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Stichtag

17. April 1959 - Internationale Vereinigung gegen Lärm gegründet

Als Lärmbekämpfer ist Helmut Hillmann alles andere als ein Leisetreter. "Lärmleider aller Länder, vereinigt Euch", ruft Dortmunds Stadtdirektor 1960 dem ersten internationalen Kongress für Lärmbekämpfung in Zürich zu. Seit Jahren gehört Hillmann zu den engagiertesten Stimmen, wenn es um Maßnahmen zur Eindämmung des Krachs im Alltag geht.

Veranstalter des Kongresses ist eine Gruppe, die sich im Jahr zuvor auf Hillmanns Einladung in Dortmund gebildet hat. Am 17. April 1959 gründen Experten aus Deutschland, Frankreich, Österreich und der Schweiz die "Association Internationale Contre le Bruit" (AICB), die Internationale Vereinigung gegen den Lärm. Ziel der AICB ist, die Öffentlichkeit über die Auswirkungen von Lärm sowie über Schutzmaßnahmen zu informieren und bei Politikern für Gehör zu sorgen.

Kampf dem Lärm schon vor 100 Jahren

Lärmbelästigung ist kein Symptom der Nachkriegszeit. Schon 1910 prophezeit der Mediziner Robert Koch: "Eines Tages wird der Mensch den Lärm ebenso unerbittlich bekämpfen müssen wie die Cholera und die Pest." Mit der Industrialisierung ist es so laut geworden, dass immer mehr Menschen an chronischer Überreizung leiden. Neurasthenie nennen Ärzte die neue Volkskrankheit, die zu Dauerermüdung, Depressionen, Verdauungsstörungen, Impotenz und Herzproblemen führt. Robert Kochs Kollege Theodor Lessing gründet damals den wohl ersten Anti-Lärm-Verein und verfasst eine "Kampfschrift gegen die Geräusche unseres Lebens".

Physikalisch exakt messbar wird Lautstärke in den 1920er Jahren. Dabei beträgt das Verhältnis zwischen dem leisesten hörbaren und dem lautesten Ton eins zu drei Millionen. Zur Darstellung des Schallpegels in absoluten Zahlen muss also mit hohen Zehnerpotenzen gerechnet werden. Deshalb wird eine Hilfsmaßeinheit eingeführt: das Dezibel. Eine Zunahme um zehn Dezibel nimmt das Ohr als Verdopplung der Lautstärke wahr, bedeutet aber eine Verzehnfachung der Schallenergie. 20 Dezibel mehr entsprechen demnach der hundertfachen, 30 Dezibel mehr der tausendfachen Schallenergie.

Das Ohr schläft nie

Geräusche müssen aber nicht laut sein, um zur Belastung zu werden. Selbst leise Töne wie das Dauerbrummen einer Klimaanlage können gehörig auf die Nerven gehen und Gesundheitsprobleme auslösen. Ohren sind immer auf Empfang und hören auch, was wir bewusst gar nicht wahrnehmen. Wenn uns etwa im Schlaf ein Flugzeug überfliegt, werden wir zwar nicht wach, aber die Schlaftiefe verändert sich. "Das ist eigentlich der gefährlichere Lärm", warnt der Akustiker Michael Jaecker-Cueppers. Er ist Vorsitzender des "Arbeitsring Lärm", der seit 2009 in Deutschland die Arbeit der aufgelösten Internationalen Vereinigung gegen den Lärm fortsetzt.

Bis heute regelt kein umfassendes Gesetz den Lärmschutz, sondern ein Bündel spezieller Verordnungen und Richtlinien: gegen Flug- und Baulärm, Schallimmissionen von Schienenwegen und Sportanlagen oder gegen Umgebungslärm. "Der Maximalpegel ist tatsächlich gesunken. Das ist ein Erfolg des Lärmschutzes", konstatiert der Umweltpsychologe Rainer Guski von der Ruhr-Uni Bochum. Das habe sich aber nicht unbedingt positiv ausgewirkt, da gleichzeitig der Auto- und der Flugverkehr zugenommen hat. Laut Guskis Erfahrung sagen die meisten deshalb: Es ist eher lauter geworden. Und wenn draußen doch mal Stille herrscht, dann sendet das Gehirn Phantomgeräusche. Schätzungsweise 400.000 Deutsche leiden heute an einem Tinnitus.

Stand: 17.04.2014

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