Nach der NRW-Landtagswahl
Merkel hält an Röttgen als Umweltminister fest
Stand: 14.05.2012, 20:09 Uhr
Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel hat am Montag das Abschneiden ihrer Partei bei der Landtagswahl in NRW als "bittere, schmerzhafte Niederlage" bezeichnet. Dennoch hält die Kanzlerin an Norbert Röttgen als Umweltminister fest. Derweil erhofft sich die Bundes-SPD von dem guten Abschneiden in NRW Rückenwind für die Bundestagswahl.
Nach der Landtagswahl in NRW haben die Spitzen der Parteien am Montagvormittag (14.05.2012) in Berlin über das Ergebnis beraten. Mit dabei waren die jeweiligen Spitzenkandidaten aus Düsseldorf. Am Nachmittag wollten die Spitzengremien der Landesparteien zu Beratungen in Düsseldorf zusammenkommen.
Kraft: "Habe meine Aufgabe hier"
Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat bei der Landtagswahl das beste Erststimmenergebnis geholt. In ihrem Wahlkreis Mülheim I entfielen 59,1 Prozent der Erststimmen auf sie. Das sind fast zehn Prozentpunkte mehr als vor zwei Jahren. SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte am Montag, Kraft habe gezeigt, zu was die SPD fähig sei, "wenn sie auf die Menschen zugeht und für ihre Kernlanliegen wirbt, wenn wir das Lebensgefühl von Menschen widerspiegeln, bis hin zur Currywurst."
Spekulationen, sie stehe für eine Kanzler-Kandidatur zu Verfügung, erteilte Kraft am Wahlabend eine Absage: "Im Bund rufen immer schon einige. Darüber freue ich mich auch. Das ist eine Ehre. Aber ich habe meine Aufgabe hier." Dennoch sei der Wahlsieg ein bundesweites Signal für Rot-Grün. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles ergänzte am Montag im WDR5-Morgenecho, auf Bundesebene solle jetzt nicht der Kanzlerkandidat festgelegt werden.
SPD braucht möglicherweise einen neuen Fraktionschef
Norbert Römer verpasste den Einzug in den Landtag
Der Erfolg hat allerdings auch eine Kehrseite: Die SPD muss sich möglicherweise einen neuen Fraktionschef suchen: Der bisherige Amtsinhaber Norbert Römer schaffte den Einzug in den Landtag nicht. Er hat erwartungsgemäß das Direktmandat in seinem Wahlkreis Soest I nicht gewonnen - was unter normalen Umständen kein Problem gewesen wäre, weil er mit Platz zwei der Landesliste abgesichert war. Da die SPD jedoch so viele Direktmandate gewonnen hat, zieht die Landesliste nicht. Römer kann jetzt nur noch als Nachrücker in den Landtag kommen.
Röttgen wirft Parteivorsitz hin
Zum schlechten Abschneiden ihrer Partei bei der NRW-Wahl erklärte die CDU-Vorsitzende Angela Merkel am Montag in Berlin: So wie Erfolge gemeinsam gefeiert würden, seien Niederlagen auch "gemeinsame Niederlagen". Die Kanzlerin machte außerdem deutlich, dass Norbert Röttgen, CDU-Spitzenkandidat in NRW, seinen Posten als Umweltminister behalte. Um die Energiewende erfolgreich zu gewährleisten, sei eine "Kontinuität der Aufgabenerfüllung notwendig". Oliver Wittke, der Generalsekretär der NRW-CDU, kritisierte Röttgen. Es sei ein "Fehler" gewesen, dass sich der Bundesumweltminister "nicht ohne Wenn und Aber" für die Landespolitik alleine entschieden habe. Der CDU-Landtagsabgeordnete Olaf Lehne forderte den Rücktritt Röttgens von seinem Ministeramt.
Röttgen hatte unmittelbar nach der Wahl angekündigt, den Landesvorsitz abzugeben. Er sprach von einem "bitteren Tag" für die CDU und auch für ihn persönlich. Die Niederlage sei klar und eindeutig. "Sie tut richtig weh." Auch in seinem Wahlkreis zog Röttgen den Kürzeren. Er verlor im Kampf um das Direktmandat deutlich gegen den SPD-Kandidaten Bernhard von Grünberg.
Man habe gemeinsam gekämpft und gemeinsam verloren, sagte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe am Montag im WDR5-Morgenecho. Den Wahlerfolg der SPD sehe er in erster Linie "als ganz persönlichen Sieg von Hannelore Kraft".
Grüne wollen weiterhin drei Minister stellen
Sylvia Löhrmann, Spitzenkandidatin der Grünen in NRW, bezeichnete das Ergebnis am Sonntagabend als tollen Arbeitserfolg. Sie äußerte ihre Freude darüber, dass die rot-grüne Minderheitsregierung nun eine stabile Mehrheit habe. NRW-Parteichef Sven Lehmann betonte am Montag, die Grünen wollten an ihren drei Ministerien für Schule, Umwelt und Gesundheit festhalten. Für die Bundesvorsitzende der Grünen, Claudia Roth, ist das Wahlergebnis eine Unterstützung für den Politikstil der rot-grünen Koalition in Düsseldorf. Sie sieht darin den Beleg, dass erfolgreiche Zweierbündnisse möglich seien - auch im Bund. Die Grünen-Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann betonte aber, es gebe kein "rot-grünes Projekt". Die Grünen blieben weiterhin eine eigenständige Partei.
Lindner betont "Prinzipienfestigkeit" der FDP
FDP-Spitzenkandidat Christian Lindner zeigte sich von dem Wahlergebnis seiner Partei überwältigt. Er sprach von einem "großen Ergebnis" für die FDP in NRW. "Prinzipienfestigkeit in der Politik ist keine Dummheit, sondern Ausdruck von Tugend und Charakter", sagte Lindner.
FDP-Generalsekretär Patrick Döring wertete den Erfolg im WDR5-Morgenecho am Montag als "herausragendes Ergebnis für die gesamte FDP". Es sei auch eine Unterstützung und Stärkung für Parteichef Philipp Rösler. Der sieht als Grund für den Wahlerfolg seiner Partei einen Links-Schwenk der CDU.
Piraten wollen konstruktiv begleiten
Der Spitzenkandidat der nordrhein-westfälischen Piraten, Joachim Paul, kündigte am Wahlabend eine konstruktive Opposition an: "Unsere Aufgabe wird darin bestehen, die Regierungsarbeit konstruktiv und notfalls auch kritisch zu begleiten, und in dem Sinne werden wir liefern", sagte er in Düsseldorf. Mit dem Erfolg in NRW sitzen die Piraten nun in vier Landtagen: "Hätte man mich vor einem Jahr gefragt, ob so ein Erfolg möglich ist, hätte ich wahrscheinlich mit dem Kopf geschüttelt", sagte der Parteivorsitzende der Piraten, Bernd Schlömer, im WDR5-Morgenecho. "Insofern freuen wir uns jetzt sehr." Julia Schramm vom Bundesvorstand der Piraten nannte Erwartungen an einen Einzug der Partei in den Bundestag im kommenden Jahr aber verfrüht.
CDU | SPD | Grüne | FDP | Linke | Piraten | Andere |
---|---|---|---|---|---|---|
26,3 | 39,1 | 11,3 | 8,6 | 2,5 | 7,8 | 4,4 |
Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis kommt die SPD auf 39,1 Prozent, die CDU auf 26,3 Prozent. Die Grünen sind mit 11,3 Prozent drittstärkste Kraft. Die FDP liegt bei 8,6 Prozent. Die Piraten holen 7,8 Prozent und ziehen zum ersten Mal in den nordrhein-westfälischen Landtag ein. Die Linke vereint 2,5 Prozent der Stimmen auf sich und ist damit nicht mehr im NRW-Landtag vertreten. Die anderen Parteien kommen insgesamt auf 4,4 Prozent.
Damit hat Rot-Grün die Mehrheit der 237 Sitze im Düsseldorfer Landtag und kann die Regierung fortsetzen. Im Gegensatz zur Minderheitsregierung der letzten zwei Jahre kann die Koalition diesmal mit 128 Sitzen auf eine deutliche parlamentarische Mehrheit bauen.
Niedrige Wahlbeteiligung
Die Wahlbeteiligung betrug 59,6 Prozent. Sie liegt damit nur unwesentlich höher als bei der Landtagswahl 2010. Damals wählten 59,3 Prozent der wahlberechtigten Nordrhein-Westfalen.