Veterinär bei Fleischbeschau in Schlachthof

Stichtag

24. März 1864 - Geburtstag des Veterinärs Robert von Ostertag

Die penible medizinische Begutachtung von Fleisch und lebendem Schlachtvieh ist eine der wichtigsten Grundlagen des Verbraucherschutzes. Dass Fleisch heute in aller Regel verzehrt werden kann, ohne eine Übertragung tierischer Krankheitserreger fürchten zu müssen, ist wesentlich das Verdienst des Veterinär-Pionier Robert von Ostertag.

Ostertags Forschungen, die er in engem Kontakt mit berühmten Medizinern wie Robert Koch und Rudolf Virchow betreibt, münden 1900 in das erste im gesamten Deutschen Reich geltende Fleischbeschaugesetz und 1909 in das Tierseuchengesetz. Deren Grundzüge sind heute noch in den einschlägigen EU-Vorschriften zu finden. Für seine Verdienste um die Volksgesundheit wird Robert Ostertag 1912 vom König von Württemberg in den Adel erhoben.

Professor mit 27 Jahren

Als Sohn eines Landwirts und Gerbers kommt Robert Ostertag am 24. März 1864 in Schwäbisch Gmünd zur Welt. Mit Unterstützung eines seiner Brüder, der als Veterinär arbeitet, bewältigt auch der aufgeweckte Robert die Ausbildung und wird bereits mit 20 Jahren als Tierarzt approbiert. Doch sein Wissensdurst ist noch lange nicht gestillt. Ostertag holt in Rekordzeit das Abitur nach und beginnt, da es ein reines Veterinärstudium noch nicht gibt, ein Studium der Humanmedizin. 1891, mit nur 27 Jahren, erhält er eine Professur an der Tierärztlichen Hochschule in Stuttgart und ein Jahr später die Berufung an die Hochschule für Veterinärmedizin in Berlin.

Zoonosen, die zwischen Tier und Mensch übertragbaren Krankheiten, werden zu Ostertags Forschungsgebiet. Eine Fleischbeschau gibt es zwar schon lange, doch mangels besseren Wissens wird sie nicht gründlich gehandhabt. Erst mit den modernen Mikroskopen seiner Zeit sieht Ostertag, welche Würmer und Seuchenerreger im Fleisch lauern. Vehement setzt er sich bei Behörden für eine genaue Prüfung von Fleisch auf seine Verzehrtauglichkeit ein. Angesichts der noch immer erschreckend hohen Zahl an Todesfällen erscheint Ostertags Handbuch der Fleischbeschau 1892 wie ein Retter in der Not. Detailliert listet er auf, wo die Krankheitserreger zu suchen sind: in den Lymphknoten, der Lunge, den Muskeln, im Magen, im Darm und in den Nieren.  

Entdecker des "ostertagia ostertagi"

Aber Ostertags Sorge gilt nicht nur verarbeitetem Fleisch: "Im weiteren Sinne ist zur Fleischbeschau auch die Besichtigung der lebenden Tiere zu rechnen, die zur sicheren Beurteilung erforderlich und unentbehrlich ist." Oft hat er in seiner Kindheit miterlebt, wie sich Erreger vom Vieh auf den Menschen übertrugen, etwa durch tuberkuloseinfizierte Milch. Nun weist er nach, dass der Ernährungszustand der Rinder und die Stallhygiene eine entscheidende Rolle bei der Seuchenabwehr spielen. Ferner gehört zur Fleischbeschau, mahnt er den Gesetzgeber, "die Überwachung der öffentlichen Fleischmärkte und der gewerblichen Betriebe, in denen Fleisch bearbeitet wird."

Auf zahlreichen Reisen in Europa und Afrika inspiziert Ostertag die Viehhaltung und führt Fleischbeschauen durch. In Deutsch-Ostafrika entdeckt er dabei einen Wurm, der Rindern den Magen zerfrisst. Unter dem Namen "ostertagia ostertagi" geht er in die Literatur der Veterinärmedizin ein. Als Landwirtssohn weiß Ostertag auch um die Gefahr für die bäuerliche Existenz, wenn eine Seuche umgeht. Deshalb sorgt er dafür, dass Versicherungen und Entschädigungen für betroffene Bauern gesetzlich geregelt werden. Geadelt und als "Vater der Fleischbeschau" in seiner Heimatstadt Schwäbisch-Gmünd zum Ehrenbürger ernannt, stirbt Robert von Ostertag 1940 mit 76 Jahren.

Stand: 24.03.2014

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