film von Kathrin Schwiering
Erzählt von Sabine Postel
Redaktion: Thomas Kamp