Eine Fotocollage aus einem Daumen, einem Fingerabdruck und einem Personalausweis im Hintergrund.

Service Computer

Was bringt der Fingerabdruck im Personalausweis?

Wer einen neuen Personalausweis beantragt, muss seit 2021 die Fingerabdrücke beider Zeigefinger abgeben. Abgespeichert werden sie auf einem Chip direkt im Ausweis. Was bringen die digitalen Fingerabdrücke im Personalausweis wirklich?

Sinn und Zweck

Generell sollen die Fingerabdrücke bewirken, dass der Ausweis fälschungssicherer wird. Der Missbrauch soll erschwert werden. Nach dem Diebstahl eines Ausweises soll es nicht mehr so einfach sein, damit illegal in ein anderes Land zu reisen und dort im Namen des Besitzers oder der Besitzerin Straftaten zu begehen.

Digital gespeichert

Die Fingerabdrücke sind in einem Chip im Ausweis gespeichert. Wenn man allerdings einen Personalausweis beantragt und dabei z.B. im Bürgeramt die Fingerabdrücke digital abgibt, werden diese zunächst digital in einer Datenbank gespeichert. Das ist nötig, damit die bei der Herstellung des Ausweises auf den Ausweis-Chip übertragen werden können. Sie sollen nach spätestens 90 Tagen gelöscht werden. Als Bürgerin oder Bürger kann man das jedoch nicht überprüfen

Missbrauch möglich?

Der Datenschutz-Verein digitalcourage hat u. a. deshalb beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) Klage eingereicht. Die Datenschützer bemängeln, dass die persönlichen Daten schon innerhalb dieser 90 Tage in falsche Hände geraten könnten: Hacker könnten sie entwenden, Behörden anderer EU-Mitgliedsstaaten können in dieser Zeit darauf zugreifen und die Daten z.B. kopieren und dauerhaft speichern. Genau das sieht die EU-Verordnung sogar ausdrücklich vor.

Gericht skeptisch

Der EuGH sah das zunächst genau so und wollte von der EU-Kommission wissen, wie die Daten in diesen drei Monaten gegen Missbrauch geschützt werden. Das konnten allerdings weder die EU-Kommission noch der EU-Rat dem Gericht beantworten.

Sicherung mangelhaft

Da die Abdrücke verschlüsselt gespeichert sind, können eigentlich nur Behörden die Daten auslesen. Aber: Kritiker befürchten, dass das nicht so bleibt. Denn so ziemlich jede Sicherungsmaßnahme kann geknackt werden. So ist die Befürchtung groß, dass Kriminelle z.B. einen Ausweis klauen, die Abdrücke auslesen und als Fingerabdruck an Tatorten hinterlassen könnten, um falsche Fährten zu legen. Auf diese Weise könnte es sein, dass plötzlich von der Spurensicherung der Abdruck eines völlig Unschuldigen an einem Tatort gefunden wird.

Keine individuelle Entscheidung

Es gibt also recht viele Nachteile und nur vergleichsweise wenige Vorteile beim Fingerabdruck im Personalausweis. Ein weiteres Problem ist: Man kann sich nicht dagegen wehren. Wenn man sich weigert, seine Fingerabdrücke abzugeben bekommt man keinen neuen Personalausweis. Und weil jede und jeder Deutsche einen Personalausweis haben muss, verstößt man gegen das Personalausweisgesetz - es drohen Bußgelder bis zu 5.000 Euro.

Wie das Verfahren vor dem EuGH ausgeht, ist zur Zeit noch völlig offen. Ende Juni wurden die Schlussanträge veröffentlicht. Ein Termin für die Urteilsverkündung steht noch nicht fest.

Autor: Michael Stein

Redaktion: Jan Friese

Service Computer ist eine Rubrik in der WDR 5 Sendung Neugier genügt und ist dort jeden ersten Dienstag im Monat zwischen 11.04 Uhr und 12.00 Uhr zu hören.

Was bringt der Fingerabdruck im Personalausweis?

WDR 5 Neugier genügt - Freifläche 18.07.2023 06:02 Min. Verfügbar bis 17.07.2024 WDR 5


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