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Hass und Hetze – sollte man X den Rücken kehren?
Die Plattform X, die früher Twitter hieß, ist inzwischen extrem umstritten. Immer wieder wird darüber berichtet, die Plattform sei zu einem Verteiler von Hass, Hetze und Desinformation geworden. Aber: Neben all den Populistinnen und Populisten sind auch noch die eine Politikerin oder der andere Prominente da. Die einen sagen, man soll X verlassen, andere finden, dass es gerade jetzt wichtig ist, dort zu bleiben.
- Sendehinweis: Neugier genügt | Morgen, 10.04 - 12.00 Uhr | WDR 5
Kann ich noch bei X bleiben?
Natürlich muss das jede und jeder für sich selber entscheiden. Aber: X ist die Plattform, von der deutlich mehr als die Hälfte der Nutzenden sagen, dass sie dort schon Hass wahrgenommen haben. Das geht aus einer aktuellen Studie hervor, die auf einer repräsentativen Befragung basiert. Direkt nach X folgt dabei übrigens TikTok. Kein Wunder also, dass derzeit viele Nutzerinnen und Nutzer die Plattform X verlassen. Zahlen aus den USA belegen, dass X von 2023 bis 2024 einen Nutzungsrückgang von 30 Prozent verzeichnen musste.
Wie ist die Situation in Deutschland?
Bei uns gilt das so genannte NetzDG (Netzwerkdurchsetzungsgesetz), das unter anderem regelt, wie Plattformen mit Hass und Falschmeldungen umgehen müssen. Beschwerden, die sich auf das NetzDG stützen, sind seit der Übernahme durch Elon Musk sprunghaft angestiegen. Und es gibt auch Forschung zu dem Thema, dass Twitter /X seit der Übernahme durch Elon Musk stark nach rechts driftet. Konkret: Die Forschenden konnten zeigen, dass der Algorithmus vor allem rechten Inhalten zu mehr Sichtbarkeit verhilft.
Also sind dort immer weniger Menschen aktiv, die etwas gegen Populismus und Hetze sagen. Müsste ich dann nicht eigentlich eher bei X bleiben oder mich sogar anmelden?
Das hat auch der Grünen-Politiker Robert Habeck so gesehen, indem er sagte, dass man eine solche Plattform nicht nur den Populistinnen und Populisten ("Schreihälsen") überlassen sollte. Gegen diese Argumentation spricht allerdings zum Beispiel eine Studie aus dem Jahr 2018. Da haben Forschende herausgefunden, dass sich innerhalb einer Echokammer wie X eine bestimmte politische Einstellung durch die Konfrontation mit der Gegenposition sogar noch verfestigen kann. Und als Privatperson dürfte man es aufgrund der wahrscheinlich geringeren Reichweite noch schwerer haben.
Macht es für X überhaupt einen Unterschied, ob ich da bin oder die Plattform verlasse?
Einerseits berichten Wirtschaftsmedien wie zum Beispiel Bloomberg, dass mit der Übernahme durch Musk finanzielle Verluste bei X einhergingen. Gleichzeitig gibt es Zahlen, nach denen die In-App Einnahmen massiv gestiegen sind. Also unter dem Strich: Auch wenn Prominente und viele von uns gehen, wird es X wohl weiter geben. Denn Musk geht es wahrscheinlich nicht nur um Gewinne, sondern vor allem darum, ein eigenes, lautes Sprachrohr zu haben.
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Autor: Michael Stein
Redaktion: Jan Friese
Service Computer ist eine Rubrik in der WDR 5 Sendung Neugier genügt und ist dort jeden ersten Dienstag im Monat zwischen 11.04 Uhr und 12.00 Uhr zu hören.