US-Präsident R.Reagan witzelt bei Mikrofonprobe über Bombardierung der UdSSR

Stichtag

11. August 1984 – Ronald Reagan verkündet Bombardierung Russlands

Die Sowjetunion ist das Reich des Bösen. Davon ist US-Präsident Ronald Reagan überzeugt. Der ehemalige Sportberichterstatter und knallharte Held von Wildwestfilmen liebt es zudem, über den bösen Osten öffentlich Witze zu machen. 

"Sie wissen, dass man in der Sowjetunion zehn Jahre auf ein neues Auto warten muss", leitet er einen dieser Witze ein. "Ein Mann zahlt also sein Geld und der Verkäufer antwortet: 'Kommen Sie in zehn Jahren wieder.' 'Vormittags oder nachmittags?', will der Mann wissen. Der Verkäufer sagt: 'Das ist doch egal, es ist in zehn Jahren!' 'Naja', antwortet der Mann. 'Der Klempner will vormittags kommen.'" 

"Bande verlauster Pennbrüder"

Besonders gern witzelt Reagan auf seine unvergleichliche Art bei Tonproben, die er am Mikrofon unternimmt, um seine sonore Stimme für seine gelegentlichen Fünf-Minuten-Reden an das amerikanische Volk in Form zu bringen. 1982 bezeichnet er die polnische Regierung bei dieser Gelegenheit als "Bande verlauster Pennbrüder". Am 11.  August 1984 ist es wieder so weit. Da haben die Techniker der Radio- und Fernsehsender CBS und CNN ihre Mikrofone im kalifornischen Landsitz des Präsidenten aufgebaut.  

"Liebe Amerikaner", verkündet der US-Präsident. "Es ist mir ein Vergnügen, Ihnen heute mitzuteilen, dass ich ein Gesetz unterzeichnet habe, das Russland für vogelfrei erklärt. Wir beginnen mit der Bombardierung in fünf Minuten." Im Hintergrund kichert Reagans Beraterstab. 

Zynismus von Massenmördern?

Für die sprachlichen Ausrutscher des Präsidenten ist im Weißen Haus der stellvertretende Pressesprecher Peter Roussel zuständig. Seit dem Polenscherz hat er dafür gesorgt, dass die diplomatisch heiklen Sprechproben Reagans als "off the record" gelten, also nicht zum Zitieren zugelassen sind. In diesem Fall aber verweigern sich die Tontechniker der Vereinbarung. Der Witz vom dritten Weltkrieg erreicht Moskau. 

Mitten im Kalten Krieg gießt die Bemerkung Reagans Öl ins Feuer realer Ängste. "Das war eine echte Furcht im Osten, dass diese Leute nicht nur reden vom Reich des Bösen, sondern auch versuchen wollen, es mit allen Mitteln auszurotten", wird sich der Abrüstungsexperte der DDR, Klaus-Dieter Ernst, später erinnern. Tatsächlich bemerkt das russische Parteiorgan "Prawda" damals, der US-Präsident habe "hinausposaunt, was er ohnehin ständig im Sinn" habe. Auch die Kritik aus dem Westen ist harsch. Die Sprechprobe zeige "ein Maß an Zynismus und Menschenverachtung, wie es sonst nur bei Schwerkriminellen und Massenmördern angetroffen wird", urteilt der SPD-Pressedienst. 

In den USA gehört Reagans Form von Humor allerdings zum politischen Geschäft. Hier ist die Kritik eher verhalten. Knapp drei Monate nach der verbalen Entgleisung wird Reagan als Präsident wiedergewählt.

Stand: 11.08.2014

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